Hungerzeichen des Neugeborenen
Der praktische Arzt Thomas Joseph Lauda spricht sich 1864 gegen das traditionelle Einwickeln von Babys aus, weil es unnatürlich sei und die Kinder in ihren Bewegungen hemme, wodurch sie weniger Zeichen geben können.
"Das neugeborne Kind aber wird jetzt unruhig, es bewegt das Köpfchen mit offenem Munde hin und her, es schnappt nach Allem, was ihm vor den Mund kömmt, ja es saugt sogar an seinen eigenen Fingern oder am ganzen Fäustchen, und schnaltzt deutlich hörbar mit der Zunge und den Lippen.
Wäre die erst gewordene Mutter ihrem eigenen Willen überlassen, dürfte sie nach der glücklichen Entbindung so handeln, wie sie fühlt, sie würde das Kind ohne Zweifel zur gehörigen Zeit an die Brust legen, da die Zeichen zum Beginnen der Säugung so deutlich ausgesprochen sind. Was sollte auch die glückliche Mutter, die von der heißesten Liebe beseelt, mit größter Sorgfalt die kleinsten Bewegungen ihres Kindes beobachtet, um nur ja jedes geringe Ungemach von ihm zu entfernen – was sollte sie bestimmen, ihrem unschuldigen Lieblinge die erste Bitte zu versagen? Allein die alten Frauen unterdrücken mit ihrer Geschwätzigkeit und dem Wuste verjährter Gewohnheiten, die man für Erfahrung hält, alle natürlichen Gefühle, und zerreißen mit einem einzigen Machtspruch das innig geflochtene, natürliche Band zwischen Mutter und Kind."
Zitat des Tages aus: Die körperliche Kindererziehung. Ein Buch für Eltern, Lehrer und Erzieher. Thomas Joseph Lauda, Verlag von Silber & Schenk, Prag 1864
Erstaunlich, dass hier Mütter für etwas gescholten werden, das keine 50 Jahre später andere Ärzte von ihnen verlangten. Denn mit Beginn des 20. Jahrhunderts verbreitete sich die Anweisung, Mutter und Kind nach der Geburt für 12-24 Stunden zu trennen und nach der Uhr zu stillen.
Außerdem …
Über das Einwickeln, über Steckkissen und Wickelpolster, über den Tragemantel und mehr liest Du in dem Blogbeitrag Tragehilfen im 19. Jahrhunder (Opens in a new window)t.
Es ist ein Traum von mir, einmal einen historisch korrekten Tragemantel zu besitzen. Du kannst mich diesem Traum ein wenig näher bringen, indem Du meine Arbeit untersützt. Herzlichen Dank!