Geht's hier eigentlich noch um Hessen?
Die Hessenwahl am 8. Oktober rückt näher, doch beim Blick auf Wahlplakate, Wahlkampf und Social-Media-Auftritte stellt sich die Frage: Interessiert sich da überhaupt noch jemand für die Probleme in Hessen?
Dass Landtagswahlen meist von der aktuell vorherrschenden bundespolitischen Stimmung geprägt sind, ist nichts Neues. Nur so lässt sich erklären, dass eine völlig inhaltsleere Partei mit Haken trotz eines enorm schwachen Personals laut neuester Trends auf 17 Prozent kommt.
(Opens in a new window)Bild © hessenschau.de (Opens in a new window)
Wen die 17 Prozent der hessischen Wähler:innen Stand jetzt offenbar im Landtag haben wollen, kann man sich hier (Opens in a new window) anschauen. Der Kandidat:innen (Opens in a new window)-Check zeigt: Die Partei mit dem Haken bietet von Mitgliedern des vom Verfassungsschutz beobachteten "Flügels" über Menschen, die vom "Bevölkerungsaustausch" fabulieren (Opens in a new window), bis hin zu einem Ex-Fußballer allerhand. Nun.
Gut am Kandidat:innen-Check ist, dass hier klar auf Hessen zugeschnittene Fragen (mehr oder weniger klar) beantwortet werden müssen. Genau das lassen viele Wahlplakate der Parteien heftigst vermissen. Einige Beispiele:
"Die Mitte macht das Land" - okay, danke FDP. Schon stylisch, aber was soll das bedeuten? Ist hiermit der Mittelstand gemeint, der das Land macht? Oder die politische Mitte? Und worunter würdet ihr euch da genau subsumieren?
In der wochenlangen völlig überhitzt geführten Debatte hat sich die Hakenpartei ja ohnehin schon durch ihre einfachst mögliche Haltung, populistisches Geplapper + schnöde Ablehnung und ansonsten winken und lächeln, in die Herzen derer katapultiert, die die - tatsächlich durchaus komplexe - Heizungsdebatte (Opens in a new window) gar nicht erst verstehen wollten. Mit dem Plakat insinuiert die Partei in Hessen nun offenbar, es solle in Zukunft, fernab der ohnehin schon bestehenden jährlichen Kontrollen (Opens in a new window), weitere Heizungskontrollen geben? Man weiß es nicht genau, aber stattdessen werden jedenfalls Grenzkontrollen vorgeschlagen. Nur...in Hessen gibt es keine Grenzen? Sollen jetzt etwa die benachbarten Bajuwaren vor dem anstehenden Shoppingtrip ins Hessen-Center an der A66 kontrolliert werden? Oder meint die Partei hier etwa bundesweite Grenzkontrollen? Möglich, damit hat es ja schon Boris Rhein versucht (Opens in a new window), aber Leute: Thema verfehlt, da hilft eine Hessenwahl reichlich wenig.
Nicht viel besser übrigens sind die Wahlplakate der hessischen Grünen, die meist sehr vage bleiben und mit Sätzen wie, "Entschieden für Hessen" (ja zum Glück auch, Saarland wäre jetzt ungünstig), "Mut zu machen" und "Öko wie Ökonomie" (Opens in a new window) eher ein müdes Lächeln hervorzaubern, denn seien wir ehrlich: Das hätte so z. B. auch in Brandenburg aufgehängt werden können, lediglich die Köpfe auf den Plakaten wären andere.
Nahezu alle größeren Parteien nutzen Personenposter. Inhaltlich wenig wertvoll, aber durchaus verständlich, dienen diese doch dazu, den Bekanntheitsgrad von Politiker:innen zu erhöhen. Solche nutzt auch die SPD, die es jedoch zusätzlich mit einem etwas anderen Ansatz versucht. Einige große Plakate der Hessen-SPD lassen die Letter "SPD" bewusst vermissen. Bei dem Plakat "Es fehlen Lehrerinnen." (Opens in a new window) beispielsweise soll allein die dicke rote Schrift auf die Partei hindeuten, bei den Wähler:innen wird also etwas Assoziationsvermögen vorausgesetzt. Ob das klappt, bleibt abzuwarten. Immerhin wurde das Thema nicht verfehlt, ist Bildung doch Ländersache und gleichzeitig auch eines der wichtigsten Themen vor der Landtagswahl in Hessen, gerade auch für junge Menschen (Opens in a new window).
(Opens in a new window)Bild © hessenschau auf Instagram (Opens in a new window)
Während bei den Linken durchaus ein klarer Fokus auf die Probleme in Hessen (Opens in a new window) zu erkennen ist, schafft selbiges auch die CDU, die sich z. B. in einem Plakat mit der Grunderwerbssteuer befasst. Ein Thema also, welches auf Landesebene geregelt werden kann. Auch das Thema Gesundheitsversorgung ist eines, welches in Hessen angegangen werden muss, leidet der ländliche Bereich doch mittlerweile sehr unter einer Unterversorgung an Hausärzt:innen (Opens in a new window).
Umso befremdlicher, dass die CDU Hessen es offenbar dennoch für nötig hält, hin und wieder irritierend falsche Informationen in Tweets zu packen, wie jüngst zum Thema Bahnhofsviertel Frankfurt. Die Antworten und Community-Notes unter dem Tweet/X (oder wie auch immer man diese Plattform nun nennt) sprechen eine deutliche Sprache, die für die Hessen-CDU peinlicher kaum sein könnte:
https://twitter.com/cdu_hessen/status/1700461724795605186?s=48&t=Y5RknRrHmMO-hv_UYe9-Yw (Opens in a new window)
Wie hoch der Einfluss von Wahlplakaten und Social-Media-Posts auf die Entscheidung der Wähler:innen schlussendlich ist, bleibt fraglich (Opens in a new window). Sich allerdings hierbei ausschließlich auf hessische Themen zu fokussieren, kann schon verlangt werden. Dass die Punkte dann auch noch inhaltlich korrekt aufbereitet sind, mag man sich wünschen, allerdings bleibt das in Zeiten von bewusst gestreuten Misinformationskampagnen eher ein frommer Wunsch. Ein Wunsch, der nur dann real wird, wenn die Parteien noch so etwas wie Ehrgefühl und Anstand besitzen. Und in der Hinsicht wird's mit Blick nach Thüringen (Opens in a new window) langsam immer schwieriger.