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Thalaris Almanach - Buch 1: Initiierung

Teil 12 - Erholung

Ich erwachte wieder einmal in einem Bett. Dieses hier war jedoch wesentlich bequemer als bei Drak und Nim.

„Nim!“, entfuhr es mir und ich setzte mich auf. Schwindel ergriff mich, mir wurde schlecht, weshalb ich die Aktion sofort bereute.

Ich kontrollierte meinen Atem und schaute mich vorsichtig um. Der Raum war annähernd rund und hoch. Die Wände bestanden aus einer seltsamen Art Gestein. Es sah aus, als wären Blasen geplatzt und sofort erstarrt. Mein Blick wanderte durch das Zimmer. Ein Tisch, zwei Stühle sowie ein Bücherregal in dem sich die Bretter unter ihrer Last bogen. Neben dem Bücherregal sah ich eine Türöffnung, die verschlossen war. In der Mitte der Decke hing ein Leuchter mit drei flackernden Lampen. Das Licht wirkte, als würde seine Quelle schweben. Als ich genauer hinsah, war das auch der Fall. Faszinierend!

Behutsam schob ich meine Füße aus dem Bett und stellte fest, dass ich nackt war. Hastig suchte ich nach meinen Sachen. Sie waren weg! Ich räumte die Decke beiseite und riss das Laken an mich. Als ich fertig war, klatschte es hinter mir. Erschrocken drehte ich mich um. Eine junge Frau stand in der Tür und grinste mich an.

„Das ist jemand wach geworden. Deine Sachen sind im Müll, aber keine Sorge du bekommst gleich neue. Dann musst du nicht herumlaufen, als hätte Pha'nis persönlich dich angekleidet.“

Mir blieb der Mund offen und spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg.

„Wo … wer …“ setzte ich an, bekam aber kein klares Wort heraus.

Die Frau trat ein.

„Wo du bist? Du bist in der Vogelfeste. Und ich nehme an, die zweite gestammelte Nichtfrage war, wer ich bin? Nun, mein Name ist Meleya.“

Sie setzte sich auf einen der beiden Stühle.

„Ich habe auch etwas zu essen und Wasser angeordnet, du wirst sicher hungrig sein. Das Gift der Trakk-Spinnen ist zum Glück nicht sehr … tödlich. Das wäre für diese widerlichen Monster auch nicht spaßig genug.“

Ich schüttelte den Kopf, was einen erneuten Schwindelanfall auslöste. Ich taumelte und hatte fast sofort eine helfende Hand am Arm.

„Setz dich. Es dauert, bis sich dein Körper davon erholt hat.“

Meleya sah mich besorgt an.

„Du bist sehr blass. Ich werde Fina und Gartys holen, die beiden sollen dich zur Sicherheit noch einmal anschauen.“

Mit diesen Worten erhob sie sich und bevor ich etwas erwidern konnte, war sie verschwunden. Ich schnaufte. Nach wie vor war diese Welt ein Überraschungspaket. Zuerst dies laufenden Raubvögel, dann die Grnark. Jetzt eine Frau mit fast roter Haut, spitzen Ohren und etwas zu langen Eckzähnen im Oberkiefer. War ich hier in einer Orkhöhle gelandet? Würden die mich hier gleich essen?

Hinzu kam, dass die Art wie sie mit mir sprach, sich bewegte, wie sie sich insgesamt verhielt derartig authentisch wirkte, ich konnte mir schlicht nicht vorstellen wie ARTOS das gemacht hatte. Die Tür öffnete sich und ein Mädchen trat schüchtern ein. Auf ihrem Arm balancierte sie ein Tablett mit Früchten, etwas, was wie Brot aussah und anderen Dingen. Daneben eine Karaffe mit Wasser.

„Meleya sagte, ich soll dir das hier bringen.“

Sie stellte das Tablett ab, nickte mir kurz zu und war wieder verschwunden.

Wow, wie in einem dieser alten Mittelalterfilme.

Nachdem ich meine behelfsmäßige Toga wieder zurechtgerückt hatte, nahm ich Platz und schenkte mir etwas Wasser in den Becher. Mit drei großen Schlucken war er geleert. Das wiederholte ich noch ganze viermal, dann endlich war mein Durst etwas gestillt. Mein Magen knurrte, jetzt, wo ich das Tablet genauer betrachtete und signalisierte mir, dass ich endlich etwas essen sollte. Mein Beutel war weg, so konnte ich nicht das essen, was Nim mir gegeben hatte. Darauf hätte ich eher vertraut. Aber gut, ich hatte auch gerade das Wasser getrunken, ohne mir ähnliche Gedanken zu machen.

Ich griff zu, brach etwas von diesem brotähnlichen Zeug ab und steckte es in den Mund. Es war köstlich. Wie ein kräftiges Sauerteigbrot, nur nicht so klebrig. Es schmeckte wie eine Mischung aus gebackenem Toast und Maistortilla. Schnell brach ich mir weitere Stücke ab und stopfte sie mir in den Mund. Eine Frucht erinnerte mich an eine Avocado. Ich nahm das beiliegende Messer, freute mich über das Vertrauen und schnitt sie an. Ein klebriger Saft quoll heraus, der fast sofort gerann und eine Kruste bildete, die wie getrockneter Honig aussah. Als ich endlich ein Stück aus seiner Schale befreit hatte, das Fruchtfleisch war rot mit kleinen grünen Kernen darin, biss ich vorsichtig davon ab.

Eine wahre Explosion an süßen Aromen wuchtete mich fast von meinem Sitzplatz. Der Vergleich mit Honig war nah dran und doch weit weg. Der Duft, der sich jetzt in meiner Nase breit machte … unbeschreiblich. Am nächsten reichte ein Orchideenhaus heran, in dem gerade alles blühte. Das Stück zerfloss förmlich auf meiner Zunge. Euphorie erfasste mich und ich merkte, wie mein Grundstimmung sogleich besser wurde. Ich wollte gerade ein weiteres Stück essen, als sich die Tür erneut öffnete und ich beinahe wirklich vom Stuhl gefallen wäre.

Ein gefiedertes Etwas trat ein. Langer Hals, zwei schwarze Augen über einem Hakenschnabel. Grau gefiederter, etwas plump wirkender Körper. Das Wesen näherte sich.

„Ruhig, keine Angst. Mein Anblick ist für Fremde etwas seltsam. Mein Name ist Gartys. Ich bin ein Sha'Pan und hier der Heiler, wie Fina mich so gern nennt. Fina, ich glaube, es ist besser, wenn du zuerst übernimmst.“

Hinter Gartys trat eine ältere Frau ein, die mich schmunzelnd betrachtete. Sie kam näher und bat mich, mein Bein anzuheben. Ich folgte der Aufforderung, ließ jedoch Gartys nicht aus den Augen. Der starrte mich mit einem Raubvogelblick an.

„Du musst wirklich keine Angst haben.“

„Da hat er recht. Gartys ist harmlos. Nimm dich eher vor Untha und vor K'rodreq in Acht. Die beiden mögen keine Fremden“, pflichtete Fina ihm bei, zwinkerte mir aber zu. Mit kundigen Händen überprüfte sie mein Bein.

„Alles in Ordnung. Die Bisswunde ist gut geschlossen. Deine anderen Abschürfungen und Wunden haben wir ebenfalls versorgt. Sag, hast du dich mit einem Grejikk angelegt? Da hat Nim gute Arbeit geleistet. Die Mäuler dieser Biester strotzen nur so vor Schmutz und Krankheit.“

Ich nickte.

„Nim und ihr Mann Drak haben mich gerettet. Ich flüchtete in eine Höhle, die einstürzte. Mehr oder weniger landete ich Grnarek.“

Gartys und Fina lachten bei meinen Worten auf.

„Was? Habe ich etwas Falsches gesagt?“

„Drak ist der Sohn von Nim. Nicht ihr Mann, der ist vor vielen Zyklen verschwunden.“

„Oh, das war keine Absicht“, entschuldigte ich mich. Gartys winkte ab, wobei er einen Flügel hob, der in einer Klauenhand endete.

„Das ist nicht weiter schlimm. Wir können die Grnarks auch nicht immer auseinanderhalten. Als Beutelbrüter sind sie ohnehin so fruchtbar, dass keiner weiß, wer wessen Kind ist. Man hat den Eindruck, sie selbst wissen es auch nicht.“

Sein Lachen klang, als hätte sich ein Geier beim Kreischen verschluckt. Kratzig, glucksend und grell. Fina erhob sich.

„Du bist wieder in Ordnung. Deine Blässe kommt vom Wassermangel und der Wirkung des Giftes. Gartys, hast du noch etwas dazu zu sagen?“

Der schüttelte den Kopf.

„Ich denke, unser Gast hat noch ausreichend Zeit, um mit mir zu sprechen. Und Meleya wird einiges zu bereden haben. Wir sehen uns …“

„Ruphart“, sprang ich helfend ein, als ich merkte, dass er meinen Namen erwartete.

„Wir sehen uns, Ruphart. Es freut mich, dass du unser Gast bist.“

Er verließ den Raum. Fina nickte mir kurz zu.

„Mach dir keine Sorgen, es wird alles gut!“

Dann war auch sie verschwunden.

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