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Petromaskulinität – Warum Lützerath auch ein feministischer Kampf ist

Hi! Hier schreibt Laura. Ich bin Host beim Lila Podcast und ab sofort bekommt ihr von mir zweimal im Monat Feminismus ins Postfach. Heute auch für alle steady-Unterstützer*innen - nächstes Mal nur für alle, die den Newsletter auch wirklich abonniert (Opens in a new window) haben.

Who Ru(i)ns the World?

Lützerath ist geräumt. Die Proteste gehen weiter.  Mehr als zwei Jahre hatten Aktivisti das nordrhein-westfälische Dorf in unmittelbarer Nähe zur Abbruchkante des Braunkohletagebaus Garzweiler II besetzt. Das Dorf und vor allem der Boden, auf dem es steht, gehört dem Energiekonzern RWE. Die früheren Bewohner*innen sind schon lange umgesiedelt. RWE will die verbliebenen Häuser nun abreißen und die Kohle unter der Erde abbauen. Juristisch ist daran nicht mehr zu rütteln. Und das Oberverwaltungsgericht Münster hatte im Vorfeld der Räumung bestätigt: Sie ist rechtens.

Tief im kollektiven Gedächtnis bleiben nun Bilder von Polizist*innen die zu mehreren schreiend auf Aktivisti zurennen, um sie einzuschüchtern. Die mit Schlagstöcken und Pfefferspray auf Protestierende losgehen. Zwar hat die Polizei das staatliche Gewaltmonopol. Aber diese Gewalt muss verhältnismäßig  sein. Und das war sie in mehreren Fällen nicht. Was bleibt, ist der Eindruck: Der deutsche Staat geht mit allen Mitteln gegen Klimaschutz vor. Das ist peinlich. Und beängstigend.

Und wozu das Ganze? Noch immer wird diskutiert: Wird die Kohle nun gebraucht oder nicht? Ist der Deal zwischen den Grünen und RWE ein Coup für das Klima oder doch eher ein Kuhhandel? Die Argumente von Vizekanzler Habeck, als Bundesminister zuständig für Wirtschaft und Klimaschutz, in der tl;dr-Version:

Leute, uns fällt das doch auch ganz doll schwer. Aber, hey: Energiesicherheit, Ukraine, Putin und so! Uns sind da die Hände gebunden. Außerdem steigen wir doch jetzt acht Jahre früher aus der Kohle aus und im Tausch für Lützerath dürfen fünf andere Dörfer, die eigentlich auch abgerissen werden sollten, stehen bleiben. Das ist doch was!

Nun ist es so, dass laut WDR-Informationen ca. 80 Prozent der Bevölkerung der besagten fünf Dörfer bereits umgesiedelt sind. Und was bringt ein Kohleausstieg 2030, wenn dann trotzdem dieselbe Menge Kohle verballert wird, nur eben schneller? Es gibt Berechnungen, die besagen, dass mit der Kohle aus Lützerath das Klima-Ziel von 1,5 Grad nicht zu halten ist. Und dass gleichzeitig diese Kohle trotz Gaskrise überhaupt nicht gebraucht würde für die Energiesicherheit. Die Politik hält mit eigenen Studien dagegen. Wer tiefer reingehen möchte: Der Faktencheck von Katrin und Holger in der  Wochendämmerung (Opens in a new window) wäre ein guter Start.

Ich finde: Ernst gemeinte Klimapolitik sieht anders aus. So schnell wie möglich sollte nirgends mehr Kohle aus dem Boden geholt werden dürfen. Unternehmen sollten kein Gemeingut kaufen dürfen, zumindest nicht im großen Stil. Und schon gar nicht sollten fossile Konzerne in Sachen Energiewende mitreden dürfen. Ich meine: Welche echten Fortschritte sollten davon schon zu erwarten sein?

Das Buch der Stunde: "Petromaskulinität"

Um zu verstehen, warum Lützerath auch ein Thema für den Feminismus ist, empfehle ich euch das Buch „Petromaskulinität“ (Opens in a new window). Geschrieben hat es Cara New Daggett. Es erscheint am 2. Februar. Untertitel: "Fossile Energieträger und autoritäres Begehren." Darin bringt Daggett als eine von wenigen die Phänomene Klimaleugnung, Rassismus und Frauenhass zusammen. Warum das zusammengehört?

„Fossile Energieträger sind mehr als eine Industrie, die gigantische Profite generiert und massiven Einfluss ausübt. Ihre Nutzung trägt in der engen Verflochtenheit mit unserer Art zu wirtschaften und zu leben auch zur Ausbildung einer männlichen Identität bei, die angesichts ihrer gegenwärtigen Krise zur kompensatorischen Gewalt gegen Geschlechteremanzipation und Klimagerechtigkeit führen kann.“

Das zeigt sich im Großen zum Beispiel in Regenwald verhökernden Autokraten. Und im Kleinen in Obermachos, denen einer auf ihre dicken Karren abgeht und die „Eat this, Greta“-Aufkleber über ihrem Auspuff anbringen. Apropos Karren: 

Der Film der Stunde: "Mad Max. Fury Road"

Auch eine Filmempfehlung habe ich für euch: „Mad Max. Fury Road.“ Bei seinem Erscheinen 2015 habe ich ihn noch als langweiligen Brumm-Brumm-Krach-Peng-Action-Streifen verschmäht. Doch beim besinnlichen Fernsehabend mit einem Freund an Weihnachten wurde ich eines Besseren belehrt. Der Film ist sogar feministisch!

Nicht so hau-drauf-mäßig, mehr so zwischen den Zeilen. Oder auch: kryptofeministisch (yay, wieder ein neues Wort!). Die Handlung lässt sich ungefähr so zusammenfassen:

Die Welt ist komplett am Arsch und in der Wüste hält ein einzelner Typ das Monopol auf Wasser. Er versklavt die Bevölkerung und hält sich junge Männer als „War Boys“. Und dann sind da noch seine fünf Ehefrauen, die er einsperrt, damit sie ihm den Nachwuchs gebären. Die haben da nun aber keine Lust mehr drauf und hauen zusammen mit Furiosa (gespielt von Charlize Theron) ab. Es folgt eine wilde Verfolgungsjagd quer durch die Wüste und wieder zurück. Am Ende arbeiten die Geschlechter zusammen und retten damit den Fortbestand des Lebens. Man könnte kritisieren, dass die Frauen im Film dann doch irgendwie wieder auf ihre Rolle als Mütter beschränkt werden. Trotzdem ist das ein ziemlich nicer Streifen. Zu sehen u.a. bei Netflix. Ich empfehle im Nachgang auch noch diesen Video-Essay, quasi als Lektüreschlüssel.

https://youtu.be/iaaOktcdkHw (Opens in a new window)

Fun Fact am Rande: Männerrechtler in den USA hatten beim Start des Films zum Boycott aufgerufen, da sie darin „feministische Propaganda“ vermuteten, getarnt als „guy flick“ – frei übersetzt: geiler Karrenfilm für echte Kerle. Well …

Im Lila Podcast: Wenn man das eigene Kind adoptieren muss

Im aktuellen Podcast spricht Lena mit der lesbischen Mutter Jess und der Gründerin von „Nodoption“, Christina Klitzsch-Eulenburg über queere Elternschaft. 

"Niemand möchte biologische Elternschaft verleugnen. Aber wer (...) so tut, als wäre biologische Elternschaft genauso wichtig wie soziale Elternschaft, der war entweder nie Kind oder hat keine Kinder." - Jess

Denn während etwa in heterosexuellen Ehen der Elternteil, der das Kind nicht ausgetragen hat, automatisch als Vater anerkannt ist, selbst wenn er nicht der biologische Vater ist, muss beispielsweise eine lesbische Mutter das Kind, das ihre Ehepartnerin ausgetragen hat, adoptieren. Jess lebt mit ihrer kleinen Familie in der Nähe von Köln und hat den Prozess der Stiefkindadoption aufgrund extremer Diskriminierungserfahrungen abgebrochen. Episode jetzt anhören. (Opens in a new window)

Save the Date: Lila Salon mit Teresa Bücker am 2. März

Unser digitaler Lila Salon geht in die zweite Runde. Diesmal mit keiner geringeren als Teresa Bücker. Kürzlich erschien ihr Buch "Alle_Zeit - Eine Frage von Macht und Freiheit" (Opens in a new window). Wir wollen mit ihr und euch darüber sprechen, wie eine gerechtere Zeitkultur für alle Menschen aussehen könnte. Tragt euch den Termin ein: 18:30 Uhr geht es los! Meldet euch am besten direkt an (Opens in a new window).

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Wenn euch die erste Ausgabe vom Lila Newsletter gefallen hat, dann schickt sie doch gern an eure Freund*innen weiter. Bis in zwei Wochen oder bald im Podcast.

Eure Laura

Quellen:

Bilder:

Porträt Laura: ©Hella Wittenberg
Lützerath: Denise Ney von Klima-Liste Berlin (Opens in a new window)
Cover "Petromaskulinität": Matthes und Seitz
Lego-Auto: Unsplash / Erik & Niklas
Teresa Bücker: Paula Winkler

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