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Vielleicht musste 2024 so beschissen anfangen, um dann doch noch die Kurve zu kriegen. Für uns persönlich ist diese Zeit gerade besonders. Das erste Mal seit langem spüren wir, wie stark Demokratie sein kann.
Vielen Dank an alle Partnerorganisationen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) und an alle Steady-Mitglieder, die unsere Arbeit ermöglichen.
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Tausend strahlende Lichter
Das zivile Engagement der vergangenen Wochen wirkt wie ein Befreiungsschlag. Auslöser war eine einzelne Recherche. Beides gibt uns Hoffnung in beängstigenden Zeiten. ~ 8 Minuten Lesezeit
Kennst Du diesen Moment in Büchern und Filmen? Wenn alles bergab geht, die Protagonist*in und all ihre Verbündeten in einer scheinbar ausweglosen Situation feststecken – und plötzlich kommt der Wendepunkt, der erlösende Moment, in dem alles wieder möglich ist.
Vor ein paar Wochen war so ein Moment, und zwar im echten Leben. Da hatte sich unglaublich vieles angestaut und mit dem Start ins neue Jahr konnte endlich alles raus.
Seit langer Zeit schon stapeln sich die Krisen: extremes Wetter und traurige Hitzerekorde, Kriege, Natursterben, Rassismus, das Erstarken der Rechten. Anfang des Jahres war es aber nochmal besonders heftig.
Wir wohnen in Kreuzberg an einer großen Straße, auf der sich täglich gefühlt der ganze Berliner Berufsverkehr durchzwängt. Hier war auch eine der Lieblingsrouten der protestierenden Landwirt*innen (die Seite an Seite mit Deutschlandflaggenfans auf Traktoren vors Brandenburger rollten).
Ihr Hupen hat uns wochenlang begleitet – genauso wie der wenig schöne Anblick von vorbeifahrenden Galgen vor dem Wohnzimmerfenster.
Die spalterische Rede von Christian Lindner vor den wütenden Landwirt*innen war dann der Tropfen, nein, der Tritt gegen das sowieso schon überlaufende Fass. Unfassbar, wie tief man politisch sinken kann.
Als alles auf einmal ganz schnell ging
Die sogenannten Bauernproteste haben nicht nur die Straßen blockiert, sondern auch unsere Hoffnungs-Rezeptoren. Natürlich waren die auch vorher schon die Hälfte der Zeit auf Standby. Weil die AfD erstmals einen Landrat stellt. Weil die Nazi-Partei in vielen Bundesländern in Umfragen über 30 Prozent bekommt und eine Regierungsbeteiligung ein allzu wahrer Alptraum werden könnte.
Weil zwischen Fake News und Kulturkampf gefühlt schon seit langem der gemeinsame Nenner für konstruktive Debatten flöten gegangen ist. Und weil der Möchtegern CDU-CEO zu allem Überfluss auch noch auf den rechtspopulistischen Wagen der Faschisten (natürlich ein Verbrenner) aufspringt und die Grünen zum Erzfeind erklärt.
Und natürlich bedingen sich die Demokratiekrisen gegenseitig. Das Erstarken der Rechten, Klimawandelleugnung, Frauenfeindlichkeit.
Unser emotionaler Zustand pendelte zwischen ratlos und hoffnungslos hin und her. So wie viele fragten auch wir uns: Warum tut niemand etwas dagegen? Wollen wir wirklich dabei zusehen, wie in Zeiten multipler Krisen die hetzerischen Antworten der Rechten salon- und die Nazis regierungsfähig werden?
Doch dann erschien die Recherche von CORRECTIV (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) über das Treffen von AfD-Politikern, zwei CDU-Mitgliedern aus der Werteunion, Neonazis und Unternehmern in Potsdam.
Und plötzlich ging alles ganz schnell.
Das Gegenteil von Galgen
Nur kurze Zeit später stehen wir im Dunkeln und frierend vor dem Bundestag, genauso wie Hunderttausende andere Menschen, die für Demokratie ihr Gesicht zeigen. Von einen Moment auf den anderen erleuchten unzählige Handy-Lichter den Platz der Republik, auch unsere. Und alle beginnen gemeinsam zu singen, gegen den Faschismus.
Dieser Moment war ein Wendepunkt, ein Befreiungsschlag für unsere Hoffnungs-Rezeptoren. Wir waren schon auf einigen Demos, aber selten hat uns eine so viel Mut gemacht. Zwei Dinge sind uns danach noch einmal besonders klar geworden.
Erstens – und das klingt jetzt vielleicht ein bisschen platt, ist deswegen aber nicht weniger wahr oder wichtig: Egal, wie aussichtslos die Situation erscheint, es gibt immer Hoffnung. Und die verläuft (genau wie gesellschaftlicher Wandel auch) nicht linear. Es kann sich lange zäh anfühlen – bis endlich ein Kipppunkt erreicht ist und der besagte Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt.
Unglaublich viele Menschen stehen hinter dem, was Dir und uns wichtig ist: Menschenrechte, Demokratie, Solidarität (und damit auch Klimaschutz). Das erleben wir gerade live und Woche für Woche aufs Neue. Wenn wir uns zusammenschließen und jede*r seinen (wenn auch nur kleinen Teil) zur Lösung beiträgt, dann kommt auch die Hoffnung.
Zweitens: Guter Journalismus ist verdammt wichtig für unsere Demokratie – und er funktioniert! Ohne die CORRECTIV-Recherche hätten wir und all die anderen Menschen wohl nicht vor dem Bundestag gestanden, sondern weiterhin Galgen und Deutschlandflaggen vor unseren Wohnzimmerfenstern gezählt. Zu sehen, was Journalismus leisten kann, auch das macht uns zuversichtlich.
Beide Punkte bestärken uns extrem in unserer Arbeit. Dieser Newsletter ist für uns nämlich auch ein Ventil für unsere Auseinandersetzung mit der Klimakrise. Er ist ein Weg, aktiv zu werden und damit einerseits selbst Hoffnung zu schöpfen und andererseits unseren Leser*innen Hoffnung zu machen. Indem wir Perspektiven mitgeben, die im besten Fall Orientierung im Alltag und im eigenen Handeln geben. Wenn wir das auch nur ansatzweise schaffen, sind wir glücklich.
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Mit ausgestreckten Händen
Wenn eine einzige Recherche die Macht hat, Millionen von Menschen Feuer unter dem demokratischen Hintern zu machen, ist das auch ein Hoffnungsschimmer für alle Klima-Kommunikator*innen. Denn vielleicht steht ja der nächste Wendepunkt schon kurz bevor – dieses Mal für planetare Gerechtigkeit.
Wir sind überzeugt: Um so einen Wendepunkt zu erreichen, braucht es einen der Krise angemessenen Journalismus. Er ist die Basis für Klimaschutz und dieser wiederum eine notwendige Bedingung für Demokratie.
Gute Klimakommunikation ist für uns wie eine ausgestreckte, einladende Hand. Sie nimmt uns die Scheuklappen der Verdrängung ab und zieht uns aus dem Loch der Ohnmacht. Sie verschont uns nicht vor der bitteren Realität der Klimakrise, gleichzeitig motiviert sie uns, zu handeln und somit Hoffnung zu schöpfen.
Momentan ist die in den Massenmedien verbreitete Berichterstattung übers Klima allerdings eher wie eine geballte Faust. Mehr Teil des Problems, als Teil der Lösung. Sie berichtet viel zu selten über die Krise oder verbannt „das Thema“ in einzelne Ressorts. Wenn doch berichtet wird, dann meistens ohne Lösungen, die eigentlich schon längst auf dem Tisch liegen. Und im schlimmsten Fall orientiert sich die Berichterstattung nicht einmal am wissenschaftlichen Konsens, sondern reproduziert Argumente von Bremser*innen und verbrecherischen fossilen Konzernen.
Ein Königreich für diese Fernbedienung! 📊: MaLisa Stiftung (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), LMU München
Die Folge? Die ganze Palette von Leugnung über Verharmlosung bis hin zur Ohnmacht. Doch weder diejenigen, die verdrängen, noch diejenigen, die alles für nicht so schlimm halten, noch diejenigen, die vor lauter Hiobsbotschaften in Schockstarre verfallen, sind in der Lage zu handeln.
So viel aber ist klar: Für Klimagerechtigkeit braucht es engagierte Bürger*innen, die bereit sind, Maßnahmen mitzutragen, und die sich, mehr noch, vor den Berliner Bundestag, auf den Leipziger Marktplatz und – vielleicht am wichtigsten – vor das Biberacher Rathaus stellen, eine rote Linie ziehen und klarmachen: Diese Klimakrise ist hochgradig undemokratisch. Nicht mit uns!
Anders wird der nötige gesellschaftliche Wandel nie gelingen. Und deshalb sind wir überzeugt, dass es auch einen Wandel im Journalismus und in der Medienwelt braucht – und letztlich bei allen, die mit anderen Menschen über das Klima sprechen. Klimakommunikation mit ausgestreckten Händen hat einen viel größeren (ökologischen) Handabdruck als geballte Fäuste, ganz sicher.
Was ist Deine Klima-Geschichte?
Es gibt nichts, was so viel Hoffnung geben kann, wie sich selbst zu engagieren – aber eine Sache kommt verdammt nah dran: nämlich inspirierende Geschichten von unseren Mitmenschen zu hören. Von Menschen, die sich einsetzen, die etwas bewegen, die fest daran glauben, dass eine bessere Zukunft möglich ist. Geschichten vom Wandel.
Und wir wissen: Unsere Treibhauspost-Community ist voll von klima-engagierten Menschen mit solchen Geschichten. Das zeigen uns Eure Antworten auf die Umfragen und all die E-Mails, die wir von Euch bekommen.
Deswegen haben wir etwas mit Euch vor. Eigentlich hatten wir das schon lange vor, aber jetzt wird es höchste Zeit: Wir möchten mit Euch zusammen eine gemeinsame Treibhauspost-Ausgabe auf die Beine stellen. Eine Community-Ausgabe mit euren Geschichten. Wir wollen Euch und Euer Handeln portraitieren und damit allen, die hier mitlesen, zeigen: Ihr seid nicht alleine.
Was bewegt Dich in Zeiten der Klimakrise? Wie gehst Du mit Deinen Gefühlen um? Hast Du einen Weg für Dich gefunden, Dich zu engagieren?
Vielleicht hast Du ja einen ganz besonderen Moment erlebt – einen persönlichen Erfolg im Kampf gegen die Klimakrise. Oder einen hoffnungsvollen Austausch mit anderen. Oder ein eigenes kleines Projekt auf die Beine gestellt. Keine Geschichte ist zu klein, jedes Erlebnis kann inspirieren. Wir wünschen uns, dass Du uns davon erzählst.
Bist Du dabei? Dann klicke auf den Button und erzähl uns Deine Geschichte!
Eine Treibhauspost-Leserin hat ihre Geschichte schon mit uns geteilt – Schauspielerin Pheline Roggan. Sie ist Gästin in der zweiten Folge vom Pod der guten Hoffnung, den wir zusammen mit der Heinrich-Böll-Stiftung gestartet haben.
Auch zu hören bei: Apple Podcasts (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) | Soundc (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)loud (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) | He (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)inrich-Böl (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)l-Stif (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)tung (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Phelines offener Umgang mit der eigenen Klima-Angst und ihr Engagement hat uns ziemlich inspiriert, genauso wie ihr konstruktiver Ansatz, um die Filmwelt ins Positive zu verändern. Vor kurzem hat sie mit ihren Mitstreiter*innen sogar ein neues Gesetz zur nachhaltigeren Filmförderung bewirkt.
(S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)Wie stehst Du zum Klimadilemma?
Auch in dieser Folge thematisieren wir – Manuel und Julien – ein Klimadilemma. Du kannst wieder selbst abstimmen (hör am besten vorher rein in die Folge) – Wie gehe ich mit Familie und Freund*innen um, die die Klimakrise verdrängen. Sollte ich das einfach akzeptieren oder sollte ich sie konfrontieren? Was meinst Du?
✌🏽 Akzeptieren und die Energie aufsparen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
🤌🏽 Konfrontieren mit konstruktivem Gespräch (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Beim Klima-Dilemma aus der ersten Folgen wart Ihr Euch übrigens ziemlich einig (was uns, um ehrlich zu sein, nicht wirklich wundert):
Sehr gefreut haben wir uns über die vielen persönlichen Erfahrungen und Anregungen zum Umgang mit Klima-Infos, die Ihr mit uns geteilt habt. Hier ist eine kleine Auswahl:
„Je mehr ich um eine Sache weiß, umso besser kann ich mitdenken, reagieren und weitergeben!“ – anonym
„Sehr wichtig ist es, sich seine Informationen nicht über Social Media zu holen. Dort wird sehr viel an fake News weitergegeben und Hetze betrieben.“ – Rico
„Man fühlt sich verdammt alleine, wenn man der einzige ist, der sich täglich informiert, aufrütteln möchte und ständig gegen eine Wand aus Ignoranz und Abwehr läuft.“ – Markus
„Damit die Energie möglichst groß und andauernd ist, hilft es, NICHT ständig darüber nachzudenken, wie schlecht alles ist. Für mich, subjektiv betrachtet, ist es also eine gute Variante um mit voll Power die Welt von morgen positiv mitzugestalten!“ – Ingke
„Mich motivieren Klima-Informationen zum Recherchieren, dann gehe ich den Quellen nach, suche vergleichbare und weiterführende Infos, Verbände und Initiativen, die sich mit der Thematik befassen, suche Gleichgesinnte, schreibe und spreche sie an, besuche Vorträge und Veranstaltungen und lasse mich bestenfalls inspirieren oder von meiner eigenen Empörung leiten und werde aktiv.“ – Ute
Den nächsten Newsletter – die Community-Ausgabe – bekommst Du am 24. Februar, wir freuen uns schon auf Deine Klima-Geschichte (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Bis dahin!
Herzliche Grüße
Julien & Manuel
💚 Herzlichen Dank für die Unterstützung an alle Treibhauspost-Partner:
Bürgerwerke (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), Ökostromversorger
Elektrizitätswerke Schönau (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), Dezentraler Energieversorger
SCIARA (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), Online-Simulation für interaktive Klimazeitreisen
🤝 Mehr über unsere klima-engagierten Partnerorganisationen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
💌 Außerdem danken wir allen Mitgliedern, insbesondere Jörn A., Bettina P., Eckart v. H., Malte K., Gabriele S., Yannic W., Michael K., Susanne B., Johanna T., Harry L., Maren W., Birgit J., Max H., Jennifer S., Astrid K., Günter R., Ingke P., Derek B., Judith G., Lukas L., Christopher K., Martin D., Svenja G., Ruth L., Jonas K., Benedikt S., Frank W., Chris B., Anna G., Jeremiah B., Jörg A., Brigitte K., Alex K., Valeska Z., Hans Christian M., Elke J., Lari H., Thomas K., Ulrich S., Sigurd M., Peter B., Malte N., Martin V., Macha B., Familie E., Petra F., Birgit S. & K. F., Beate H., Antje H., Konrad H., Volker H., Markus H., Stefanie J., Oliver K., Joanna K., Klemens K., Alois K., Reto L., Annika N., Johannes P., Ralf R., Isabel S., Sabine S., Guido S., Annette T., Daniela T., Kurt W. und Anett W., die uns mit den höchsten Beträgen supporten!