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Meine Mutter und ich sind seit kurzem einer Netflix-Serie verfallen, die den dramatischen Titel „The Coal Valley Saga“ trägt und in einem kleinen Dorf in den Rocky Mountains kurz nach einem Minenunglück spielt. Bereits der Vorspann der ersten Staffel vermittelt anschaulich, worum es in den insgesamt 63 Folgen der Drama-Serie im Wesentlichen gehen wird:

Unheimlich gut aussehender Polizist reitet in totschicker, feuerroter, gold beknopfter Uniform auf pechschwarzem Pferd in langsamem Galopp genüsslich über eine sattgrüne Wiese. Cut. Derselbe Polizist grüßt durch angedeutetes aber nachdrückliches Hutziehen. Cut. Hübsche junge Frau blickt begeistert aus einer Kutsche. Cut. Andere gut aussehende Frau in den besten Jahren lacht. Cut. Polizist in Zivil und hübsche junge Frau sitzen bei Sonnenuntergang im Ruderboot. Cut.

Und das ist es im Prinzip auch, was dem Zuschauer während der nächsten 45min der „Coal Valley Saga“ geboten wird. Die bildschöne junge Lehrerin Elizabeth Thatcher, die, so erfährt man später, obendrein auch noch reiche Erbin ist, zieht in das winzige Minendorf Coal Valley, um hier Kinder in einem Saloon zu unterrichten. Wenig später verliebt sich der gut aussehende Dorfpolizist Jack Thornton, in der Serie von allen geachtet und liebevoll Mounty genannt, in die schöne Beth, die dessen Gefühle natürlich nicht erwidert.

Stattdessen schenkt sie ihr Herz innerhalb weniger Folgen dem Zwielicht erscheinenden Minenarbeiter Billy, der ein falsches Spiel mit ihr treibt, was für jeden offensichtlich ist, nur nicht für Elizabeth. Der schöne, ehrenwerte, respektierte und noch dazu kluge Polizist Jack durchschaut den fiesen Kerl sofort und versucht Elizabeth zu warnen, was diese, blind in ihrer grundlosen Schwärmerei für Billy als Kränkung empfindet und sich mit Jack verkracht. Als endlich auch Elizabeth erkennt, dass Billy ein Heiratsschwindler ist, macht sich dieser davon und Jack hat freie Bahn, so denkt man jedenfalls.

Elizabeth benötigt noch ein paar Folgen, um ihre offensichtlich begründeten Zweifel am eigenen Urteilsvermögen nicht mehr in Wut auf den unschuldigen Jack zu projizieren und vergibt ihm dann schlussendlich doch seine bessere Menschenkenntnis.

Dennoch steht die Liebe zwischen Elizabeth und Jack weiterhin unter keinem guten Stern. Weil Jack so großartig ist, wird er befördert und nimmt einen Posten in einer anderen Stadt an. Er bietet Elizabeth an, zu bleiben, doch diese lässt ihn in blindem Vertrauen in das Schicksal ziehen. Unterdessen taucht Elizabeths einfältige kleine Schwester, Julie, im Dorf auf. Ihr völliger Mangel an Vernunft und Einfühlungsvermögen führt dazu, dass die genervte Elizabeth Julie einem Gesetzeshüter aufschwatzt, damit dieser ihr ein wenig die Umgebung zeigen möge. Auch bei dieser Gelegenheit treten Julies Eigenheiten zu Tage, sodass sie sich bald allein im Wald wiederfindet. In einer entlegenen Waldhütte, in die sie zunächst ohne ersichtlichen Grund einbricht, pflegt sie dann einen gesuchten Schwerverbrecher gesund, der ihr seine ewige Liebe schwört, bis dieser wieder kräftig genug ist, um Julie und Elizabeth zusammen mit seinen gut aussehenden Gang-Kumpels zu entführen.

Jack, der inzwischen auf dem Weg zu seinem neuen Posten und bereits hunderte von Meilen entfernt ist, bekommt davon Wind und macht sich in rasendem Galopp auf den Heimweg, um seine geliebte Elizabeth zu retten, was er natürlich auch schafft. Jetzt, wo er weiß, dass Elizabeth nicht auf sich allein aufpassen kann, verzichtet Jack auf den besseren Posten und beschließt in Coal Valley zu bleiben. (Als Held Jack jedoch ins Dorf zurückkehrt und Elizabeth ihm gerade in die Arme fallen will, taucht plötzlich seine affektierte Ex-Verlobte Rosemary auf und drängelt sich dazwischen.)

Das Böse führt in der Coal Valley Saga allgemein nur eine traurige Randexistenz. Der geldgierige Großunternehmer Henry will seine Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit dem Minenunglück vertuschen und versucht deswegen vergeblich, die schöne Witwe Abigail einzuschüchtern, welche Jack bei der Aufklärung des Falles helfen will. Zusammen mit dem Forensikexperten Bill, der sich in Abigail verliebt, welche ihm aber den Laufpass gibt, weil er erst ledig, dann anscheinend doch verheiratet, dann aber wohl doch nicht und schließlich aber doch ganz sicher verheiratet ist, schaffen sie es, genügend belastende Beweise für eine Anklage zu sammeln.

Der Prozess um das Minenunglück bildet im Folgenden den wichtigsten

Nebenkriegsschauplatz der ersten Staffel der Coal Valley Saga. Obwohl es anfangs düster aussieht, taucht überraschend Abigails bis dato unbekannte Schwiegertochter Clara auf und legt die entscheidenden belastenden Dokumente vor, sodass das Gericht Henry als schuldig bekennt und die Schließung der Mine anordnet, woraufhin sich das Dorf in Hope Valley umbenennt, der verurteilte Henry sich rasiert, die Pelzjacke wechselt und Bürgermeister wird.

Das traumatischste Erlebnis erwartet den Zuschauer dann am Ende der ersten Staffel durch die komplette Auswechselung der Synchronstimmen, wodurch die Anhängerschaft der Serie sicherlich noch einmal auf den ganz treuen Kreis reduziert wurde.

Auch wenn die Serie „The Coal Valley Saga“ bzw. „When calls the Heart“, wie der Originaltitel lautet, vermutlich nicht zu den Meilensteinen internationaler Seriengeschichte zählt, gefiel sie laut Google doch 96% der Nutzer, das sind mehr als bei Game of Thrones, den Simpsons, the Big Bang Theory, Friends und Doctor House. Daran sieht man, was wir uns alle im Grunde wünschen: Keine Einsicht in menschliche Abgründe, kein reihenweises Wegsterben der Protagonisten, keine ethnischen Minderheiten sondern schöne Uniformen, wenig Überraschungen und stets ein gutes Ende wider aller Erwartungen und jeglicher Wahrscheinlichkeit.

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