Vom Suchen und Ankommen

Liebe Leser:innen,
vielleicht sind Sie gerade auch wütend oder reden, von der Verzweiflung eingenommen, nur noch abgestumpft darüber: das Wohnen. Es sind emotionale Gespräche, die ich gerade mit Freund:innen dazu führe. Kein Wunder, denn was ist intimer als ein Zuhause?
Meine Wohnungssuche dauerte mehr als ein Jahr. Jeden Tag schrieb ich Bewerbungen, legte eine Mappe über mich an, schrieb darin über meine Hobbys und Heimat, den Grund für meinen Umzug, über meinen Job und was ich gerne am Wochenende mache. Den Tipp für diesen Seelen-Striptease hatte mir ein Vermieter nach einer freundlichen Absage gegeben. Unter Hunderten Bewerbungen müsse ich, besonders als Selbstständige, irgendwie herausstechen. Es funktionierte, nach Monaten der Verzweiflung bekam ich endlich eine Zusage.
Ich hatte Glück, andere bleiben ewig auf der Suche – ihr Leben in einen Koffer gezwängt, immer bereit, weiterzuziehen. In Gesprächen mit Freund:innen zeigt sich das Grauen in Worten: Staffelmiete, Zweck-WG, Schufa, Schimmelbefall, Wasserschaden und das schlimmste Wort von allen: Eigenbedarf.
Paula Hilsemer lebte 70 Jahre lang in derselben Wohnung in Köln. 52 Quadratmeter wurden zu ihrem Zuhause. Im Dezember 2024, mit 94 Jahren, bekommt sie den Brief: Kündigung wegen Eigenbedarf. Luisa Thomé hat Paula in der Wohnung besucht, die sie nicht verlassen will, weil sie viel mehr ist als nur 2 Zimmer, Küche, Bad. Ein Text, den ich allen empfehlen kann – den Suchenden genau so wie jenen, die endlich angekommen sind.
Ihre
Charlotte Köhler


Paula soll ausziehen
70 Jahre lang lebte Paula in ihrer Kölner Wohnung. Hier wuchs ihre Tochter auf, hier erfuhr sie, dass ihr Mann gestorben war. Mit 94 Jahren bekommt sie den Brief: Kündigung wegen Eigenbedarf. Darf man ein Zuhause nehmen?
Luisa Thomé · ZEIT (€) · 18 Min. (Opens in a new window)

Rückkehr nach Syrien
Mustafa Fahham ist Nierenarzt, vor elf Jahren verließ er seine Heimat Syrien, baute sich ein Leben in Deutschland auf. Als das Regime von Baschar al-Assad in Syrien fällt, kehrt er zurück.
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Der Klügere gibt nach
Die Harvard University wurde in Trumps Angriff auf Wissenschaft und Bildung zum Zentrum des Widerstands. Studierende und Professor:innen wehren sich, denn sie wissen: Man kann nur einmal seine Seele verkaufen.
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Satz der Woche
»Ich frage mich: Wie fragil ist die Würde des Bundestags, wenn eine Mütze sie bedroht?«

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