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Erst die Aubergine, dann das Spekulum

Hi! Hier schreibt Laura. Ich bin zurück aus der Winterpause und hoffe, ich lande nicht direkt im Spamordner, denn heute schreibe ich über 🍆 und 🌮 und das Patriarchat. Sollte ich es in eure Inbox geschafft haben, lest ihr jetzt wieder öfter von mir. Herzlichen Dank an alle, die unserem Aufruf gefolgt sind und uns in den letzten Monaten und Wochen finanziell unterstützt haben. Ihr macht diesen Newsletter möglich. Genauso wie unsere aufwändig recherchierten Sendungen, die wir gern auch mal zu zweit moderieren – was einfach mehr Geld kostet.

Geht’s euch eigentlich auch so? Ich beschäftige mich jetzt schon seit einigen Jahren mit Feminismen und trotzdem passiert es mir, dass mir die Sprache wegbleibt und mir nicht ein einziges Argument oder Beispiel einfällt. Vor allem dann, wenn die Behauptung, der ich widersprechen will, unterirdisch plump ist. Sowas wie: “Das Patriarchat gibt es überhaupt nicht!” Wo fängt mensch da an? Und muss mensch überhaupt? Jedenfalls: Patriarchat ist, wenn dir eine Untersuchung verwehrt bleibt, weil noch kein Penis deine Vagina penetriert hat. 🤦🏽‍♀️

Klingt krass, ist aber gängige Praxis. (Nicht immer. Nicht überall. But still.) Es gibt Ärzt*innen, die auf (wessen?) Wunsch eine vaginale Untersuchung nicht durchführen, wenn die betreffende Person noch “Jungfrau” ist. Für diesen “Zustand” gibt es sogar einen medizinischen Begriff: virgo intacta. Die Überlegung dahinter: Bei der Untersuchung könnte das sogenannte “Jungfernhäutchen” reißen. Nur: Es gibt überhaupt kein Jungfernhäutchen. Weder verschließt es die Vagina, noch ist es ein Häutchen. Deswegen ist sogar der Begriff “Hymen” nicht ganz richtig, denn der bedeutet, nun ja, Haut. In der ARD-Mediathek gibt es dazu gerade eine sehr sehenswerte Doku (Opens in a new window).

Vier verschiedenfarbige Scrunchies übereinander gestapelt. Die Haargummis sind cremfarben (unten), hellrosa, dunkelrosa und rot (oben) und scheinen gehäkelt worden zu sein.

Darin wird auch erklärt: Viel treffender ist der Begriff Vaginale Krone oder Corona Vaginalis. Diesen Schleimhautkranz kann man sich in etwa vorstellen, wie ein Scrunchie-Haargummi. Und ablesen kann man an der Corona Vaginalis übrigens: nüschte. Schon gar nicht, ob jemand schon einmal penetrativen Sex hatte. Wieso dieser Mythos sich trotzdem immer noch so hartnäckig hält, seht ihr in der Doku. Übrigens wird auch die Lehrerin Sina Krüger aus Berlin gezeigt, die sich erfolgreich dafür einsetzte, dass die Klitoris anatomisch korrekt in Schulbüchern abgebildet wird. ✌🏿

Ja, aber! – mag Werner-Kai-Uwe-Friedrich einwerfen. Das hat doch nichts mit dem Patriarchat zu tun, sondern mit Religion! Was Werner-Kai-Uwe-Friedrich möglicherweise sonst noch einzuwenden hätte, reproduziere ich an dieser Stelle lieber nicht. Hier ist jedenfalls ein Artikel über die Entstehung des Patriarchats. (Opens in a new window) Darin wird auch der Anthropologe Carel van Schaik zitiert, der sagt: „Die Religion hat das Patriarchat nicht erfunden, ihm aber den göttlichen Segen erteilt.“ 🤝

Und überhaupt: Let me introduce you tooooooo: The Husband Stitch. (Opens in a new window) Hierbei handelt es sich keineswegs um eine Serie auf Netflix, sondern um eine Form der Gewalt gegenüber Frauen und einen schwerwiegenden Eingriff in ihre körperliche Autonomie. Und das hat es damit auf sich: Bei einer vaginalen Geburt kann es zu einem Riss kommen, der genäht werden muss. Bei dem sogenannten “Husband-Stitch” oder auch “Gentleman’s Stitch” werden heimlich ein oder zwei weitere Stiche gesetzt, um die Frau “enger” zu nähen. Das ist medizinisch nicht nur unnötig, sondern völlig kontraproduktiv und mit Schmerzen z.B. beim Geschlechtsverkehr oder dem Einführen eines Tampons verbunden. Dem Mann hingegen versprechen die Extra-Stiche (fälschlicherweise!) mehr Genuss. Verlässliche Zahlen dazu, wie oft diese Praxis angewandt wird, gibt es nicht. Wohl aber zahlreiche Erfahrungsberichte, teils auch von Ärztinnen.

Die Correctiv-Recherche zu rechtsextremen Deportationsplänen ist vermutlich an niemandem von uns vorbeigegangen. Inzwischen wurde sie um weitere Informationen (Opens in a new window) ergänzt. Vielleicht fragt ihr euch jetzt, was ihr tun könnt, was wir tun können. Die Amadeu-Antonio-Stiftung (Opens in a new window) ist einer von vielen guten ersten Anlaufpunkten. Dort findet ihr eine super aufbereitete Handreichung mit konkreten Schritten und jede Menge fundierte Quellen zur Auseinandersetzung mit dem Thema. Zum Beispiel auch darüber, welche Rolle Antifeminismus im Rechtspopulismus (Opens in a new window) spielt.

Zum Schluss hab ich noch einen Guck-Tipp für euch: “Neue Väter, alte Rollen? Papas unter Druck” (Opens in a new window). Feminismus-Ultras wird diese Doku vielleicht nicht vom Hocker hauen. Aber: Die Macher des Films versuchen zu ergründen, warum noch immer so wenige Männer (lange) in Elternzeit gehen und vor welchen Herausforderungen sie stehen. Dabei soll es nicht darum gehen, Papas Applaus für das zu geben, was bei Müttern als selbstverständlich gilt. Und das ist ganz gut gelungen, finde ich. Selbst wenn eine solche Doku auch in Anbetracht des Formats und der Dauer nur an der Oberfläche kratzen kann. Während der Recherche zu unserer Doppelfolge zum Thema Männlichkeit und Feminismus (Opens in a new window) haben Lena und ich gelernt, dass es wohl oder übel männliche Vorbilder braucht. Also: Here you go. Und vielleicht kann Werner-Kai-Uwe-Friedrich der Doku auch etwas abgewinnen.

Ach, so! Da ist ja noch die Sache mit dem Abstammungsrecht. Das soll reformiert werden. (Opens in a new window) Nun stehen die Eckpunkte für das neue Gesetz. Bisher gilt: Mutter ist, wer das Kind geboren hat. Vater ist, wer mit ihr verheiratet ist. Bei unverheirateten Heteropaaren kann die Vaterschaft und die gemeinsame Sorge unkompliziert erklärt werden. Lesbische Paare hingegen haben es schwerer. Ob verheiratet oder nicht: Die zweite Mutter muss bislang das Kind adoptieren. Was sehr aufwändig und belastend ist. Lena hat dazu im Januar 2023 eine Sendung (Opens in a new window) gemacht. Künftig ist bei verheirateten Frauen die zweite Mutter automatisch auch rechtlicher Elternteil. Und bei unverheirateten lesbischen Paaren soll künftig eine einfache Anerkennung des Kindes möglich sein. Yay! Für schwule Paare soll es keine neue Regelung geben. Und Transelternschaft ist leider nochmal ein ganz anderer Schnack.

Bis bald im Podcast oder hier!

Laura

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Das Foto ist von Catalina G., unsplash.com.


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