Elden Ring als Comedy-Manga
Ich bin kürzlich im Comicshop über Elden Ring gestolpert - und konnte Melina auf dem Cover nicht widerstehen. Also hab ich kurz reingeblättert, den Stil für angenehm befunden und die zwölf Euro für Band 1 bezahlt. Ich wollte ohnehin irgendwann ausführlicher auf die Story des Action-Rollenspiels eingehen, wenn die erste Erweiterung naht. Das wird wohl nicht vor April 2024 geschehen, also bleibt noch genug Zeit für Lektüre.
Der erste Band ist ja schon am 12. April 2023 als Softcover für zwölf Euro bei altraverse (Opens in a new window) erschienen, die auch NieR hierzulande veröffentlichten. Auf der Webseite des Hamburger Verlags gibt es seit Oktober 2022 (parallel zum Release in Japan, als so genannte Simulpub (Opens in a new window)) die ersten drei Kapitel gratis in digitaler Version; ihr findet sie auch bei Amazon & Co.
Dieser Manga kann mit seinen geplanten drei (oder mehr) Bänden vielleicht diese Lücke zur Erweiterung füllen und die Kenntnisse der nebulösen Story auffrischen. Er schildert sie aus der Perspektive eines Befleckten, der von Gnade, Verpflanzten und Halbgöttern keine Ahnung hat. Er landet halbnackt in den Zwischenlanden, wird von Varrés wirren Worten begrüßt, dann vom Goldenen Ritter so richtig vemöbelt und versteht nur Bahnhof, als Melina ihm ein Angebot macht.
Der Zeichenstil orientiert sich am Artdesign des Spiels und man erkennt alle Charaktere sowie Orte auf Anhieb. Das ist also keine Kulleraugenvariante, allerdings geht es eher humoristisch als ernst zu. Wer das als Interpretation ablehnt, wird natürlich nicht damit warm werden. Aber ich empfand es ganz erfrischend, dass man damit dem ganzen Pathos rund um die ultraschwere Weltrettung den Spiegel vorhält.
Das mag ein wenig gewöhnungsbedürftig sein, ich hatte nach den ersten Seiten auch schon Klamauk befürchtet, aber der Schreibstil nähert sich solider Comedy, so dass aus meiner Sicht nicht so überdreht wird, dass die Atmosphäre zerbricht. Man darf auch nicht vergessen, dass das in Japan viel eher dazugehört - und selbst im apokalyptischen Berserk gab es neben aller dämonischen Ernsthaftigkeit immer etwas Kitsch und Augenzwinkern.
Nikiichi Tobita (Opens in a new window) hat selbst Erfahrung mit dieser Erzählweise. Er ist als Illustrator sowie Zeichner seit über einem Jahrzehnt aktiv und hat als Manga-Autor u.a. das mehrbändige Fantasy-Abenteuer Monster x Monster (2014) sowie das historische Abenteuer Shinobi Gataki (2016) geschrieben, in dem Ninja gegen Samurai antreten. Hierzulande dürfte er aufgrund fehlender Übersetzungen recht unbekannt sein, aber Elden Ring: Der Weg zum Erdenbaum ist komplett auf Deutsch erhältlich.
Man erlebt die Erzählung quasi wie einen Kommentar eines zunächst verwirrten, aber mit jedem Aufstieg stärkeren Videospielers, der sich natürlich hoffnungslos überschätzt. So kann man sich in einigen Szenen wiedererkennen und schmunzeln. Man merkt an vielen Stellen, dass Tobita selbst gezockt und sich Gedanken gemacht hat. Melina ist übrigens alles andere als überzeugt von diesem "Volltrottel", der ja von Sturmwind ausgewählt wird. Aber mit der Zeit entwickelt sich diese Beziehung.
Interessant sind auch die Situationen, in denen die Sicht zu den Bossen bzw. Halbgöttern wechselt. Etwa als Godrick der Verpflanzte in seinem Schloss Sturmschleier die Körperteilekunst seiner Untertanen verreißt und einen lebenden Befleckten als Versuchskaninchen fordert. Dann wechselt die Story wieder zum Helden, der von der Jagd auf ihn noch nichts ahnt und zum zweiten Mal vom Goldenen Ritter vermöbelt wird, obwohl er sich einbildet, ihn auf Sturmwind besiegen zu können.
Nebenbei erfährt man mehr über die Nichtspielercharaktere, auch wenn man natürlich nicht weiß, inwiefern das zum Kanon gehört. From Software dürfte jedoch seinen Segen gegeben haben, zumal dieser Manga in Japan von der eigenen Mutter, der Kadokawa Corporation herausgebracht wird. Apropos: Wohin ist Königin Marika nach der Nacht der Schwarzen Messer verschwunden, als Godwyn der Goldene umgebracht wurde? Wie haben sich die Halbgötter verhalten?
Auch auf diese entfernten Hintergründe dürfte der Manga neben der chronologischen Abfolge der Story einiges an Licht werfen. Oder zumindest so viel, dass man vor der Erweiterung nochmal erzählerisch verwurzelt wird. Ich habe den Kauf jedenfalls nicht bereut, die etwas über 170 Seiten in einem Schwung durchgeschmökert und werde mir die kommenden Bände zulegen. Am 28. August geht es in Teil 2 weiter; ein dritter Teil ist schon mit einem Cover, aber ohne Termin angekündigt.