Passer au contenu principal

Vier Tage im Mai: Was in Rafah wirklich passiert

Israelische Panzer am Grenzübergang Rafah

Die Meldungen aus dem Süden des Gaza-Streifens überschlagen sich. Und gerade jetzt zeigt sich die mangelnde Kompetenz – oder der mangelnde Wille – der Nachrichtenmedien, zu berichten und erklären, was vor sich geht.
Denn mangels eigener Informationen und in einer False Balance werden Meldungen priorisiert, die höchstens homöopathisch etwas mit den Vorgängen zu tun haben. Zitate der UN, Veröffentlichungen der Hamas und Warnungen vor einer Offensive in Rafah.
Die israelischen Streitkräfte haben in der vergangenen Nacht längst Tatsachen geschaffen. Die Offensive hat längst begonnen.

Vier Tage im Mai.

Samstag: Verhandlungen in Kairo

Während überall noch Verhandlungen mit Russland gefordert wurden, saßen die Delegationen längst in der Türkei zusammen. Weil das Ergebnis nicht wie gewünscht ausfiel, wurden diese Verhandlungen geleugnet, ignoriert oder geframed.
Und genau so läuft es auch mit der Hamas.

Im Grunde wird seit Dezember dauernd verhandelt. Die Meldungen dazu sind verwirrend und ungenau. Was schlicht daran liegen dürfte, dass es keinen Sprecher, keine einheitliche Darstellung gibt. Jeder, der auch nur im Entferntesten damit zu tun hat, hat etwas dazu zu sagen. Und die Medien produzieren aus jeder kleinen Information eine Meldung.

Diese Meldungen müssen verzerrt sein. Denn die dort verhandeln und vermitteln, haben alle eigene Interessen und Agenden.

Ägypten mag die Muslimbrüder nicht, aus denen die Hamas hervorgegangen ist. Es möchte die Lage aber entspannen, um nicht selber unter internationalen Duck zu geraten, die Grenzen zu öffnen. Das funktioniert. Der Böse ist Israel, der zwei der drei Seiten des Gaza-Streifens abgeriegelt hat. Und so fragt keiner nach der dritten Seite.

Die Türkei sieht sich als ehemalige Territorialmacht der Region. Bis zum verlorenen ersten Weltkrieg gehörte alles zum Osmanischen Reich. Und so sieht sich vor allem Erdogan als Erbe, der die konservativen und religiösen Wähler auf seine Seite ziehen will, in der Rolle des starken Vermittlers vom Bosporus. Und steht klar auf Seite der „muslimischen Brüder und Schwestern“ in Palästina, egal wer dort an der Macht ist.

Katar ist zwar sunnitisch, sieht sich aber in der Außenseiterrolle. Arabische Staaten wie Bahrain, die Emirate und Saudi-Arabien haben die diplomatischen Beziehungen abgebrochen, zeitweise Katar sogar blockiert (2017 – 2021).
Es herrscht also nicht nur der ständige Konflikt zwischen weltlicher und religiöser Macht, Sunniten und Schiiten. Sondern auch der sehr weltliche Konflikt, weil vor allem die Saudis Katar die Unterstützung von Terrororganisationen vorwarfen. Die Hamas gilt als Proxy Katars, mit hoher Wahrscheinlichkeit wird sie sogar vom Staat selber unterstützt – der damit der größte Geldgeber sein dürfte – und die politischen Führer wie Ismail Haniyya (Foto) residieren in Katar. Mit dem Status eines Staatsrepräsentanten.

Ismail Haniyya

Deshalb kann man als Laie mit den ständigen Meldungen über Verhandlungen auch wenig anfangen. Denn da meldet sich mal ein Vertreter Katars zu Wort, da sagt Erdogan etwas dazu, dort wird eine ägyptische Quelle im Libanon anonym zitiert und dann gibt ein Insider der Hamas eine inoffizielle Einschätzung.
Und jede einzelne Information wird in den Live-Tickern der Nachrichtenmedien wiedergegeben. Womit der Einzelne überfordert sein muss, da sicher nur eine kleine Minderheit in Mitteleuropa überhaupt versteht, wer da welche Interessen vertritt und wie die Gemengelage Arabien aussieht.
Die Meldungen sind eh meist nach kurzer Zeit vergessen oder überholt, in der Zeitung von gestern wird heute der Fisch eingewickelt.

Am Samstag trafen Delegationen Katars und der Hamas in Ägypten ein, um vor Ort die Verhandlungen fortzusetzen. Wo – sicher nicht zufällig – auch gerade der Chef der CIA angereist war.
Dabei gerät ein Aspekt dieser Familienaufstellung bereits unter die Räder. Nämlich, dass die Hamas natürlich ein Stakeholder in diesen Verhandlungen sein muss. Dass sie aber darüber hinaus von einigen arabischen Ländern als legitime Interessenvertretung des Gazastreifens angesehen wird.
Doch während Bomben fallen, ist keine Zeit für solche Grundsätzlichkeiten. Die in den Verhandlungen aber eine entscheidende Rolle spielen.

Sonntag: Die Desinformation

Am nächsten Tag schaute die Welt eher auf die Schließung des Büros des katarischen Senders Al Jazeera (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), denn auf die Vorgänge in Kairo. Dort war die Delegation der Hamas nämlich bereits am Nachmittag wieder abgereist.
In Katar wurde eine Krisensitzung anberaumt. Es schien also irgendetwas im Busch zu sein.

Erst am Mittag hatte der bereits erwähnte Haniyya den israelischen Regierungschef Netanjahu beschuldigt, er wolle „ständige Rechtfertigungen für die Fortsetzung der Aggression erfinden“ und „den Konfliktkreislauf erweitern und die Bemühungen verschiedener Vermittler und Parteien sabotieren“.

Da fand bereits der Spin der Hamas statt. Und die nachfolgenden Ereignisse lassen vermuten, dass das spätestens ab da so geplant und beabsichtigt war. Nicht im Detail, nicht militärisch präzise. Sondern mehr wie bei einem Meeting einer Kommunikations-Agentur, wie man das eigene Zeug am besten verkaufen könnte. Von Leuten, die man in der Branche „Spindoctors“ nennt. Wovon Israel sich seit Monaten erschreckend amateurhaft vorführen lässt.
Die grundsätzlichen Forderungen Israels haben sich nie geändert.

Zwischendurch beschwerte der Chef der UNRWA (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)Philippe Lazzarini sich erneut, Israel habe ihn wieder nicht in den Gazastreifen einreisen lassen. Was infantil wirken muss, wenn man weiß, dass Israel ihm längst ganz offiziell jede Einreise verboten hat und darüber hinaus so gut wie niemand in den Gaza-Streifen gelassen wird. Offenbar hat die UN keine Konfliktlösungsstrategien, wenn man ihnen die selbstzugewiesene Autorität entzieht.

Und während erneut Raketen aus dem Libanon und dem Irak auf Israel geschossen und Soldaten getötet wurden, schaute alles auf Rafah.

Als erstes kam die Meldung des Abu-Jussef-al-Nadschdschar Krankenhauses in Rafah, Israel habe einen Angriff gestartet, wobei vier Kinder und zwei Erwachsene getötet worden seien.
Danach kam die Meldung, dass der Grenzübergang Kerem Shalom beschossen wurde.
Erst später würde langsam klar werden, dass der Luftangriff kein großangelegter Angriff auf Rafah war, sondern ein schneller Schlag gegen die Stellung, von der aus Richtung Kerem Shalom gefeuert wurde. Wozu die Hamas sogar selber ein Propagandavideo veröffentlicht hat, das auf Social Media herumgereicht und bejubelt wurde.

An dem Beispiel wird deutlich, warum die unsachgemäße und ungenaue Berichterstattung der Medien immer wieder und kumulativ den radikalislamistischen Spindoctors in die Hände spielen.
Denn sie berichteten, der Grenzübergang sei beschossen worden. Doch das ist schlicht falsch. Und das hat Israel so auch nicht behauptet.

Die israelischen Streitkräfte (IDF) hatten auf ihrem Account auf X veröffentlicht „Während die IDF über den Grenzübergang Kerem Shalom humanitäre Hilfe für die Menschen in Gaza leistet, feuern Terroristen Raketen auf dasselbe Gebiet.“
Dass der Grenzübergang beschossen wurde, davon steht da nichts.
Sofort kamen von allen Seiten die Kommentare, die Israel bei einer Lüge erwischt zu haben glaubten.

Um das zu verstehen, muss man sich dann doch einmal die Gegebenheiten vor Ort ansehen. Was Redakteure der Nachrichtenmedien offenbar nicht tun.

Beschossen wurde die Militärbasis Amitai, die sich keine 200 Meter hinter dem Gelände des Grenzüberganges im Dreiländereck zwischen Israel, Ägypten und dem Gaza-Streifen befindet. Der namensgebende, zivile Kibbuz Kerem Shalom befindet sich etwa 200 Meter nordöstlich vom Grenzübergang.
Der Grenzübergang Rafah, vom Gaza-Streifen nach Ägypten, befindet sich nur wenieg hundert Meter nordwestlich der Anlage. Von dort, wo inzwischen hunderte Tonnen durchgelassene Hilfsgüter auf palästinensischer Seite stehen, die nicht verteilt werden.

Karte des Gebietes mit den Grenzübergängen

Offenbar war die Amitai Base ein so genannter Verfügungsraum, wo israelische Soldaten sich für einen Angriff auf Rafah bereithielten.
Doch es ist völlig selbstverständlich, dass wenn diese Basis aus Richtung Rafah beschossen wird, der Grenzübergang dicht gemacht wird. Denn dort stehen ja lange Schlangen ziviler LKW, Hilfsgüter werden abgefertigt, gelagert und so weiter. Wenn da die ungenauen, selbstgebauten Raketen der Hamas und des Islamischen Dschihad drüber fliegen, wird da selbstverständlich geräumt. Und das wusste auch die Hamas.
Sofort meldeten Schlagzeilen, Israel habe einen Grenzübergang geschlossen. Die Erklärung erschien im Fließtext, häufig falsch.

Diese Kleinteiligkeit macht auch die Größenordnung und Relationen deutlich.
Längst hat sich der Narrativ einer israelischen „Großoffensive“ eingeprägt. Was militärisch völlig absurd ist. Denn eine „Großoffensive“ müsste mehrere Divisionen oder sogar Brigaden aus verschiedenen Teilstreitkräften beinhalten. Könnte Israel so etwas leisten, wäre Gaza-Stadt längst befriedet. Weil sie erobertes Gebiet sichern und besetzen könnten.

Man kann locker vom Grenzübergang Kerem Shalom zum Grenzübergang Rafah zu Fuß gehen. Nichts daran ist „groß“.
Was dort passiert, findet täglich in weit größerem Umfang in der Ukraine statt. Die israelischen Streitkräfte haben weniger aktive Soldaten, als alleine um die Stadt Donezk derzeit kämpfen.

Es ist völlig gleichgültig, was Israel oder die israelischen Streitkräfte veröffentlichen. Binnen Minuten finden sich die propagandistischen Spindoctors und framen es als Lüge. Die Medien unterstützen das, indem sie ohne Sachverstand, ohne Prüfung und ohne Erklärung Informationen übernehmen. Zumindest wird nicht in dem Maß geprüft, in dem man es als Zuschauer, Zuhörer oder Leser fälschlicherweise immer noch erwartet.

Montag: Die Evakuierung

Im Laufe des Montags erlag der vierte israelische Soldat seinen Verletzungen durch den Angriff auf das Gebiet Kerem Shalom.
Währenddessen feuerte die Hisbollah dutzende Drohnen auf den Norden Israels, wobei mehrere Soldaten und Zivilisten starben. Genaue Zahlen wurden nicht durch Israel bestätigt. Zwei israelische Reservisten wurden namentlich genannt.

Doch die Berichterstattung drehte sich vor allem um den am morgen veröffentlichten Evakuierungsplan der IDF. Anstatt sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen, berichteten die Medien aber von den Warnungen vor einer „Großoffensive“ durch verschiedene Stellen der UN, der EU, Jordaniens und – wen wundert es noch – mehreren Sprechern der Hamas.
Erneut drängt sich die Frage auf, ob die Medien ebenfalls Äußerungen, Warnungen und Drohungen des IS oder der islamistischen Milizen im Irak so übernehmen würden. Letztere haben seit 10/7 übrigens hunderte Angriffe auf Israel und US-amerikanische Einrichtungen durchgeführt, wovon man in den „westlichen“ Medien überraschend wenig liest.
Nebenbei hatten die Huthi zuvor angekündigt, nun auch Schiffe im Mittelmeer zu beschießen.

Evakuierungsplan der IDF

Der Plan der IDF sah die Evakuierung des östlichen Teils vor Rafah vor.
Spätestens an der Stelle wusste jeder, der halbwegs Ahnung von Strategie hat, dass die IDF über den Grenzübergang Kerem Shalom vorstoßen und so schnell es geht zum Grenzübergang Rafah vorstoßen wird. Was ja nicht einmal ein Kilometer ist. Mit einem Kampfpanzer könnte man leicht von Israel aus auf den Grenzübergang schießen.
In den Medien dazu nicht ein einziges Wort.

Doch Israel wollte die Zivilisten nicht einfach vertreiben. Es hat die bestehende Sicherheitszone an der Küste vor Chan Yunis sogar ausgeweitet. Es hat dort Zelte bereitgestellt, Hilfsgüter vorgehalten und sogar Feld-Lazarette aufgebaut.
Diese Information wurde durch Flugblätter (auf Arabisch), über Medien und sogar durch Telefonanrufe und SMS verteilt.

Und dann passierte genau das, was häufig passiert: Die Zivilisten handeln nicht.
In der Washington Post wurde eine Palästinenserin zitiert, sie wüsste ja nicht wohin sie dort gehen sollte und sie könne kein Auto mieten, um ihre Kinder zu transportieren.
Für die Ohren eines Soldaten hören sich solche Aussagen kurz vor einer Offensive völlig absurd an, wie aus einer anderen, naiven Welt. Ebenso die Äußerungen der UN, die erweitere humanitäre Zone könne nicht so viele Menschen beherbergen. Obwohl sie weit größer ist, als Rafah selber.

Wenn ein Mensch in eine Situation gerät, eine Entscheidung zwischen mehreren Optionen treffen zu müssen, wird er häufig diejenige wählen, bei der er sich nicht entscheiden oder irgendwie verhalten muss. Das nennt man den Default-Effect.
Und genau das trifft hier erneut zu. Unlogisch unabhängig von der unabwendbaren, akuten Bedrohung. Und unabhängig davon, dass viele Palästinenser den Informationen Israels nicht trauen. Falls sie sie überhaupt erreichen.
Unterstützt wird das durch Sprachrohre wie die UN und NGOs, die bevorzugen zu debattieren, wie man die Offensive verhindern könnte, anstatt sie als gegeben hinzunehmen und den Menschen zu helfen. Ein entsprechender Aufruf des UNRWA könnte viele Menschenleben retten. Fragt man danach, bekommt man vermutlich zur Antwort, dafür habe man kein Mandat. Wie so häufig.

Eine völlige Uneinsichtigkeit der Endgültigkeit militärischer Entscheidungen gegenüber. Wenn ein General sagt, das wird so gemacht, dann wird es so gemacht werden. Sonst hätte er es nicht gesagt. Militärs feilschen nicht wie auf einem Basar.

Montagabend: Die Hamas stimmt Friedensplan zu

Und dann kamen erneut die Spindoctors zum Einsatz.
Am Abend wurde veröffentlicht, die Hamas würde einem Vorschlag für eine Feuerpause zustimmen.
Vor dem Schachzug kann man nur achtungsvoll den Hut ziehen. Das ist so dummdreist, das hat wohl niemand kommen sehen.
Wir erinnern uns, die Delegation der Hamas war bereits am Tag zuvor von den Verhandlungen in Kairo abgereist.

Der Leiter des „Politbüros“ der Hamas Ismail Haniyya lies (vermutlich aus Katar) verlautbaren, die Hamas sei bereit, den ägyptisch-katarischen Vorschlag zu akzeptieren.

Die Hamas wusste, dass Israel unmittelbar vor einer Offensive steht. Der Angriff auf den Bereich Kerem Shalom zeigt das. Der Evakuierungsplan der IDF hat es bestätigt.
Es ist unerheblich, wem oder was die Hamas angeblich zustimmt. Nach dieser Schlagzeile muss alles, was Israel danach unternimmt, auf Israel zurückfallen. Der wenig Informierte – egal wo auf der Welt – muss den Eindruck haben, die Hamas wolle Frieden und Israel greife trotzdem an. Durch diesen Schachzug hat Israel nur die Wahl, als fanatischer Aggressor ohne Interesse an einem Frieden dazustehen, oder auf die Forderungen der Hamas einzugehen.

Die Details der angeblichen Zustimmung finden sich höchstens im Fließtext der Medien angedeutet. Oder in einigen OSINT (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) oder israelischen Quellen.
Die Hamas hat keinem Vorschlag zugestimmt. Sondern den vorherigen Vorschlag umgeschrieben, wieder auf den Tisch gelegt, ist vor die Türe getreten und hat gerufen „Wir nehmen an!“
Was sie angeblich annehmen, dafür hat sich niemand groß interessiert.

Die Grundforderungen Israels, die sich wie gesagt nie geändert haben, wurden einfach umgeschrieben.
Israel lehnt eine dauerhafte Feuerpause mit der Hamas ab. Denn die Hamas weicht nicht von ihrem eigentlichen Zweck ab, Israel vernichten zu wollen. Sie kann es gar nicht. Und so würde eine dauerhafte Feuerpause lediglich bedeuten, dass die Hamas sich auf den nächsten Angriff vorbereiten kann, während sie durch eine Feuerpause legitimiert und sicher ist. So, wie die Hamas immer wieder Feuerpausen gebrochen hat.
Der zweite Punkt ist, dass die Hamas in der zukünftigen Regierung des Gaza-Streifens keine Rolle mehr spielen darf.

Beide Punkte wurden einfach aus dem vorherigen ägyptisch-katarischen Vorschlag gestrichen oder umformuliert. Die Hamas hat man im Grunde einfach einen eigenen Vorschlag angenommen. Zu dem Israel noch gar nichts gesagt hatte.

Zusätzlich wurden wohl Details geändert. So sah der ursprüngliche Vorschlag vor, alle drei Tage drei Geiseln freizulassen. Im Gegenzug sollten dafür palästinensische Gefangene freigelassen werden. Natürlich erneut in weit höherer Zahl. (Der israelische Soldat Gilad Schalit war nach Jahren der Geiselnahme 2011 gegen 1027 Gefangene ausgetauscht worden. Darunter Yahya Sinwar, der heutige Kopf der Hamas in Gaza und Drahtzieher hinter 10/7.)
Aus diesen drei Tagen waren im angenommenen Vorschlag der Hamas wie durch Zauberhand eine Woche geworden.

Am Abend strömten auf den Straßen im Gaza-Streifen „unschuldige Zivilisten“ zusammen und bejubelten den angeblich bevorstehenden Frieden. Umgeben von vielen Kindern wurden Sprechchöre angestimmt: „Wir sind die Leute von Mohammed Deif.“
Deif ist übrigens der Leiter des militärischen Arms der Hamas, der Qassam-Brigaden, der seit Jahren im Untergrund lebt. Und nach Yahya Sinwar die Nummer zwei der Top-Terroristen in Gaza.
Sie würden ein böses Erwachen haben.

Vergangene Nacht: Die Offensive beginnt

Screenshot: Israelische Soldaten beten vor der Offensive.

Während in den Medien und auf Social Media immer noch vor einer „Großoffensive“ gewarnt und die Drohungen der Hamas wiedergekäut werden, hat Israel längst Tatsachen geschaffen.
Als die Tagesschau um 07:14 Uhr titelte „Israels Armee rückt auf Rafah vor“, war sie längst da.
Der Grenzübergang Rafah ist erreicht. (Titelbild) Dutzende Videos sind längst überall zu sehen, veröffentlicht von israelischen Soldaten. Zumindest von dort, im Norden wird offenbar hart gekämpft.

Der Vorstoß findet in zwei Richtungen statt.
Eine Gruppe fuhr entlang der ägyptischen Grenze direkt zum Grenzübergang (Philadelphia Korridor).
Eine zweite Gruppe bewegt sich über eine wenig bebaute Zone auf die humanitäre Zone hinter Chan Yunis zu.
Das hat zwei mögliche Vorteile. Zum ersten kann so ein direkter Korridor zur humanitären Zone gesichert werden. Zum zweiten kann Rafah so in einer Zangenbewegung umschossen werden. Ähnlich ist Israel auch bei Gaza-Stadt vorgegangen.
Es sind sogar die Einheiten öffentlich, die dort genau jetzt im Einsatz sind.
Erneut: Keine Meldung in den Nachrichtenmedien.

Karte der Offensive

Daher braucht man auch keine Glaskugel, um vorhersehen zu können, was weiter passieren wird.
Zunächst wird die IDF den Grenzübergang sichern und vermutlich zügig versuchen, auch die Hilfslieferungen aus Ägypten abzufertigen. Das dürften derzeit sehr wenige sein, da der meiste Verkehr über Kerem Shalom umgeleitet wurde.

Zusätzlich ist ein weiterer Grenzübergang im Norden geplant. Da nach wie vor Hamasi südlich des al-Shifa Krankenhauses sitzen. Also genau da, wo es zu den Toten bei der Verteilung von Hilfsmitteln (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) und später dem Luftschlag gegen den Hilfskonvoi (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) gekommen ist. Das ist nach wie vor eine umkämpfte Zone. Und dort ist auch die Versorgungslage schwierig.
Im Norden von Gaza-Stadt werden bereits Straßen und Gebäude repariert.

Von dem Grenzübergang Rafah aus könnten auch die Menschen in der Stadt und der humanitären Zone vielleicht besser versorgt werden. In den vergangenen Tagen waren in den Sozialen Medien immer wieder Videos zu sehen, in denen palästinensische Zivilisten beklagten, die Hilfslieferungen würden „gestohlen“ (Zitat).

Die Streitkräfte werden versuchen, Rafah zu umschließen und so den Strick um die verbliebenen Hamasi enger zu ziehen. Dass es dort noch Kräfte gibt, hat der Raketenbeschuss auf Kerem Shalom gezeigt. Man ist versucht, die hektisch wirkenden Tricks der Hamas als Panik zu deuten.
Mit vorbereitenden Shaping Operationen, also Luftangriffen, ist nicht mehr zu rechnen. So etwas hätte vorher stattgefunden, nicht wenn die eigenen Bodentruppen bereits reingehen. Auch das lief in Gaza-Stadt genauso, ebenso in Chan Yunis.
Einzelne, gezielte Schläge sind dadurch natürlich nicht auszuschließen. Aber es wird sicher kein „Flächenbombardement“ – auch so ein Framing – geben.

Das wird die Entwicklung der nächsten Wochen sein.
Die tatsächlichen Kämpfe werden sicher länger dauern, sie werden sich auf den nordwestlichen Teil von Rafah konzentrieren.

Der Grenzübergang Rafah scheint unbeschädigt.
Die israelische Flagge wurde gehisst, während MG-Feuer zu hören ist.
Ein Morgen in Gaza. Nach vier Tagen im Mai.

Sujet Krieg

5 commentaires

Souhaitez-vous voir les commentaires ?
Devenez membre de U.M. pour rejoindre la conversation.
Adhérer