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Das erste Gamebook: Consider the Consequences


Im Zuge meiner Rezension von Steve Jackson's Sorcery! (Opens in a new window), das kürzlich mit allen vier Teilen der Analand-Saga als Sammlung für PS4/5, XBS und Switch erschien, wollte ich etwas mehr über die Wurzeln dieser Abenteuer-Spielbücher erfahren.  Einige von euch kennen vielleicht Klassiker wie "Einsamer Wolf" von Joe Dever oder moderne Varianten wie "Reiter der Schwarzen Sonne" von Swen Harder.

Ich spiele auch heute noch gerne diese Solo-Abenteuer, die in den 80ern eine ganze Generation von Fantasyfans geprägt haben. Für viele waren sie der Einstieg in "echte" Rollenspiele wie Dungeons & Dragons, RuneQuest oder Das Schwarze Auge. Mittlerweile werden nahezu alle Themen von Horror bis Science-Fiction abgedeckt, außerdem sind aus dem Prinzip der Entscheidungen auch Spiele wie Heavy Rain oder Life Is Strange entstanden.

Eigentlich war ich überzeugt, dass es vor 1982, als die so genannte "Fighting Fantasy" von Steve Jackson und Ian Livingston mit The Warlock of Firetop Mountain erstmals im Handel erschien, keine relevanten Gamebooks gab. Mit Ausnahme der ursprünglich für Kinder konzipierten Reihe Choose Your Own Adventure (CYOA) von Edward Packard, die seit 1979 kommerziell sehr erfolgreich war - er galt auch für mich als Urvater dieser Spielart, die übrigens aus Gute-Nacht-Geschichten für seine Tochter entstanden sein soll. Immerhin haben zunächst Bantam Books und dann Random House diese Pionierrolle auch immer so für sich beansprucht.

Aber da lagen die Verlage (und ich) falsch, denn die Wurzeln reichen viel weiter zurück, bis ins Jahr 1930: Damals erschien Consider the Consequences! (Opens in a new window) von Doris Webster (1885-1967) und Mary Alden Hopkins (1876-1960). 

Es ging zwar nicht um Fantasy, sondern um eine romantische Beziehungsgeschichte, aber die amerikanischen Autorinnen wurden für dieses literarische Experiment von der Kritik gefeiert: "The most amazing combination of parlor game and fiction that has yet been published", schrieb etwa das Boston Transcript. Aktuellere Kommentare dazu findet ihr auch hier (Opens in a new window).

Schon der Einstieg ist interessant, denn man wählt entweder die Perspektive einer Frau oder die eines von zwei Männern, wobei sich die drei unterschiedlichen Erzählstränge irgendwann überlappen - eine überaus komplexe Struktur: Für Helen gibt es 17, für Saunders 16 und für Jed zehn mögliche Enden, so dass man auf 43 unterschiedliche Ausgänge kommen kann. Abgesehen davon, dass dieses Buch meisterhaft komponiert war, war es laut Kritik auch noch richtig gut geschrieben.

Und: Es gilt mittlerweile als das erste offizielle Gamebook. Meines Wissens gab es nie eine deutsche Übersetzung, das Buch selbst dürfte hierzulande höchstens antiquarisch erhältlich sein. Aber es gibt eine englischsprachige Lesung auf YouTube (Opens in a new window) von James Ryan (Opens in a new window), die mit dazu beigetragen hat, den Stellenwert dieses Buches zu würdigen und der mir netter Weise sein Bildmaterial der Originalausgabe freigegeben hat. Vielen Dank nochmal nach Minneapolis!

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