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Ein Spickzettel mit drei Fragen fürs Vize-Duell

Das Logo von WTH, America? mit einer hängenden US-Flagge

Liebe Leser:innen,

der Wahlkampf geht in den Endspurt, in sechs Wochen geben am 5. November die US-Amerikanerinnen ihre Stimmen ab. Es ist gut möglich, dass wir heute die letzte Chance haben, die beiden Lager bei einem direkten Aufeinandertreffen zu beobachten.

Um 3 Uhr deutscher Zeit debattieren die Vize-Kandidaten J.D. Vance und Tim Walz miteinander. Üblicherweise ist das keine so große Sache, wer kann sich schon noch an das Duell Tim Kaine und Mike Pence erinnern? Was weiß man noch von Harris gegen Pence, außer, dass da eine Fliege auf dem Mann saß?

Und doch gibt es mit Sarah Palin auch ein Gegenbeispiel dafür, dass die falsche Vize-Kandidatin eben auch gehörig schaden kann. Außerdem sind vor allem in den Swing States die Umfragen weiter eng, so dass es eben doch sein könnte, dass der heutige Abend einige wenige Auswirkungen hat.

Ich werde heute Abend auf drei Punkte besonders schauen, die ich in diesem kleinen Sonder-Newsletter kurz erklären will – bevor es in den nächsten Tagen nach dem Duell mit einer Ausgabe im regulären Format weitergeht.

Let's go.

  1. Geht Fact-Checking ohne Moderatoren?

Verantwortlich für das Duell ist der Sender CBS, ein etwas schnarchiger Laden, der unter den großen Networks das konservativste Image hat. Trump und die Republikaner haben nach der Debatte gegen Harris anscheinend lange genug darüber gejammert, dass die Moderatoren ihm nicht alle Lügen haben durchgehen lassen, denn CBS ändert die Regeln. Wie auch schon bei CNN in der Trump-Biden-Debatte lautet nun die generelle Marschrichtung: Wer als Kandidat einen Faktencheck will, muss selber ran. Die Moderatoren halten sich raus.

Für Walz könnte das ein Problem werden, denn wer sich mit im Dreck suhlt, wird selber schmutzig – und er verliert Zeit, die eigenen Ideen vorzustellen. Vance kann zudem ein deutlich geschickterer Rhetoriker als Trump sein, denn er ist versiert darin, rechten und autoritären Quatsch so zu verpacken, dass er sich gerade noch als korrekt hinstellen lässt. Ich bin gespannt, ob ihn Walz dafür rannimmt und möglicherweise in eine Falle tappt, aus der die Republikaner dann in den kommenden Tagen Clips stricken, die belegen sollen, dass Vance doch recht hatte.

  1. Wie männlich sind die beiden?

Klingt albern, aber steht im Zentrum dieses Wahlkampfs: Demokraten und Republikaner verkörpern ein grundsätzlich anderes Männerbild und sprechen damit verschiedene Klientel an. Trump und Vance machen sich über Katzenfrauen lustig, gehen zu Boxkämpfen und geben Maskulinisten-Youtubern Interviews. Walz und Harris-Ehemann Doug Emhoff stellen sich als Fans der Kandidatin hin, lassen sich als „Coach!“ feiern und leben eine weiche Inklusivität vor, die offensiv für Frauenrechte bei Abtreibung und Verhütung kämpft.

Umfragen zeigen aber: Die Republikaner haben in manchen Zielgruppen mit ihrer Taktik Erfolg. Gerade junge und etwas abgehängte Typen, die „Wirtschaft“ als wichtigstes Thema der Wahl sehen, springen an auf Trump und Vance. Es ist die große Wette der Republikaner: Können wir von den jungen Männern mehr hinzugewinnen als wir gebildeten Frauen verlieren?

Ich schaue darauf, ob sich Tim Walz ausdrücklich an diese Gruppe wendet und ob er versucht, mit seiner „Ich weiß, wie man einen Motor repariert”-Attitüde zu punkten.

  1. Ist Trumps Alter ein Thema?

Biden ist aus dem Rennen und jetzt fällt erst so richtig auf, dass auch Trump verdammt alt ist. Schon jetzt wirken seine Auftritte zusammenhanglos und seine Sprache klingt teils genuschelt und unklar. Sollte er tatsächlich die Wahl gewinnen, wäre er am Ende seiner Amtszeit der älteste Präsident der US-Geschichte. Sollte ihm etwas passieren, dann wäre tatsächlich Vance Präsident, ausgerechnet derjenige im Quartett mit Trump und Harris, der die deutlich schlechtesten Beliebtheitswerte hat.

Ich glaube, es stünde Walz gut zu Gesicht, die Gefahren einer Trumpe-Präsidentschaft auch als Vance-Präsidentschaft klar zu benennen. Das dürfte ihm besser gelingen, wenn Vance offen seine unbeliebten Ideen ausspricht, beispielsweise zur Massendeportation von Migranten und zur Rückkehr zu einer Krankenversicherung ohne Schutz für Vorerkrankte.

Soviel als kleiner Spickzettel für heute Nacht und die Aufarbeitung in den kommenden Tagen – ich bin bald mit einer Analyse des Abends zurück.

Best from NYC,

Christian

PS: Solltet ihr „WTH, America“ von Freundin oder Feind weitergeleitet bekommen haben, könnt ihr selbst hier den

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