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Münster verlängert den Vertrag mit Katherina Kost-Tolmein nicht - die reagiert enttäuscht und kritisiert den Stil

Die Stadt Münster hat am Mittwoch via Pressemitteilung bekannt gegeben, dass sie in Kürze die Generalintendanz für das städtische Theater neu ausschreiben wird. Wegen unterschiedlichen Auffassungen zur langfristigen Ausrichtung des Hauses werde der bis zur Spielzeit 2026727 laufende Vertrag von Generalintendantin Katharina Kost-Tolmein nicht verlängert. Die Zuschauerzahlen des Theaters Münster hätten sich sich nicht so gut wie erwartet entwickelt. Zudem hatten sich Teile der Belegschaft gegen sie ausgesprochen.

Kost-Tolmein reagierte unmittelbar auf die Entscheidung der Stadt in einem Interview mit dem WDR und einer eigenen Stellungnahme. „Sie müssen sich vorstellen, gestern abend liefen hier Vorstellungen und die Schauspieler wurden vom Publikum umjubelt, wir hatten hier volles Haus. Gleichzeitig müssen sie aus der Presse erfahren, dass hier die Intendanz beendet wird. So was sind schon sehr harsche Momente“. Ihr sei es wichtig gewesen, dass sie ihre Leute selbst informieren konnte. Die hätten es verdient, auch direkt angesprochen zu werden. „Das ist eine Stilfrage.“
In ihrer schriftlichen Stellungnahme zum Vertragsende schreibt Kost-Tolmein:
„Gestern habe ich erfahren, dass die Stadt Münster den Vertrag mit mir als Generalintendantin des Theater Münster über die Spielzeit 2026/27 hinaus nicht verlängern wird. Ich bedauere sehr, dass die Stadt Münster damit den von ihr selbst initiierten und ausdrücklich begrüßten Prozess der künstlerischen Neuausrichtung des Theaters, für den ich ab der Spielzeit 2022/23 engagiert worden bin, an einem Punkt abbricht, an dem die herausfordernde Arbeit der Ensembles und Sparten an unserem Haus sichtbar beginnt, Früchte zu tragen.
Obwohl unsere Startphase in vielfacher Hinsicht durch die Endphase der Corona-Pandemie geprägt war, die das Theaterleben in Münster schwer beeinträchtigt hatte, konnten wir mit unserem vielfältigen Spielplan zahlreiche Besucherinnen und Besucher aus der Vor-Corona-Zeit wiedergewinnen und dazu neues Publikum aufbauen: Das ermöglichten in neue Perspektive gerückte Repertoire-Stücke wie „Wallenstein“, „Dreigroschenoper“, „Tod eines Handlungsreisenden“, „Rigoletto“ , „Carmen“ oder „La Bohème“ ebenso wie Uraufführungen mit brisantem lokalem oder aktuellem Bezug wie „Kinderhäuser“ oder „And now Hanau“. (…) Wir sind froh, dass wir dem Münsteraner Publikum regelmäßig Produktionen zeigen konnten, denen durch Festivaleinladungen, Auszeichnungen, Nominierungen und überregionale Aufmerksamkeit besondere künstlerische Qualitäten bestätigt wurden wie „Leben des Orest“, „Elektra“, „Zoroastre“, „Internat“, „Leonce und Lena und Lenz“, „Nachkommen – ein lautes Schweigen“, „Sacre“ oder „Der Katze ist es ganz egal“. Schließlich sind wir stolz darauf, in welchem Maße unser Junges Theater eine große Zahl von Kindern und Jugendlichen nicht nur als Zuschauer*innen anspricht, sondern in vielfältiger Weise zur aktiven Mitgestaltung in unsere Arbeit involviert.
Wir freuen uns nun auf weitere zweieinhalb Jahre, in denen wir unser städtisches, regionales wie überregionales Publikum weiter für das gewinnen können, was wir versprochen haben und was wir selbst am liebsten machen: ein spielfreudiges, unterhaltsames, formenreiches und exzellentes Theater, das sich mit der Welt auseinandersetzt, in der wir leben, die uns überrascht, verärgert, entsetzt und die bisweilen auch komisch ist.
Dass sich unter den Menschen, die in immer größerer Zahl in unser Haus kommen und uns inzwischen regelmäßig ausverkaufte Vorstellungen mit Standing Ovations bescheren, auch immer mehr Menschen mit Behinderungen finden, freut uns besonders. Denn Inklusion ist eines der großen und langfristig angelegten Projekte, für das wir uns mit Hilfe der Förderung des Landes NRW am Theater Münster intensiv einsetzen. Eine der Formen, die wir dabei entwickelt haben, ist „Theater entspannt“ – denn auch das ist eine Kunst: sich über das zu freuen und das auf sich einwirken zu lassen, was auf der Bühne geschieht, ohne gleichzeitig selbst etwas repräsentieren, beurteilen oder sich dabei an ungeschriebene, aber nicht weniger zwingende Regeln halten zu müssen.“
Der Vertrag der gebürtigen Ludwigshafenerin läuft planmäßig mit der Spielzeit 2026/27 aus. Die Generalintendantin hatte ihre Arbeit am Theater Münster im Januar 2022 aufgenommen und das Haus von Anfang an mit ambitionierten Inszenierungen geprägt, so die Stadt in ihrer Pressemitteilung. Während die Ansätze der mehrfach ausgezeichneten Dramaturgin in der Fachwelt auf Anerkennung stießen, entwickelten die Zuschauerzahlen des Theaters Münster sich nicht so gut wie erwartet.
Oberbürgermeister Markus Lewe dankte in der schon genannten Pressemitteilung Katharina Kost-Tolmein für das Engagement in der Domstadt: „Frau Kost-Tolmein hat die anspruchsvolle Aufgabe inmitten der Corona-Pandemie übernommen, und allein das verdient Respekt. Die Stadt Münster dankt Frau Kost-Tolmein für ihren großen persönlichen Einsatz.“
Der Rat der Stadt Münster hatte am 24. Juni 2020 die Verpflichtung von Kost-Tolmein beschlossen. Katharina Kost-Tolmein ist die erste weibliche künstlerische Leitung am Theater Münster. Welches Gremium eigentlich entschieden hat, den Vertrag nicht zu verlängern, wird in der Pressemitteilung der Stadt übrigens nicht gesagt. Auf Nachfrage erklärte das Presseamt, der Oberbürgermeister habe die Entscheidung in enger Abstimmung mit der Politik getroffen. (fb)


Bild: Die Stadt Münster wird den Vertrag mit Generalintendantin Katherina Kost-Tolmein nicht verlängern. Foto: Martina Pipprich

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