Flughäfen (Gedicht & Bild)
(von Karina Finkenau)
Heiligtümer moderner Zeit
Beweise untertan gemachter Erde
der erhöhte Mensch
kann überfliegend alles erreichen
mit weiten Schwingen erobern
der Mensch kann fliegen
in der Außenwelt
Flughäfen goldene Stätten
„dort heb ich ab dort tret ich auf“
die Innenwelt vergessen
das eigene Profil ins All geschrieben
allein der Wille war es
jetzt ist es die Güte
und ein Zuwenden nach Innen
der Schwerkraft danken
ihre Freiheit möglich machen
Flughäfen gedacht als Verbindung
von Menschen und Orten
nun reißen sie auseinander
dienen der Zerstörung
dem steten Vergleichen
An-einander-Messen
dem Gelde und den Waffen
die VIPs unter den Städten
sind jene mit Flughäfen
eben angeknüpft an das Netz
von Größe von Macht von Ego
von eilendem Wachstum
wenn nur das Geld nicht brennt
der Reichtum das Vermögen
nicht weinend Heimweh erleidet
es könnte zu spät sein immer wieder
das Herz kollabiert im Portemonnaie
Armut ist geduldig
Flughäfen die Tore zur Übersicht
hier ist die Schwerkraft besiegt
hier ist der Start sich über alles zu erheben
hinwegzusetzen auf weichen Wolkensesseln
schmerzvertreibende Nebel ziehen
vor unser Denken und unseren Blick
vor das was menschlich was wichtig
was empathisch und zugewandt ist
an Flughäfen wäre das Begrüßen
eines wahren In-Beziehung-Tretens
über das Erdverhaftete hinaus
relativierend näher kleiner
erreichbarer machend
niemand wird das Abhauen
Sich-Entziehen nennen
nein hier lebt man eben
einfach gehen und muss es ja
dem Gelde der Gier treu
geheiligter Raum ist er uns der Flughafen
seine überdimensional großen Straßen
enden frei im Raum scheinbar ziellos
hier hört die Spur auf
hier hebt der Mensch ab
Sog des Fliegens Leichtigkeit finden
Ebenbild Gottes wir die wir fliegen
unter Anschnallgurten ein Schnippchen schlagen
wir übersehen erschauen
Erdreich aus großen Höhen
bestimmen selbstverständlich Besitz
was wir sahen steht uns zu
Fundstücke über die wir herfallen
leicht ist es Mauern zu ziehen
Grenzen von Stacheldraht
den Meeren winken
die Leichen schaffen und schlucken
was kann ich dafür dass ich hoch bin
ist nun mal so und nicht so schlimm
bis einer im Anblick der Viecher unten
der laufenden Ameisen erbricht
und den Mensch erkennt mit Riesenstiefeln
wie er lachend völlig unberührt
in den Boden stampft Ungeziefer zertritt
das er unleugbar selber ist
Städte ohne jene Flughäfen sind
meilenweit unterlegen
so wie der der kein Ticket hat
im Getriebe erbarmungsloser Geschäfte
Blauer Planet sagten die die
sich Unendlichkeitsräumen näherten
und fühlten Schönheit in ihren zugeneigten Augen
hofften Regenbögen zu bauen in ihren Tränen
voller Ruf seht doch versteht wagt doch zu lieben
und die Flughäfen wollten Erkenntnistürme sein
für den Menschen in der Welt
sich als ein Teil einer einzigen globalen Menschheit
zu wissen zu verstehen denken zu können
ein Wir in Erdanziehung und Zeit
miteinander verbunden in einem Verlangen
geliebt zu sein und selber lieben zu können
darf der Mensch denn fliegen
wenn er das Heilige zerbricht
wenn er mit grapschenden Händen
Erdteile sich aneignet ausbeutet vergiftet wegwirft
darf er denn fliegen
um die Erde mit eigenen Händen auszuquetschen
lauft zu Fuß so lang ihr geblendet euch vergoldet götzenhaft
lauft dass ihr euren Platz wieder findet
dass die Zäune abgerissen Grenzen zerbersten Mauern schmelzen
offenes Land freigeben die Erde ist rund
was soll das Enden
im Austausch von Gemeinsamkeit Bezogenheit erkennen
im Fließen uns ureigener Mitmenschlichkeit
dass wir einander retten - finden
unsere Meere nicht den Leichen sind
sondern uns uns zu nähern
nicht einem fremden fernen Gott
den keiner kennt den nur der Wahnhafte
zu übersetzen zu überstülpen zu behaupten wagt
die Götter zu denen wir aufstiegen
stürzen bersten auf uns selbst herab
Flughäfen zu Sockeln geworden
den goldenen Kälbern
denn sieh Mensch du kannst nicht fliegen
zu schnell ist dir entfallen deines Nächsten Nähe
zu schnell hineingebrochen in ein fernes Sein
zu lieblos ihm schneller und schneller entkrochen
es gilt die Schritte jetzt erneut zu finden
und in Spuren Wege ziehen
das Geisterhafte den Fernen überlassen
aufgerichtet über Erde ziehen
der Mensch kann fliegen
frei sein sich erheben über Stock und Stein
und jegliche Kultur
frei sein der Mensch kann fliegen
der Preis aber ist niemals dein
und jetzt— wo sind wir angelangt
der Turm von Babel
stürzt stürzt stürzt
jetzt ist es an uns
die Trümmer aufzufangen
selber tragend sein
Schulter an Schulter gegen
die Angst vor Wandel
vor Öffnung zur Mitmenschlichkeit
jetzt ist es an uns
ein Lieben zu leben und auch zu glauben
nicht leugnend hinter bequemer Spaltung
uns abwenden und verraten
miteinander in uns selbst auffliegen
ein Ort Erde Menschsein aller
Fallschirme bauen unserem Überleben
jetzt stopp
gilt es zu retten zu ändern
nicht zu fliegen
Karina Finkenau
Philosophin, Künstlerin & Schriftstellerin
Die Brücken über die Wunden
sind die Schöpferkraft
die nach vorne gehende Tat
die Halt bietet
Karina Finkenau
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