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Jahresrückblick 2023

  • Ein negativer Trend, der sich 2023 fortgesetzt hat

  • Einige Highlights 2023

  • Ausblick auf 2024

Ein Vorwort in eigener Sache

In der Weihnachtsausgabe (Opens in a new window) des Newsletters hatte ich einen Jahresrückblick angekündigt, der nun zum Glück, quasi auf den letzten Drücker, noch fertig geworden ist. Der Grund für die Verspätung: Mein Blog Seriennotizen wurde kurz vor Weihnachten gehackt und mit Viren infiziert. Ich musste ihn offline nehmen und war nach den Feiertagen erst einmal damit beschäftigt zu retten, was zu retten ist. Das war zum Glück mehr, als ich befürchtet hatte. Es wird aber noch ein wenig dauern, bis ich die Inhalte wieder online stellen kann. In der Zwischenzeit ist hier nun aber erstmal mein Blick zurück auf 2023.

Ein Trend setzt sich fort

Für Fans queerer Frauenfiguren war 2023 vor allem durch eines geprägt: Abschiede.

Manchmal ging eine Serie geplant zu Ende, wie beispielsweise Star Trek: Picard. Sehr häufig aber waren es einseitige Entscheidungen der jeweiligen Sender oder Streaming-Services. Vor allem Netflix & Co. haben anscheinend beschlossen, den Gürtel enger zu schnallen und ihre Serienproduktionen zurückzufahren. Und nein, auch wenn sie das gern behaupten, hat dies nicht nicht nur etwas mit den Streiks der Autor*innen und Schauspieler*innen zu tun. Tatsächlich ist dieser Trend schon seit einer Weile erkennbar, deutlich vor Streikbeginn. Und besonders häufig sind davon Serien mit queeren Frauenfiguren betroffen.

Cancel Your Gays

Mika Epstein von der Seite LezWatch.TV hat im August einige Zahlen zusammengestellt (Opens in a new window) und es ist deprimierend. Nicht nur gibt es weniger neue Figuren, sondern wir verlieren auch die, die wir schon hatten. Und damit meine ich nicht nur, dass es mit diesen Figuren keine neue Folgen gibt. Wohl aus steuerlichen Gründen haben einige Services begonnen Serien, die nicht weiterproduziert werden, von der Plattform zu nehmen. Und da im Zeitalter des Streamings nicht mehr alle Serien auf DVD bzw. Bluray veröffentlicht werden, sind manche Serien und Serienfiguren damit tatsächlich verloren. Besonders schade finde ich das persönlich bei der Serie Willow, eine Fortsetzung des gleichnamigen Fantasyfilms aus den 1980er Jahren, die von Disney+ nach nur einer Staffel eingestellt wurde und inzwischen auf der Plattform nicht mehr verfügbar ist. Die Liebesgeschichte zwischen Prinzessin Kit und der angehenden Ritterin Jade war eines meiner Highlights in diesem Jahr.

Weitere Beispiele: A League of Their Own wurde von Amazon zunächst um eine weitere, wenn auch abschließende und verkürzte Staffel verlängert, dann jedoch vollständig abgesetzt. Immerhin ist die erste und nun einzige Staffel noch bei Amazon Prime verfügbar. Die dritte und letzte Staffel von The L Word: Generation Q schaffte es nach der Absetzung der Serie nicht einmal mehr auf eine deutsche Plattform. Der Sender ABC ließ sich mit einer Entscheidung über das Schicksal von Home Economics und The Rookie: Feds sehr viel Zeit, bis die Serien schließlich doch beide beendet wurden. Schneller war man dagegen bei der Absetzung von Station 19. Noch vor dem Start der neuen, aufgrund des Streiks verkürzten Staffel im kommenden März kam die überraschende Nachricht von ABC, dass es danach für das Grey’s Anatomy-Spinoff nicht weitergeht.

Vorsichtiger Optimismus bei deutschen Serien

Etwas anders sieht es dagegen bei uns aus. Zwar wurde Hotel Mondial vom ZDF nach zwei Staffeln beendet. Überwiegend geht der Trend jedoch in eine andere Richtung. So umfangreich wie in diesem Jahr war die Übersicht queerer Frauenfiguren in deutschen Serien, die aktuell noch laufen bzw. von denen neue Folgen produziert werden, noch nie. U.a. hat ZDFneo überraschend eine neue Staffel von Loving Her produzieren lassen. Und mit Chiara und Ava in Alles was zählt gibt es auch mal wieder ein Soap-Paar, das viele Fans begeistert. Hoffen wir, dass es so weitergeht.

Highlights

Abgesehen von dem oben beschriebenen negativen Trend gab es aber zum Glück auch Positives wie z.B. Storylines und Figurenentwicklungen, die mich berührt oder beeindruckt haben. Hier sind einige meiner persönlichen Highlights.

The Last of Us

Ich habe lange gezögert, bis ich mich an The Last of Us gewagt habe. Ich habe das Computer-Spiel, auf dem die Serie basiert, nie gespielt und bin grundsätzlich kein Fan des Horror-Genres. Aber es hat sich gelohnt. Die nichtbinäre Schauspieler*in Bella Ramsey ist großartig in der Rolle des lesbischen Teenagers Ellie, die der Schlüssel zur Rettung der Menschheit vor der Zombie-Apokalypse sein könnte. Ellies Geschichte, insbesondere ihre erste Liebe, ist rührend und tragisch zugleich. Dass sie keinen Aufschrei ausgelöst hat, weil sie u.a. mit dem problematischen Erzählmuster “bury your gays” arbeitet, dürfte zum einen in der Natur der Serie liegen - es ist nun einmal Horror und Figuren sterben. Daneben haben die Verantwortlichen vorher mehr als bewiesen, dass sie Homosexualität nicht als etwas grundsätzliche Tragisches sehen, nämlich mit der wunderbaren Liebesgeschichte des schwulen Paares Bill und Frank in Folge 3, “Long, Long Time” - für mich eine der besten Serienfolgen des Jahres.

Captain Seven

Ein weiteres Serienhighlight in diesem Jahr war für mich die dritte und letzte Staffel von Star Trek: Picard. Zwar war ich ein wenig enttäuscht, als klar wurde, dass Raffi und Seven in den neuen Folgen kein Paar mehr sind. Aber beide haben jeweils großartige Storylines und am Schluss trotzdem eine Art Happy End, wenn auch (noch) kein romantisches. Die Serie endet mit Seven of Nine als neuem Captain der Enterprise und Raffi als ihrer Ersten Offizierin - zwei queere Frauen über 50, die das Flaggschiff der Sternenflotte anführen, wie toll ist das bitte?

Michelle Hurd als Raffi Musiker und Jeri Ryan als Seven of Nine in „Star Trek: Picard"

Michelle Hurd als Raffi Musiker (links) und Jeri Ryan als Seven of Nine in „Star Trek: Picard"

Mayas Therapiesitzung mit Doctor Diane in Station 19 (Staffel 6, Folge 8)

Mayas und Carinas Storyline zu Beginn der sechsten Staffel von Station 19 war schmerzhaft und kaum zu ertragen, vor allem als man noch nicht wusste, in welche Richtung es geht. Würde Maya sich weiter selbst zerstören und ihre Ehe gleich mit oder würden sie wieder zueinander finden? Zum Glück gibt es Doctor Diane, eine meiner Lieblingsfiguren in der Serie und nicht nur, weil ich ein Fan von Darstellerin Tracie Thoms bin. Wie sie es schaffte, zu Maya durchzudringen, damit diese sich endlich helfen lässt, war nicht nur gut geschrieben, sondern von Tracie Thoms, vor allem aber auch Danielle Savre als Maya beeindruckend gespielt. Aber auch Stefania Spampinato spielte die zutiefst von Mayas Verhalten verletzte Carina großartig. Für die siebte und leider wohl finale Staffel haben die beiden sich ein Happy End - hoffentlich in Form des ersehnten Nachwuchses - redlich verdient.

Danielle Savre als Maya Bishop (vorn) und Tracie Thoms als Dr. Diane Lewis in „Station 19”

Queere Frauenfiguren über 40

Mit der Initiative “Let’s Change The Picture” (Opens in a new window) machen das Online-Portal Palais Fluxx und Schauspielerin Gesine Cukrowski, unterstützt von vielen ihrer Kolleginnen, seit Anfang des Jahres verstärkt darauf aufmerksam, dass Frauen ab einem gewissen Alter in den Medien nicht mehr realistisch repräsentiert werden und es an vielfältigen Rollen für Schauspielerinnen fehlt, die älter als 47 sind. Das ist für queere Frauenfiguren leider nicht anders. Aber immerhin gab es in diesem Jahr einige im „mittleren Alter”: Neben den schon erwähnten Seven und Raffi in Star Trek: Picard waren da Eva und Uli in Hotel Mondial sowie Silke Eilers und ihre Frau Gabi in Rote Rosen, die die Serie aber wohl inzwischen wieder verlassen haben. Ein Wiedersehen wird es dagegen mit Kommissarin Staša Novak geben, die in der letzten Folge des Kroatien-Krimis mit der Gerichtsmedizinerin Brigita im Bett gelandet ist, denn von dieser Reihe werden neue Folgen gedreht. Außerdem ist da noch DCI Amy Silva in der BBC-Serie Vigil. Und in der britischen Soap Eastenders gibt es Suki und Eve, die nun endlich auch offiziell ein Paar sind. Vielleicht wird hieraus ja ein positiver Trend.

Ausblick auf 2024

Zum Schluss noch einige Serien und Serienfiguren, auf die ich mich 2024 freue bzw. auf die ich hoffe:

  • Ab Februar gibt es in den USA neue Folgen von NCIS: Hawai’i mit dem Frauenpaar Lucy und Kate, ab März dann auch die neuen Folgen von Station 19 mit Maya und Carina.

  • Einen deutschen Starttermin für die zweite Staffel von Vigil mit dem Frauenpaar Amy und Kirsten gibt es noch nicht, ich hoffe aber sehr, dass wir darauf nicht mehr allzu lang warten müssen.

  • Den Kroatien-Krimi hatte ich oben schon erwähnt. Staša und Brigita haben wirklich eine tolle Chemie und ich hoffe sehr, dass diese Geschichte weiterentwickelt wird.

  • In Australien kann das Orphan Black-Spin-off Orphan Black: Echoes mit Keeley Hawes schon gestreamt werden, für die USA ist es für 2024 angekündigt und kommt dann hoffentlich auch schnell zu uns.

Und ansonsten lasse ich mich überraschen, was das Jahr bringt, hoffentlich aber jede Menge interessante queere Frauenfiguren und die ein oder andere schöne Liebesgeschichte.

Danke fürs Abonnieren und Lesen des Newsletters. Ich wünsche euch einen guten Rutsch ins neue Jahr und ein ganz tolles 2024!