Niemand braucht Rock Bottom
von Mika
Der tragische Held allein in der Nacht, eine Flasche noch in der Hand, strauchelt er durch regnerische Gassen. Haus weg, Frau weg, Geld weg. Nur der Alkohol ist noch da. Er streitet mit den Schatten seiner Vergangenheit, taumelnd nimmt er einen weiteren Schluck, alles verschwimmt, dann wird es dunkel. Aufblende: Er erwacht im hell erleuchteten Krankenhauszimmer. »Sie hätten tot sein können«, sagt eine Krankenschwester mit fürsorgerischer Strenge. Er ist ganz unten angekommen: Rock Bottom. Der harte Felsboden der Realität ist das Fundament, auf dem er ein neues Leben aufbauen kann.
Rock Bottom (zu deutsch: »Fels« und »Boden«) meint den absoluten Tiefpunkt im Leben von Trinker:innen, das Ende der Fahnenstange, Punkt. Schluss. Finito. Erst dann, so die Idee, können Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen wirklich Motivation entwickeln, um abstinent zu werden. Es ist der Moment, der uns wachrüttelt, eine Situation die so schrecklich ist, dass sie unbedingt zur Einsicht führen muss. Rock Bottom begegnet uns in der Literatur der Anonymen Alkoholiker, in Serien und Filmen als Plot-Element und in der Popkultur.
That′s rock bottom,
When this life makes you mad enough to kill
That′s rock bottom
When you want something bad enough to steal.– Eminem, Rock Bottom, 1999
(Er ist jetzt 16 Jahre sober)
Bis heute geistert diese Idee unhinterfragt durch die Gesellschaft. Und das ist ein Problem.
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