Frohe Weihnachten!
Ich bin über Weihnachten mit meiner Schwester bei unserer Ma und ihrem Mann. Wir haben in den vergangenen Jahren immer mehr die Erwartungen und das Brimborium rausgenommen. Wir haben aufgehört, uns Sachen zu schenken, weil es das nicht brauchte. Wir machen ein einfaches Raclette, ohne tausend Feinheiten, weil’s dann weniger Aufwand ist. Wir spielen ein paar Runden Rummikub und gehen dann irgendwann um Mitternacht ins Bett. Irgendwie konzentrieren wir uns also einfach aufs Wesentliche: dass es uns gut geht – und so waren die letzten drei Tage zwar nicht spannungsfrei, aber insgesamt schön.
Zwischendurch gibt es immer wieder Momente, wo ich mit meiner Mutter in ihrer kleinen Küche stehe, oder wir mit den Fahrrädern eine Runde drehen und reden, und in einem diesem Momente meinte ich: “Ich freue mich aufs neue Jahr.”
Es fühlt fast deplatziert an, das zu sagen, weil die Weltlage so beschissen ist, und es so vielen Menschen schlecht geht – aber das ändert nichts daran, dass es mir so geht.
In den vergangenen ein, zwei Jahren habe ich mein Leben so gestaltet, dass mir die Weltlage weniger ausmacht. Ich lebe mit Menschen zusammen, die mir Halt geben, bekomme bedingungslose finanzielle Unterstützung von euch (danke!) und anderen Menschen, pflege Freundschaften, die tiefe Wurzeln haben – all das stärkt den Rücken angesichts der weltweiten Krisen.
Dazu kommt, dass ich etwas tue, was mir zutiefst sinnvoll erscheint: Menschen zusammenbringen, damit wir uns gemeinsam gegen das System auflehnen können. Das tue ich mit Leuten, die ich nicht nur mag, sondern auch zutiefst bewundere: Menschen, die zu ihren Werten stehen, die hilfs- und opferbereit sind, die für ihre Überzeugungen sogar bereit sind, ins Gefängnis zu gehen, weil ihnen das immer noch lieber ist, als tatenlos daneben zu stehen, während Konzerne, Lobbys und ihre politischen Verbündeten unsere Lebensgrundlagen zerstören.
Für die Klimagerechtigkeitsbewegung und die Letzte Generation war es kein einfaches Jahr. Es war ein Jahr von Niederlagen, Selbstfindung und Experimenten. Für mich war es aber auch ein Jahr, das große Klarheit gebracht hat: Wir werden innerhalb der bestehenden Institutionen keine Gerechtigkeit erfahren. Wir brauchen ein Update für unsere Demokratie, wir brauchen eine politische Revolution.
Für viele ist es ja – sprichwörtlich – leichter, sich das Ende der Welt als das Ende des Kapitalismus vorzustellen. Kann sein, dass diese Menschen recht haben, kann auch sein, dass ich mehr Fantasie habe. Letztlich ist mir das aber auch nicht so wichtig, weil ich mich losgemacht habe vom ewigen Schielen auf Ziele. Ich mache keine faulen Kompromisse mehr. Ich tue, was sich hier und jetzt gut und richtig anfühlt. Ich lebe meine Werte, und die meisten davon drehen sich darum, dass es uns allen gemeinsam gut geht – und weil ich das tue, geht es mir auch selbst gut.
Und deshalb freue ich mich auch auf das nächste Jahr.