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Blaustundenwart

Zehnerträger. Juno ohne. Apfelkorn. Das waren unsere Freunde an den Freitagabenden der ersten Barthaare. Kurz vor Ladenschluss schauten Lothar und ich immer rasch bei Tante Käthe vorbei. Sie drückte stets beide Augen zu. Wir ihr kleine Scheine in die Hand. Forstrat Kuhns karger Lohn; gehackte Scheite, klafterhoch. „Taschengeld dem Flaschenheld!“ Wie er gerne sagte. Verschmitzt. Wissend. Dann ging es zum Dorf hinaus. Wo uns die Haltestelle erwartete. Überlandbus Linie Acht. Wir bezogen stets das Häuschen ohne Bank. Dafür mit leckem Dach. Gegenüber saß man. Bequem. Im Trockenen. Doch da grinsten schon Männe und seine Jungs: Didi, Achim und Bernd mit dem Bonanzarad. Von dort aus ging es in die große Stadt. Und auch die Mädels hielten an. Denn auf der anderen Seite gab es Bacardi-Cola, Marlboro. Bisweilen sogar Piccolo. Bei uns nur Pickel, Schweiß und rote Ohren. Wenn wir sahen, was da so geschah. Manchmal holte Lothar einen Filzstift aus der Jackentasche. Malte auf die Wand, was die anderen berührten. Trank sein Bier schneller. Knallte die Flasche auf Asphalt. Fuhr nachher selbst durchs Scherbenglas.  Hockte sich schließlich hin. Schlief ein. Bordsteinkante. Trauertrost. Träumte sich durch die Jahre. Die Jahrzehnte. Riss sie im Schnarchschlaf vom Kalender. Büschelweise. Bis zu jenem Tag, an dem der Bus für ihn angehalten hat. Und Ilona ausstieg. Ihn zu besuchen. Zu bleiben. Endstation.

Ich warte noch immer. Blaue Stunden hindurch. An der falschen Haltestelle. Kehre jeden Freitagabend zurück. Die Jungs heißen jetzt anders: Kevin, Norman, Chris. Ein Ali ist auch dabei. Didi und Achim sind schon tot. Männe lebt im Altenheim. Bernd in der weiten Welt. In ihr Häuschen traue ich mich trotzdem nicht. Nur meine Blicke wandern. Queren die Straße. Besteigen den Bus. Verlassen den Ort. Fahren mir voraus. Führen mich in ein Morgen, in dem ...

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