Social Media: Der Ort, wo wir uns endlich hassen dürfen
Es ist schon eine verrückte Welt, nicht wahr? Wir haben das Internet einst gefeiert – als Hort der Freiheit, der Information, der globalen Vernetzung. Ein Ort, an dem man endlich mit Menschen über alle Grenzen hinweg kommunizieren konnte, ohne dafür Brieftauben losschicken zu müssen. Aber dann kamen die sozialen Netzwerke. Und mit ihnen der Sturm aus Wut, Ignoranz und Frust – alles verpackt in hübschen Emojis und GIFs.
Willkommen im Social-Media-Zirkus – Eintritt nur für Frustgeplagte!
Heute scheinen soziale Netzwerke weniger dazu da zu sein, Menschen zu verbinden, als sie zu spalten. Anstatt gemeinsam am Lagerfeuer der Vernunft zu sitzen, um die erleuchtenden Geschichten der Wissenschaft und des Fortschritts zu lauschen, haben wir virtuelle Straßenschlachten eröffnet. Der „Alltagsfrust“, den man früher vielleicht im stillen Kämmerlein losgeworden wäre (oder im schlimmsten Fall bei der netten Dame an der Supermarktkasse), wird nun in Kommentarspalten erbrochen. Und nicht zu knapp!
Selbst die kleinste Beleidigung – oder gar die Andeutung einer Meinung, die auch nur minimal vom Mainstream abweicht – verwandelt selbst die ruhigste Mimose in den virtuellen Hulk. Die gleichen Menschen, die im echten Leben zu schüchtern sind, den Kellner darauf hinzuweisen, dass ihre Suppe kalt ist, explodieren online bei jeder Gelegenheit in eine Fontäne aus Wut, die selbst Godzilla vor Neid erblassen ließe. Sagt einer „Impfen schützt“, wird sofort ein Shitstorm aus „Ich habe auf YouTube recherchiert!!!“ losgetreten, als wäre das Internet das einzige Universitätszertifikat, das man heutzutage noch braucht. Wer braucht schon Wissenschaft, wenn Tante Erna und ihre Facebook-Gruppe das alles viel besser wissen?
Der glorreiche Niedergang der Diskussion
Diskussionen in sozialen Netzwerken haben sich zu einer Art intellektuellem Sumo-Ringen entwickelt, bei dem es nur darum geht, den Gegner aus dem Ring zu werfen – egal, wie lächerlich die Argumente dabei sind. "Fakten? Die sind doch was für Loser!" ruft der Hobby-Verschwörungstheoretiker, während er gerade erklärt, warum die Erde doch flach ist, und man sowieso keine Angst vor Corona haben müsse, weil es ja auch gar nicht existiert – oder etwa doch?
Und wehe, jemand wagt es, diese „Wahrheiten“ in Frage zu stellen. Wissenschaftler? Experten? Leute, die tatsächlich wissen, wovon sie sprechen? Lächerlich! Wer nicht wenigstens zwei Minuten auf einer windigen Webseite verbracht hat, um das Universum zu ergründen, hat in dieser Diskussion sowieso nichts verloren.
Ach, es gab auch schöne Zeiten...
Ja, früher, als soziale Netzwerke noch klein und süß waren, da gab es Momente, die wirklich verbindend waren. Katzenvideos, Urlaubsbilder, Wiedersehen mit Freunden aus der Grundschule – das Internet war ein Ort der Freude. Heute? Naja, immer noch Katzenvideos, aber die hängen jetzt vor allem von Nazi-Memes oder Verschwörungsgeschwurbel umringt. Und die süße Nachricht „Hey, wie geht’s dir?“ wurde ersetzt durch „Hier ein Link, der beweist, dass der Mond aus Käse ist!“
Schade eigentlich, denn in diesen seltenen Momenten, wenn man durch die toxischen Nebelschwaden hindurchsehen kann, dann entdeckt man sie noch: die Perlen der Vernunft, die Menschen, die wirklich etwas beitragen wollen. Vielleicht wäre es an der Zeit für ein globales Social-Media-Blackout? Einfach mal für einen Moment durchatmen, bevor die nächste Welle an digitalem Irrsinn losbricht.
Aber hey, wer braucht schon Frieden, wenn man jeden Tag aufs Neue erleben kann, wie der harmlose Nachbar, der dir immer einen guten Morgen wünscht, online zum tobenden Wutbürger mutiert?
Fazit: Also, warum nicht?
Wäre es nicht herrlich, einfach mal für einen Tag offline zu gehen? Mal keinen Blick auf die Kommentarspalten werfen zu müssen, wo Halbwissen triumphiert und der Gedanke „Ich hab Recht, weil ich lauter schreie“ das Mantra des Tages ist? Wer weiß, vielleicht würden wir dann endlich wieder erkennen, dass es da draußen eine Welt gibt, in der man Meinungsverschiedenheiten zivilisiert klären kann – ja, ohne Capslock!
Oder auch nicht. Vielleicht bleiben wir lieber in unseren digitalen Kriegsschützengräben. Ist ja auch bequemer, sich hinter der Tastatur zu verstecken, oder?