Sabr - Geduld
Ramadan ist körperlicher Verzicht. Zu sich finden. Ruhe. Leere. Für mich sind die ersten Tage oft gefüllt von einer Unruhe bis ich dort hinkomme, wo ich sein möchte. Für mich ist daher Sabr das erste Wort, das ich diesen Ramadan besprechen möchte.
Geduld mit mir
In den ersten Tagen ist besonders Geduld mit mir ein Thema für mich. Der Hunger ist oft nicht so sehr mein Problem, mehr der Durst, und ganz offen gesagt auch die fehlenden Zigaretten. Eine Tasse Tee ist für mich oft voller innerer Wärme, eine kurze Pause von der Welt und Zigaretten geben mir den Vorwand, kurz raus zu gehen, in ein anderes Setting, mich sammeln, neustarten, zurückkommen. Das sind für mich sehr beruhigende Rituale. Und plötzlich sind sie weg.
Ich werde nervöser und vor allem ungeduldiger mit mir. Warum bin ich nicht schneller? Warum arbeite ich nicht mehr? Warum bin ich nicht kreativer? Und darin vergesse ich manchmal, warum es in diesem Monat eigentlich geht: Mal nicht durchpowern, mal nicht der Hamster in seinem Rad sein, mal nicht das produktivste Zahnrad im System sein wollen, mal einfach auf etwas anderes konzentrieren. Zu sich finden. Ruhe finden.
Und so muss ich mich oft erinnern, dass ich mit mir geduldig bin und einsehe, dass Perfektion der falsche Maßstab ist. (Nicht nur im Ramadan btw...!)
Geduld mit anderen
Das mag erst einmal paradox klingen, aber was ich besonders am Ramadan liebe, ist, dass ich mir selbst auferlege, viel geduldiger mit anderen zu sein. Ich zwinge mich dazu, wirklich in jedem Verhalten etwas gut Gemeintes zu finden. Oft stelle ich natürlich fest, dass mein Bauchgefühl korrekt war und die gute Intention nicht unbedingt vorhanden gewesen sein muss, aber Ramadan zeigt mir die Situationen, in denen ich falsch gelegen hätte.
Geduld mit den Plänen Gottes
Und Ramadan ist der Monat, in dem ich mich darauf zurückbesinne, dass ich Gott vertraue, dass er der beste Planer ist und dass Eile im Leben nicht unbedingt der beste Weg sein muss. Wo muss ich denn so eilig hin? Was habe ich denn Angst zu verpassen? Gott wird mir schon die Begegnungen schicken, die mir mein Schicksal bringen soll. Die Zukunft wird schon gut. Natürlich muss der Mensch auch etwas dafür tun, aber: Gott plant eben am besten. Hab mal etwas Geduld, damit du seinen Plan erkennen kannst, sage ich mir ganz oft.