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Sprich nicht darüber

❗Was anfangen mit unseren Privilegien? Ich habe da schon ein paar Mal darüber geschrieben, und gerade kam die Frage in meinem Umfeld wieder auf, angesichts von Faschismus und Klimakrise.

Die Antwort ist klar: Unsere Privilegien einsetzen, damit es anderen besser geht, weil es uns dann auch besser geht. Diese grundlegende Einsicht leben, weil sie der Kern dessen ist, was uns die Klimakrise zeigt: Stirbt der Planet, sterben wir, no man is an island, wir alle sind verbunden: Menschen, Tiere, Pflanzen.

Eine alte Frage, die wir schon im Philo-Unterricht in der Schule hatten, drängt sich dabei auf: darüber reden, oder nicht?

Das Schöne an Privilegien ist ja, dass man mit ihnen angeben kann, damit andere einen bewundern: Mein schickes Haus, mein schicker Blog, mein knackiger Arsch.

Umgekehrt gilt das ebenfalls.

Ich kann auch zeigen, wie sehr ich meine Privilegien teile und aufgebe, um damit Bewunderung zu bekommen. Doch ich glaube, das ist toxisch auf zweierlei Weise.

Etwas aufgeben, heißt ja auch, etwas zu opfern, und das ist okay, bis es nicht mehr okay ist, weil es an irgendeinem Punkt nicht mehr nachhaltig ist, und der Raubbau am eigenen Selbst beginnt.

Wollis Hungerstreik – könnte man meinen – ging in diese Richtung, aber er hatte eine klare strategische Richtung, und als das Ziel unerreichbar schien, hat sich Wolli nicht ins Märtyrertum gestürzt. Es war kein Sich-Opfern für den Applaus.

Sich-Opfern für den Applaus hingegen ist letztlich auch nur eine Art und Weise neue Privilegien anzuhäufen: Aufmerksamkeit. Langfristig ist das aber nicht durchzuhalten, denn wenn nichts mehr da ist, was geopfert werden kann, geht es nicht weiter. Ups.

Toxisch an dieser Vorgehensweise ist auch, dass es eine implizite Hierarchisierung aufmacht: Seht her, ich opfere viel, deswegen bin ich ein besserer Mensch.

Ich kenne die Verlockung, so vorzugehen, habe das sicherlich 1001-mal gemacht. Aber auf die Weise stärken wir nur das grundlegende Frame unserer patriarchal-kapitalistischen Gesellschaft: es gibt gute Menschen und es gibt weniger gute Menschen. Es gibt Menschen, die sind mehr wert und es gibt Menschen, die sind weniger Wert.

Wollen wir aus diesem System rauskommen, dann muss gelten: Teil deine Privilegien und sprich nicht darüber.

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