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Dieses Buch habe ich vor langer Zeit geschrieben, es erschien im Jahr 2000, da waren die Begriffe „Heimat“ und „Flucht“ noch Wörter, die man selten, und wenn, dann nur sehr geniert in den Mund nahm. Genau so ging es mir - bis zu dem Moment, als ich in das ostpreußische Dorf fuhr, aus dem mein Vater stammt. Für mich war dieses Buch ein literarischer Schritt in ein Neuland, in das daraufhin viele folgten.  Bis heute werde ich auf fast jeder Lesung darauf angesprochen, weshalb ich es bedauert habe, dass der Verlag Droemer es nicht neu auflegen wollte, weshalb mein Buch bis vor kurzem nur noch antiquarisch zu erhalten war. Um so mehr freue ich jetzt über diese Neuauflage bei  Weltbild (Opens in a new window).

Im Bild: Berlusconi, der seinen Freund Marcello Dell'Utri küsst, seine wegen Unterstützung der Mafia verurteilte rechte Hand. 

Über die masochistischen, ja suizidalen Neigungen der Fünfsterne-Bewegung habe ich schon oft geschrieben. Dass es aber so weit kommen würde, dass Giuseppe Conte, ehemaliger Ministerpräsident und seit einiger Zeit "Präsident" der Fünfsterne-Bewegung,  Berlusconi loben würde, weil Berlusconi "auch Gutes getan habe" (Opens in a new window), bringt mich auch noch um die letzte Hoffnung.  Um so einen Satz zu sagen, muss man die letzten dreißig Jahre entweder unter einem Stein verbracht haben oder über die Schmerzgrenze hinaus opportunistisch veranlagt sein. 

Mal abgesehen davon, dass dieser Satz an das bis heute in Italien grassierende "Mussolini hat auch Gutes getan" erinnert (Rassengesetze vielleicht? Ein Buch mit dem Titel: "Mussolini hat auch gute Dinge getan (Opens in a new window)" gleicht die Idiotien, die weiterhin über den Faschismus kursieren, mit der Realität ab), macht dieser Satz auf fatale Weise klar, dass es  in Italien bis heute weder eine Aufarbeitung des Faschismus gab, noch eine Aufarbeitung des Berlusconismus: Dass eine Person, die wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde, die die Mafia finanziert und über Jahrzehnte unterstützt hat, die Richter bestochen hat und im Parlament 40-60 ad personam Gesetze durchsetzte, um sich vor weiteren Verurteilungen zu schützen, überhaupt noch wagt, in der Öffentlichkeit aufzutreten, ist die eine Sache. Aber dass diese Person selbst von ihren politischen Gegnern umworben wird, weshalb sie wieder als salonfähig gilt, anstatt sich unter einer Fußmatte zu verstecken, übersteigt doch meine Vorstellungskraft. 

Als Conte gefragt wurde, worin denn das "Gute" bestehe, das die Italiener Berlusconi verdanken, sagte er, Berlusconi hätte die "rechten Parteien modernisiert".  Und, ja, im Hintergrund dieser Strippenzieherei steht die für Februar vorgesehene Präsidentschaftswahl, über die ich bereits in meinem letzten Newsletter geschrieben habe.

„In der Liebe betrügt man, in der Politik ändert man seine Meinung“ – sagt einer der von Berlusconi gekauften Senatoren in „Loro (Opens in a new window) 2“, den zweiten Teil von Paolo Sorrentinos Film über Berlusconi. 

Es ist vielleicht der passendste Satz, um Italien zu beschreiben. 

Als ich in der Süddeutschen den sehr interessanten Artikel über die Klagewut der Hohenzollern (Opens in a new window) las, kam mir doch einiges bekannt vor. Also diese "Unkultur der Einschüchterung" - nur aus einer, ähem, ganz anderen Ecke, wenn Journalisten und Medienhäuser mit Klagen überzogen werden und Richter das Persönlichkeitsrecht einiger "behutsamst" achten. Auch, dass man unbedingt einen Anwalt braucht, den man im Ernstfall auch durch mehrere Instanzen bezahlen können muss. Was besonders bei freien Journalisten nicht selbstverständlich ist. Im Italienischen ist SLAPP als "querela temeraria" bekannt. Also "strategische Klage-Cluster, bei denen es in erster Linie darum geht, die öffentliche Beteiligung oder Kritik durch juristische Einschüchterung und die Bindung von Energien zu verhindern." In diesem "Königreich der Klage" bewegen sich einige sehr privilegiert, vor allem, um Exempel zu statuieren. Das können Wissenschaftler sein, die davon abgeschreckt werden sollen, der historischen Rolle der Hohenzollern nachzugehen. Oder Journalisten, die auf die verwegene Idee kommen, über die Mafia in Deutschland zu schreiben. 

Nächsten Samstag können Sie auf 3sat die Sendung "Welterbe in Gefahr" s (Opens in a new window)ehen, in der ich samt Boot einen Gastauftritt habe. Bei den Dreharbeiten erwischte uns übrigens mitten auf der Lagune ein Platzregen, was macht man nicht alles im Dienst der Sache. 

Ich habe den Film noch nicht gesehen, teile aber den Untertitel: "Im Kampf gegen Bauwut und Übertourismus ist das größte Druckmittel der Unesco die Androhung, den Welterbetitel abzuerkennen. Doch immer öfter laufen die Drohungen ins Leere. Manche Städte verzichten sogar freiwillig auf das Label. Wie viel Macht hat die Unesco noch?" 

In Venedig ist die Unesco jedenfalls immer eingeknickt. 

Und zum Schluss noch der obligatorische Weihnachtsbaum: 

Der wie ich finde, eine Verbesserung zu dem im letzten Jahr darstellt, der aussah wie ein Scheiterhaufen.

Zumal er zwischen den beiden Säulen stand, der einstigen venezianischen Hinrichtungsstätte. Weshalb die Gruppe "Viva San Marco"  dieses Manifest aufhing, auf dem zu lesen war: "Zwischen den beiden Säulen wurden die Kriminellen aufgehängt, nicht der Weihnachtsbaum".

In diesem Sinne grüßt Sie aus dem weihnachtlichen Venedig, Ihre Petra Reski

P.S. Es ist nie zu spät, 

zu werden.

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