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5 Irrtümer über Antibiotika – Zeit für Klartext!


Mikrobenzirkus-Kolumne im November 2024

Antibiotika bei Erkältungen, Weltantibiotikawoche & Journalistenworkshop an der DSMZ, Lesetipps zum Thema und am 26.11. im Arte Saloon


Liebe Freundinnen und Freunde des Mikrobenzirkus,
nach einer kleinen Auszeit mit Erkältung und Tee melde ich mich zurück – noch etwas angeschlagen, aber wieder fit genug, um euch mit spannenden Infos zu versorgen.

@Shutterstock

Wie geht es euch? Habt ihr die Erkältungssaison bisher gut überstanden? Wenn die Nase läuft und der Kopf brummt, taucht bei vielen schnell die Frage auf: „Wäre ein Antibiotikum jetzt nicht hilfreich?“
Doch Vorsicht – genau dieser Gedanke gehört zu den größten Irrtümern rund um Antibiotika!

Seit der zufälligen Entdeckung des Penicillins durch Alexander Fleming im Jahr 1928 haben sie Millionen Leben gerettet. Doch wie viel wissen wir eigentlich wirklich über sie? Heute stehen uns rund 80 verschiedene Antibiotika zur Verfügung. Aber wusstet ihr, dass ihre Wirksamkeit durch falsche Anwendung und Missverständnisse bedroht ist?

@Shutterstock

Passend zur Weltantibiotikawoche 2024 (18.–24. November) räume ich heute mit den häufigsten Mythen auf und zeige, wie wichtig ein bewusster Umgang mit diesen lebensrettenden Medikamenten ist.

Desweiteren gibt es noch interessante Lesetipps zum Thema und diesmal am Schluss einen kleinen November-Rückblick u.a. zu einem Besuch an Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen.

Die 5 häufigsten Irrtümer über Antibiotika

Irrtum 1: „Antibiotika helfen immer, wenn ich krank bin.“
Erkältungen und Grippe werden von Viren verursacht. Antibiotika hingegen wirken ausschließlich gegen Bakterien.

  • Warum? Bakterien sind eigenständige Lebewesen, die sich selbstständig vermehren und Stoffwechselprozesse durchführen. Antibiotika greifen gezielt in deren Zellstrukturen ein, z. B., indem sie die Zellwandbildung hemmen oder die DNA-Bildung blockieren.

  • Viren hingegen „kapern“ menschliche Zellen und nutzen deren Mechanismen, um sich zu vermehren. Sie haben keinen eigenen Stoffwechsel und keine Strukturen, an denen Antibiotika ansetzen könnten.

👉 Tipp: Vertraut eurem Arzt oder eurer Ärztin, wenn sie erklären, dass Antibiotika nicht nötig sind. Gegen Virusinfektionen helfen Schmerzmittel, Fiebersenker oder spezielle antivirale Medikamente. Und manchmal heißt es einfach: Tee trinken und auskurieren.

Irrtum 2: „Ich muss die Packung immer bis zum Ende nehmen.“
„Immer bis zum Ende der Packung einnehmen!“ – Das wurde uns lange eingebläut. Doch diese alte Faustregel wird heute differenzierter betrachtet.

  • Warum? Oft reichen kürzere Einnahmezeiten. Beispielsweise kann bei einer Harnwegsinfektion ein Tag Behandlung ausreichend sein. Zu lange Einnahme erhöht hingegen das Risiko, resistente Keime zu fördern.

👉 Tipp: Hör auf deinen Arzt oder deine Ärztin, wenn sie eine individuell angepasste Einnahmedauer empfehlen. Bei frühzeitigem Abklingen der Symptome: unbedingt Rücksprache halten!

Irrtum 3: „Ich bin resistent gegen Antibiotika.“
Ein weit verbreiteter Irrtum: „Ich bin resistent gegen Antibiotika.“ Tatsächlich werden nicht Menschen resistent, sondern Bakterien.

  • Wie das passiert: Bakterien sind unglaublich clever und anpassungsfähig – wie kleine Überlebenskünstler! Sie können Antibiotika abbauen, aus ihren Zellen ausschleusen oder deren Angriffsziel tarnen. Diese „Geheimtricks“ teilen sie dann mit anderen Bakterien – wie in einem Netzwerk.

👉 Wichtig: Resistente Keime sind vor allem in Umgebungen mit hohem Antibiotikaeinsatz – z. B. in Krankenhäusern oder in der Tierzucht– ein Problem. Falscher oder übermäßiger Einsatz fördert ihre Entstehung.

Irrtum 4: „Ich kann Antibiotika mit Freunden teilen.“
Dein Freund hat die gleichen Symptome? Ein paar Tabletten abgeben? Bloß nicht!

  • Warum? Nur ein Arzt kann feststellen, ob ein Antibiotikum nötig ist – und welches. Falsche oder unvollständige Therapien schaden mehr, als sie nützen.

👉 Merke: Antibiotika sind keine Pizza – sie gehören nicht geteilt!

Irrtum 5: „Wenn Antibiotika nicht mehr wirken, kann man einfach neue Medikamente entwickeln.“
So einfach ist das leider nicht! Die meisten Antibiotika basieren auf Entdeckungen zwischen 1930 und 1960. Seitdem wurden nur wenige neue Wirkstoffe entwickelt.

  • Warum? Viele Pharmaunternehmen haben sich aus der kostspieligen Forschung zurückgezogen. Antibiotika werden oft nur kurzfristig verabreicht, was sie wirtschaftlich weniger attraktiv macht.

  • Die Entwicklung eines neuen Antibiotikums dauert bis zu 15 Jahre und kostet zwischen 100 Millionen und 2 Milliarden Euro.

👉 Fazit: Wir müssen mit den verfügbaren Antibiotika sorgsam umgehen, damit sie weiterhin wirken.

Wie du dazu beitragen kannst

Du kannst Resistenzen vorbeugen, indem Du Antibiotika korrekt anwendest:

  • Nur auf ärztliche Verschreibung einnehmen.

  • Medikamente vollständig und wie verordnet einnehmen.

  • Keine Reste aufbewahren oder weitergeben.

  • Antibiotika sachgerecht entsorgen – niemals in die Toilette oder das Waschbecken.

Wie kannst du dich einfach vor Infektionen schützen:

  • Impfungen: Lass Dich z. B. gegen Grippe impfen.

  • Hygiene: Regelmäßiges Händewaschen schützt vor 99 % aller Infektionen Ansteckungen, weil wir die Keime nicht über unseren Mund, Nase aufnehmen, wenn wir uns berühren.

  • Verhaltensregeln: Niese in die Armbeuge, vermeide Kontakt zwischen Händen und Gesicht und halte Abstand zu Erkrankten.

Lesetipp: Der Science-Thriller „Probe 12“ über Antibiotikaresistenzen

Ihr wollt tiefer in die Thematik eintauchen! „Probe 12“ ist ein spannender Science-Thriller von Kathrin Lange und mir, der zeigt, was passiert, wenn Antibiotika ihre Wirkung verlieren. Wissenschaft, Intrigen und ein Rennen gegen die Zeit – perfekt für alle, die sich auf unterhaltsame Weise mit einem ernsten Thema auseinandersetzen möchten. Auch eine gute Idee als Weihnachtsgeschenk, wenn ihr wissenschaftsaffine Freunde und Freundinnen beschenken möchtet.

Im November hatte ich auch einige Lesungen dazu beim Verein “Lamme liest! in meinem Stadtteil und eine Wine & Crime-Lesung zusammen mit Kathrin im Monkey Rose in Braunschweig. Hier einige Bilder für euch. Es gibt immer sehr viele interessierte Fragen aus dem Publikum und angeregte Diskussionen.

@ Mona Firley, @ Stephan Tengler (Leseflair)

Bestellen für Weihnachten: Hier könnt ihr sogar versandkostenfrei in Deutschland bestellen bei meiner Buchhandlung GRAFF unter diesem Link (Opens in a new window).

TIPP: Ein weiteres verständliches und sehr gut zu lesendes Sachbuch ist “Antibiotika Overkill” von Martin J. Blaser. Link (Opens in a new window)

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Recherche

Einblick in einen Journalisten-Workshop “Suche nach neuen Antibiotika”

Anlässlich des Weltantibiotikatages durfte ich beim spannenden Journalistenworkshop bei Leibniz-Institut DSMZ – Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH auf dem Science Campus Braunschweig dabei sein.
Thema des Tages: Die Suche nach neuen Antibiotika und Wirkstoffen aus Bakterien – ein hochaktuelles und lebenswichtiges Thema, das uns alle betrifft. Gleichzeitig war es ein Treffen mit netten “alten” Kollegen und Kolleginnen, weil ich früher auch einmal Pressesprecherin der DSMZ war :-).

Das DSMZ ist sozusagen die deutsche “Arche Noah die kleinsten Lebewesen und Zellen” - sie beherbergt die weltweit größte und vielfältigste Bioressourcen-Sammlung mit über 89.000 Bioressourcen, darunter Mikroorganismen, Zellkulturen und Pflanzenviren.

(@susanne Thiele)

Doch hier wird nicht nur gesammelt, sondern auch intensiv geforscht – insbesondere an den vielversprechenden Actinomyceten (auf den Platten zu sehen). Diese Mikroorganismen gelten als wahre Schätze, wenn es um die Entwicklung neuer Wirkstoffe für Medizin und Landwirtschaft geht. Dazu gab es eine inspirierende Einführung von Prof. Dr. Yvonne Mast.
Sehr spannend waren die Vorträge zur Genetik und Biologie von Streptomyceten und wie stille Antibiotika-Synthesegene aktiviert werden, um neue Wirkstoffe zu finden und eine exklusive Führung durch das Actinomyceten-Labor – das Herzstück der Forschung.

Besonders fasziniert bin ich immer wieder von den Einblicken in die Phagen-Therapie, präsentiert von Dr. Johannes Wittmann. Phagen – Viren, die gezielt Bakterien angreifen, die eine vielversprechende Alternative zu Antibiotika bieten und bereits in einigen Ländern erfolgreich im Einsatz sind. darum geht es, wie schon berichtet unter anderem auch in unserem Science-Thriller “Probe 12”.

Termine, Termine

26.11. 19 Uhr ARTE Saloon “Mikrobiom - Die Macht der Mikroben”

Ich bin als Podiumsgast eingeladen beim interaktiven Format ARTE- Saloon auf dem youtube-Kanal von arte. In diesem Format werden interessante Reportagen von arte nochmal mit Fachleuten diskutiert und Fragen aus dem Chat beantwortet.

Es wird darum gehen, welchen Einfluss die Mikroorganismen auf uns haben, wie wir das Wissen darüber nutzen können und was wir noch nicht verstehen. Und ich werde etwas über die Inhalte meines Sachbuches “Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Türklinke” interviewt.
Ihr könnt live dabei sein und eure Fragen stellen.

Für alle, die sich schon vorab informieren wollen - hier ist der Link zur sehenswerten Reportage “Die Macht der Mikroben” (Opens in a new window)

Das war es von mir :-). Der November-Newsletter ist ganz schon lang geworden.

Ich sende euch herzliche Grüße aus dem Mikrobenzirkus.

Schreibt mir sehr gern, ich freue mich über ein Like oder über Feedback

Viele Grüße

Eure Susanne Thiele

Schreibcommunity

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