OKC gegen die NBA-Geschichte

Random Gedanken, die einem kommen, während alle Welt NFL schaut und man selbst den Upset der Detroit Pistons über die OKC Thunder bestaunt, in dem Jalen Duren ein 20-20-Spiel raushaut und OKC den Eindruck erweckt, als wolle jeder einzelne Spieler einfach nur noch ins Bett: Hat Pat Riley uns allen nichts beigebracht?

Der Don der NBA hat viele Mantras (Mantren? Mantri’i? Manträ?), einige davon zuletzt in „Winning Time“ noch einmal schön ausgegraben – nein, ich meine nicht „F*ck Boston“, auch wenn sich das einige Teams sicherlich auch auf die Fahnen schreiben. Es geht um den folgenden Satz, der mich vor allem aufgrund der Thunder nachdenklich stimmt:

„No rebounds – no rings“

Es ist simpel, aber das zeichnet gute Mantröösen traditionell ja aus. Wer die Bretter nicht kontrolliert, hat einen Nachteil, weniger Ballbesitz und in der Regel keine ausgedehnten Chancen auf die Meisterschaft. Stimmt, oder? Gerade in den Playoffs, wo Defense erlaubt ist aufgrund höherer Intensität und besserer Schemes nicht alles über hocheffiziente Offense zu regeln ist, kann die Arbeit an den Brettern über Sieg und Niederlage entscheiden. Sie tut es relativ oft, glaube ich. Weshalb ich das Ganze mal nur anhand der Champions der letzten Dekade überprüft habe (Riley predigte den Satz schon Anfang der 80er. Zeitlos wie seine Anzüge!), und siehe:

• 22/23 - Denver Nuggets - 27,4% ORB% (Platz 11), 74% DRB% (Platz 10) - Playoffs: 28,3% ORB% (Platz 10) und 77,7% DRB% (Platz 4)

• 21/22 - Golden State Warriors - 25,7% ORB% (Platz 17), 74,7% DRB% (Platz 10) - Playoffs: 27,5% ORB% (Platz 7) und 73,6% DRB% (Platz 8)

• 20/21 - Milwaukee Bucks - 25,7% ORB% (Platz 12), 77% DRB% (Platz 3) - Playoffs: 29,9% ORB% (Platz 2) und 78,7% DRB% (Platz 3)

• 19/20 - Los Angeles Lakers - 27,1% ORB% (Platz 5), 75% DRB% (Platz 13) - Playoffs: 29,8% ORB% (Platz 3) und 77,9% DRB% (Platz 5)

• 18/19 - Toronto Raptors - 24,6% ORB% (Platz 22), 73,7% DRB% (Platz 18) - Playoffs: 22,9% ORB% (Platz 14) und 73% DRB% (Platz 9)

• 17/18 - Golden State Warriors - 22,9% ORB% (Platz 28), 72,5% DRB% (Platz 28) - Playoffs: 23,8% ORB% (Platz 10) und 74,5% DRB% (Platz 11)

• 16/17 - Golden State Warriors - 25,2% ORB% (Platz 21), 72,4% DRB% (Platz 26) - Playoffs: 26,1% ORB% (Platz 10) und 73,6% DRB% (Platz 9)

• 15/16 - Cleveland Cavaliers - 28,3% ORB% (Platz 9), 75,7% DRB% (Platz 5) - Playoffs: 30,1% ORB% (Platz 4) und 75,7% DRB% (Platz 2)

• 14/15 - Golden State Warriors - 26,1% ORB% (Platz 25), 71,6% DRB% (Platz 19) - Playoffs: 27,3% ORB% (Platz 7) und 71,5% DRB% (Platz 12)

• 13/14 - San Antonio Spurs - 25% ORB% (Platz 26), 73,9% DRB% (Platz 3) - Playoffs: 25,4% ORB% (Platz 12) und 73,5% DRB% (Platz 7)

Sorry für den Zahlensalat. Die Kurzinterpretation: Es ist nicht unmöglich, in den Playoffs ohne überdurchschnittliche Reboundarbeit etwas zu reißen, man sollte dann aber idealerweise auch die vielleicht beste Offense der NBA-Geschichte UND ein revolutionäres Small-Ball-Lineup haben. Und selbst die Warriors mussten sich in den Playoffs am Brett steigern. Sie sind unter den Champions trotzdem ein Outlier, einige andere Teams (insbesondere Milwaukee, die Lakers und Cavs) ritten absolut dominante Rebound-Arbeit bis zum Titel. Mit Ausnahme der 14/15er Warriors (71,5%) holte jeder Champion der letzten Dekade in den Playoffs mindestens 73% der verfügbaren Defensiv-Rebounds.

So sieht es bei OKC momentan aus:

• 23,9% Offensive Rebound-Rate (Platz 28)

• 68,9% Defensive Rebound-Rate (Platz 29)

Es gibt kein schlechteres Rebounding Team in der Liga. Unter den ambitionierten Teams kommen ihnen am ehesten die Mavericks nahe, diese zählen allerdings ja aus mehreren Gründen nicht zu den Top-Contendern. OKC schon: Die Thunder haben das zweitbeste Net-Rating der NBA, Top-5-Werte bei Offense und Defense (hat sonst nur Boston) und erfüllen, abgesehen von ihrer fehlenden Erfahrung, eigentlich alle Kriterien eines richtigen Titelanwärters. Zumal sie auch im Halbfeld dominant auftreten, an beiden Enden des Courts. Das spricht Bände über ihre Playoff-Tauglichkeit.

Sie holen einfach nur keine Rebounds.

Fragt sich, ob das wirklich schlimm ist - Mark Daigneault hat schon oft betont, dass er Rebounds im Zweifel für die aggressive Art und Weise opfert, wie sein Team spielen soll. Es ist auch nicht so, dass die Thunder das Possession Game regelmäßig verlieren, im Gegenteil. OKC verliert nahezu nie selbst den Ball und forciert mehr (Live-Ball-)Turnover als jedes andere Team. Daraus lässt sich noch schneller Kapital schlagen als aus Rebounds, weil leichte Transition-Punkte entstehen. Das Rezept funktioniert, offensichtlich.

Und trotzdem frage ich mich, ob das Pendel nicht ein kleines bisschen mehr in Richtung Rebound-Arbeit ausschlagen sollte. Nicht, dass OKC seine Identität komplett verändern und statt Chet Holmgren lieber Andre Drummond aufstellen sollte - wenn überhaupt, wäre Josh Giddey der logische Tausch-Kandidat, obwohl er zu den besseren Reboundern des Teams zählt. Vermutlich ändern die Thunder aber (erstmal) nichts an ihrer jungen, übertalentierten Starting Five, und das ergibt auch Sinn, selbst wenn mich der Longterm-Fit von Giddey mit dem Rest nicht komplett überzeugt.

Vielleicht ist es ein kleiner Move, um die Rotation abzurunden. Vielleicht ist es auch nur eine Frage der schematischen Priorisierung. Und vielleicht spielt es für Daigneault tatsächlich auch keine große Rolle, dass sein Team so schlecht reboundet, weil alles andere passt. Vielleicht ist das richtig so.

Es würde nur eben Riley widersprechen. Dessen letztes Meisterteam (die 12/13er Heat) übrigens der letzte Champion war, der in den Playoffs weniger als 70% der verfügbaren Defensiv-Rebounds holte.

Moment … Pat?

THE PLUG

Im aktuellen Korbjäger Podcast haben wir den Osten sorTiert, mit Blick auf die kommende Woche anstehende Trade Deadline. Morgen ist der Westen dran, hier die aktuelle Folge:

Für ran.de (Opens in a new window) habe ich in meiner aktuellen Kolumne über die Miami Heat und ihre Probleme (Spoiler: Es sind nicht die Rebounds!!!!!!!) geschrieben:

SOUNDTRACK