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Episode #47

08.09.2024: Sonnenaufgänge finden wieder zu Tageszeiten statt.

Wandering the Museum of Failures

Bilder schauen mich an oder ich sie.

Immer wieder, Raum nach Raum, dieselben Werke der Vergangenheit eingerahmt in scharfkantigem Metall.

Der Raum ist leer.

Nicht viel mehr als Hall, unsichtbare Wellen aus sonnengewärmter, stickiger Luft, und dumpfes Pochen hinter den Wänden.

Und ich. Irgendwo dazwischen. Nicht in den Gemälden und auch nicht davor. Irgendwie nirgendwo. Zwischen Vergangenheit und Zukunft liegt eine Verbindung aus Nichts, kein Dazwischen, nicht hier, ein Zwischenraum so minimal, dass er unüberbrückbar ist.

Die Bilder sprechen, nicht wirklich, aber für mich und ich kann auswendig aufsagen, was ihre Worte aus meinem Mund hervorbringen. Erinnerungen schlingen mich in quetschende Umarmungen und das Unterbewusstsein, dieser hauchdünne Faden zwischen mir und jedem Pinselstrich, überschüttet mich mit jedem Vorwurf, den ich mir jemals gemacht habe. Vom Anfang des Raumes bis zu dem Punkt, an dem ich stehe.

Nichts davon passiert real und irgendwie doch. Vielleicht weil es längst passiert ist.

Es gibt solche Museen, die nie jemand von innen sieht. Niemand anderes. Manches Mal nicht einmal die Person, der es gehört.

Und dann gibt es solche, in die beinahe jeder ungehindert hineinspazieren kann. Solche, in denen die Pforten weit geöffnet stehen und das Sonnenlicht in fahlen Streifen durch deckenhohe Fenster in den Raum dringt. Solche, in denen die wahre Magie beginnt.

Ich reiße die Vorhänge herunter und schlage die Türflügel auf. Ich stehe keuchend und unsichtbar neben dem Strom an fremden Menschen, die neugierige Blicke auf all diese misslungenen Momente meines Lebens werfen.

Die überwiegende Mehrheit von ihnen hastet durch den Raum mit flüchtigem Blick, denn was für mich ein Ausstellungsstück wurde, ist für sie nicht mehr als ein alltäglicher Schnipsel eines anderen Lebens. Nicht weiter wild. Vergangen. Bin ich noch ich, wenn ich es ihnen gleichtue?

Nur wenige betrachten die Werke intensiv und der bedeutend kleinere Teil von ihnen spottet mit schiefem Grinsen und ausgestrecktem Finger über das, was er da sieht. Es macht den Augenblick der Entstehung nicht rückgängig. Es macht in auch nicht schlimmer.

Denn der wirklich bedeutende Zauber geht von den übrigen Besuchern aus, von denen, die mit offenen Mündern minutenlang stumm auf ein Bildnis absoluter Schwärze starren oder denen, die sich gebannt mit der Hand neben dem Rahmen abstützen und den anderen zurufen:

Schau mal, das ist mir auch passiert.

Das könnte ich sein.

So fühle ich mich auch.

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