“Unser tägliches Brod” - Bilder und Gedanken
In meiner Bibliothek befindet sich eine Mappe aus dem Leipziger Verlagshaus von Alphons Dürr (Opens in a new window), der sich vor allem illustrierten Büchern widmete. Dürr, gestorben 1908 mit erstaunlichen 80 Jahren, verlegte Ende des 19. Jahrhunderts ein Buch oder eben eine Mappe mit 15 Zeichnungen des bedeutenden Spätromantik- und Biedermeier-Malers Ludwig Richter (Opens in a new window).
Diese 15 Bilder widmen sich dem Brot, oder “Brod”, wie es damals noch hieß. Wie mir schon in einigen anderen Publikationen dieser und auch früherer Epochen aufgefallen ist, spielt dabei das Brot selbst nur eine untergeordnete Rolle. Es kommt erst sehr spät zum Tragen. Die meisten Seiten dieser Mappe füllt die Landwirtschaft, das Säen, das Wachsen, das Ernten, das Lesen der heruntergefallenen Körner vom Acker. Nur je ein Bild nehmen das Mahlen und Backen ein.
Diese Beobachtung ließ mich innehalten, denn berufs- und hobbybedingt kreisen meine Gedanken vor allem um das Brotbacken selbst. Aber hineinversetzt in die Zeit vor 150 Jahren und davor, war das beileibe nicht der kritischste Akt auf dem Weg, den eigenen Hunger zu stillen. Alles, wirklich alles hing von der erfolgreichen Aussaat und Ernte ab. Ohne Korn kein Brot. Man war auf Gedeih und Verderb den Naturgewalten unterworfen, dem Boden, dem Saatgut, dem Ungeziefer, dem Wind, dem Regen und anderem mehr. Davon hing ab, ob es im nächsten Jahr Brot gab oder nicht. Der Bäcker würde schon was daraus machen. Hauptsache, das Korn war erst einmal geerntet und im Trockenen.
Diese Abhängigkeit äußerte sich in einem starken Gottesglauben. Wer ohnmächtig ist, muss hoffen, glauben. Auch dieser Aspekt durchzieht die eindrucksvollen Zeichnungen Richters.
Die Zeichnungen sind um 1900 in der 9. Auflage erschienen und inzwischen nach der geltenden Rechtslage gemeinfrei. Ich bin so tief beeindruckt davon, dass ich sie gern mit dem einen oder anderen Kommentar wiedergeben und für die Nachwelt digital zur Verfügung stellen möchte. Tauchen wir ein in eine für uns heute völlig andere Welt.
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