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Grenzenlose Täuschung: Faktenchecker weltweit gegen den Tsunami der Falschinformation

Ein Kommentar von Tom Wannenmacher von Mimikama

Wenn Fakes die Realität verschwimmen lassen: Ein Blick auf den Kampf der Faktenchecker gegen eine Flut von Desinformation.

Manchmal, wenn ich meinen Tag als Faktenchecker beginne, kommt mir ein Bild in den Sinn: Der Filmklassiker „Und täglich grüßt das Murmeltier“, in dem Bill Murray immer wieder denselben Tag durchlebt. Dieses Gefühl einer Endlosschleife, in der man trotz wechselnder Schauplätze und Darsteller immer wieder mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert wird, ist für uns Faktenchecker fast schon zur täglichen Routine geworden.

Jeden Tag tauchen die gleichen Falschmeldungen auf, ob auf Deutsch, Englisch oder Spanisch, im Kern gleich, nur in der Aufmachung unterschiedlich. Es gleicht einem endlosen Katz-und-Maus-Spiel, in dem wir Faktenchecker immer wieder versuchen, die Fakes zu entlarven, während die Verbreiter der Fakes neue Wege finden, ihre Desinformation zu verbreiten.

In diesem rasanten Tanz zwischen Wahrheit und Täuschung scheint die echte, unverfälschte Wahrheit allzu oft auf der Strecke zu bleiben. Man fragt sich unweigerlich: Was treibt diese ständige Welle der Desinformation an? Warum werden wir immer wieder mit den gleichen Fakes konfrontiert? Und vor allem: Gibt es überhaupt einen Weg, diesen Strudel der Desinformation zu durchbrechen? Lassen Sie uns gemeinsam tiefer in dieses komplexe und faszinierende Phänomen eintauchen, um Antworten und vielleicht sogar Lösungen zu finden.

Gleiche Muster, verschiedene Kontinente

Es ist ein Phänomen, das fasziniert und beunruhigt zugleich: Betrachtet man verschiedene Länder wie Amerika, England, Deutschland oder Italien, so fällt auf, dass trotz kultureller und geografischer Unterschiede die Muster der Desinformation bemerkenswert konsistent sind.

Seien es manipulierte Wetterkarten, die einen Sturm viel stärker oder an einem anderen Ort erscheinen lassen, als er tatsächlich ist, seien es Gewinnspiele, die den Teilnehmer in die Irre führen und ihn glauben lassen, er habe etwas gewonnen, nur um ihn später zu enttäuschen, oder seien es politische Fakes, die darauf abzielen, die öffentliche Meinung zu beeinflussen - sie alle haben eine gemeinsame Essenz, eine Art DNA der Täuschung.

Besonders bemerkenswert ist, wie das Internet – diese grenzenlose, globalisierte Plattform - zur perfekten Bühne für solche Desinformationskampagnen geworden ist. Es hat einen Raum geschaffen, in dem geografische Grenzen verschwimmen und Täuschungstaktiken leicht von einem Kontinent auf einen anderen übertragen werden können. Das macht es umso schwieriger, gegen solche Fakes vorzugehen.

Nehmen wir zum Beispiel einen Troll aus den USA, der eine bestimmte Fehlinformation verbreitet. Es wäre nicht überraschend, wenn dieser Troll ähnliche Methoden wie ein anderer Troll aus Russland oder China anwendet. Die Strategien und Ziele mögen unterschiedlich sein, aber die Taktiken und Werkzeuge sind oft verblüffend ähnlich. Es ist, als gäbe es ein universelles Handbuch der Täuschung, das in vielen Sprachen und über viele Grenzen hinweg gelesen wird.

Der Sündenbock: Faktenchecker

Es gibt einen Refrain, der uns immer wieder begegnet, wohin wir auch schauen: Die Vorwürfe gegen uns Faktenchecker. Rufe von „Gekauft!“ bis „Marionetten der Eliten!“ hallen immer wieder in unseren Ohren. Jeder dieser Vorwürfe scheint darauf abzuzielen, die Glaubwürdigkeit und Integrität derer in Frage zu stellen, die sich der Aufgabe verschrieben haben, Wahrheit von Fiktion zu trennen. Und darin liegt die Ironie: Ob man nun als Faktenchecker für eine große, international anerkannte Organisation arbeitet oder als unabhängiger Blogger in seiner Freizeit Mythen aufdeckt - die Angriffe und Vorwürfe ähneln sich. Die Kritik kommt oft aus einer tief empfundenen Frustration und Skepsis, aber leider missverstehen viele Kritiker die wahre Natur und den Zweck von Faktenchecks.

Gefangen in Echokammern: Der verzerrte Spiegel unserer Realität

Wir leben in einer Zeit, in der unsere Wahrnehmung der Realität stark von den Filterblasen beeinflusst wird, in denen wir uns bewegen. Durch die Algorithmen der sozialen Medien werden wir ständig mit Informationen bombardiert, die unsere bestehenden Überzeugungen und Ansichten widerspiegeln. Dies hat zur Entstehung von Echokammern geführt, in denen Meinungen und Überzeugungen ständig wiederholt und verstärkt werden, bis sie für den Einzelnen unumstößlich erscheinen. In solchen Umgebungen entsteht oft ein „Wir gegen die“-Narrativ, das eine Atmosphäre der Feindseligkeit und des Misstrauens fördert.

Es ist eine beunruhigende Entwicklung, dass Fakten und Wahrheiten oft durch den Filter von Vorurteilen und Skepsis betrachtet werden. Wenn Menschen so tief in ihren Überzeugungen verwurzelt sind, dass sie legitime Faktenprüfungen als falsch abtun und offensichtliche Fehlinformationen als Wahrheiten akzeptieren, dann haben wir es mit einem tiefgreifenden Problem zu tun. Diese Kluft, diese unüberbrückbare Kluft zwischen dem, was wirklich ist, und dem, was als wirklich wahrgenommen wird, ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit.

Stehen wir vor dem Ende der Wahrheit? Ein tiefer Blick in die Flut der Desinformation!

Es gibt Tage, an denen man sich inmitten einer nicht enden wollenden Flut von Falschinformationen fragt: „Haben wir den Kampf schon verloren?“ Die schiere Menge an irreführenden und falschen Informationen, die täglich auf uns einprasseln, kann überwältigend sein. Es gibt sicherlich Momente, in denen man sich niedergeschlagen und besiegt fühlt, als wäre der Kampf gegen die Flut von Fakes ein unüberwindbares Unterfangen.

Doch inmitten dieses Ernstes liegt eine wesentliche Erkenntnis: Unser Engagement im Bereich des Faktenchecks geht über das bloße Aufdecken von Fehlinformationen hinaus. Es ist ein größeres Unterfangen, das Bildung, Aufklärung und die Förderung kritischen Denkens umfasst. Es geht darum, eine Gesellschaft zu fördern, in der die Menschen in der Lage sind, Informationen nicht nur passiv zu konsumieren, sondern aktiv und kritisch zu hinterfragen.

Wie navigieren wir in einem Meer von Fakes?

Einfach aufzugeben und die Flut über uns hereinbrechen zu lassen, ist sicher nicht der richtige Weg. Der Versuch, die Wahrheit von der Fiktion zu trennen, ist kein kurzfristiges Rennen, das in wenigen Augenblicken gewonnen oder verloren wird. Es gleicht eher einem Marathon, einem Dauerlauf, der Ausdauer, Entschlossenheit und Engagement erfordert.

Jeder Einzelne kann etwas bewirken. Wir können uns weiterbilden, unser kritisches Denken schärfen, Quellen sorgfältig prüfen und unser Wissen mit anderen teilen. Wir können zu Botschaftern der Wahrheit werden, indem wir uns selbst und andere befähigen, im Meer der Desinformation zu navigieren.

Das Internet, dieses noch nie dagewesene Kommunikationsmittel, kann eine doppelte Rolle spielen: Als Katalysator für Desinformation, aber auch als Plattform für Bildung und Aufklärung. Die Entscheidung, welche dieser Rollen dominiert, liegt in unseren Händen. Eine Verantwortung, die wir ernst nehmen sollten, wenn die Wahrheit noch eine Chance haben soll.

Fazit: Seit fast 13 Jahren erlebe ich, wie sich die Wellen der Desinformation ausbreiten und wie leicht man von ihnen überrollt werden kann. Ich habe aber auch erlebt, wie Aufklärung und kritisches Denken diese Wellen brechen können. Ja, die Flut der Desinformation kann manchmal erdrückend sein, aber das ist kein Grund zur Resignation. Faktenchecks sind unsere Rettungswesten in diesem Meer der Desinformation. Mehr denn je ist es wichtig, dass wir zusammenkommen, lernen, hinterfragen und unseren Horizont ständig erweitern. Die Wahrheit mag manchmal im Schatten liegen, aber gemeinsam können wir dafür sorgen, dass sie immer wieder ans Licht kommt. Denn aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Am Ende des Tages sollte die Wahrheit immer lauter klingen als jede Fiktion.

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