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Faktenchecks sind böse? Willkommen im postfaktischen Tollhaus!

Die EBU startet eine europäische Initiative gegen Desinformation. Und was macht das Netz? Es brüllt “ZENSUR!!” – lauter als ein Presslufthammer im Wutbürger-Modus.

Da tut sich was in Europa: Die EBU (European Broadcast Union) trommelt 18 öffentlich-rechtliche Sender zusammen – darunter Schwergewichte wie BBC, ZDF, ORF und Radio France – und gründet die Initiative „Eurovision News Spotlight“. Das Ziel? Gemeinsam Fakten gegen Fakes stemmen, journalistisches Know-how bündeln und der Wahrheit wieder auf die Beine helfen.

Was für ein starkes Zeichen in Zeiten, in denen Fake News so inflationär durchs Netz geistern wie Katzenvideos. Doch anstatt Dankbarkeit? Erntet man ein digitales Heulkonzert.

Willkommen in der bizarren Welt der "Zensuropfer"

Während ein Teil der Gesellschaft aufatmet, dass endlich koordinierter gegen Desinformation vorgegangen wird, überschlägt sich der andere Teil mit – Achtung, Überraschung – dem alten Zensur-Gekreische.

Die Kommentarspalten glühen heißer als ein Telegram-Thread bei Sonnensturm. Und die immer gleichen Reflexe ploppen auf wie Popcorn im Aluhut:

🎤 „April, April?“
🎤 „Die EU wird zur EUdSSR!!1!“
🎤 „Zensur pur – Meinungsfreiheit ade!“
🎤 „Bevormundung wie bei Corona!!1!“
🎤 „Da wird der Bock zum Gärtner gemacht!“ – und das gleich x-mal pro Beitrag, so nervtötend repetitiv, dass man es nur noch ironisch mitsprechen kann.

Diese Kommentare offenbaren vor allem eines: eine erschreckende Entwertung von seriösem Journalismus. Der Wert von Information? Komplett im Keller. Die Idee, dass geprüfte Nachrichten wichtig sein könnten? Für viele offenbar schon Hochverrat.

Verifizierte Nachrichten? Pfff. Lieber den nächsten Bullshit-Post liken.

Man scrollt durch die Kommentarwüste und fragt sich: Was ist eigentlich los?

Warum ist es so vielen Menschen nicht wichtig, verlässliche, überprüfte Informationen zu bekommen? Warum verstehen sie nicht, dass Initiativen wie diese die Grundfesten von Meinungs-, Presse- und Redefreiheit schützen, statt sie zu beschneiden?

Warum begreifen sie nicht, dass Faktenchecks kein Angriff, sondern ein Rettungsseil für den öffentlichen Diskurs sind?

Was glauben sie eigentlich, wie Journalismus funktioniert?
Sollte man dort lieber raten, statt zu recherchieren? Würfeln, was stimmt? Oder einfach nur das schreiben, was gerade dem eigenen Weltbild schmeichelt?

Das ist dann doch eher die “Recherchetechnik”, die man heute auf unzähligen Telegram-Kanälen, YouTube-Verschwurbler-Videos oder TikTok-Rants von selbsternannten Wahrheitsaposteln findet. Da wird geschnitten, zusammengesponnen, verdreht – Hauptsache, die eigene Erzählung bleibt dramatisch, skandalös und klickbar. Fakten? Nebensache. Verantwortung? Nicht vorhanden.

Und doch wird genau dieser Schrott von Tausenden gefeiert, geteilt und geglaubt – weil er das bestätigt, was man eh schon glauben will. Willkommen in der Ära der bequemen Lüge.

Vielleicht wird hier lieber jeder billigen Lüge hinterhergejagt, weil sie nichts kostet. Eine alte Redewendung sagt ja schon: „Was nichts kostet, ist nichts wert.“ Und offenbar ist Journalismus in deren Augen genau das: nichts wert.

„Systemlinge“, „Schlafschafe“ – und die Ironie dahinter

Das Muster ist bekannt: Wer kritisch denkt, wird als „Systemling“ beschimpft. Wer differenziert argumentiert, ist ein „Schlafschaf“. Und wer Journalist:in ist, hat eh „sein Diplom zum Hintern abwischen“.
Herzlichen Glückwunsch. Wer so denkt, hat den Denkprozess offenbar erfolgreich outsourct – an einen dubiosen Telegram-Kanal.

Die Ironie?
Genau diese Leute sind längst selbst Opfer massiver Desinformations-Kampagnen.
Sie sehen sich als freie Denker, während sie in einer digitalen Echokammer festhängen, die ihnen rund um die Uhr einflüstert, wie unfrei sie sind.

Fake-Accounts, Troll-Fabriken – und der stille Krieg im Netz

Das eigentliche Problem?
Millionen Fake-Accounts, die Meinung machen.
Automatisierte Troll-Armeen, die gezielt Zweifel streuen.
Und ein gigantisches Publikum, das davon nicht einmal weiß, geschweige denn erkennt, wie brutal diese Mechanismen die öffentliche Meinung manipulieren.

Und was tun wir?
Wir klären auf. Wieder und wieder. Mit mühsamer, langweiliger, anstrengender Aufklärungsarbeit. Weil’s sonst keiner macht. Weil es sonst keine Gegenwehr gibt.

Aber wie lange noch? Wie laut müssen wir noch werden gegen die Schreihälse mit Aluhut-Megafon?

Fazit: Wenn Wahrheit stört, ist das kein Fehler. Sondern Absicht.

Was bleibt?
Eine verkehrte Welt, in der sich Fakten rechtfertigen müssen und Lügen gefeiert werden.
In der Journalist:innen, die ihren Job ernst nehmen, als Zensoren beschimpft werden.
Und in der sich die Lautesten als Opfer inszenieren – obwohl sie längst Täter im Informationskrieg sind.

Die Wahrheit hat keinen Preis.
Aber sie hat ihren Wert.

Nur: Wer den Unterschied nicht erkennt, schreit eben lieber „Zensur!“ – und entlarvt sich damit lauter, als jeder Faktencheck es je könnte.

Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel dient der kritischen Auseinandersetzung mit aktuellen Themen und stellt keine rechtlich bindenden Aussagen dar. Die dargestellten Ansichten dienen ausschließlich der Information und Diskussion. Die verwendeten Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen. Trotz sorgfältiger Prüfung wird keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit übernommen. Der Artikel erhebt keinen Anspruch auf die alleinige Wahrheit und ist im Sinne der Meinungs- und Informationsfreiheit zu verstehen.

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