Kultur für alle-noch einiges zu tun
Vielen Dank für den gelungenen Start des ersten Kulturnewsletter und Eure positiven Reaktionen. Dies hat mir gezeigt, dass es das richtige Projekt ist. In persönlichen Gesprächen und in den sozialen Netzwerken findet der Newsletter großen Anklang.
Wichtige Themen wurden in den Reaktionen angesprochen, die ich bereits im Kopf habe. Jemand schrieb: „Gerade in Zeiten, in denen die Demokratie schwer unter Beschuss steht, sollte meiner Ansicht nach der Basiskultur eine besondere Bedeutung zukommen.“ Kultur und Demokratie wird in einem der nächsten Newsletter Thema sein, denn beides gehört eng zusammen. Heute geht es erstmal um einen anderen Aspekt von Kultur.
Kultur für alle
Heute ist das Thema Kultur für alle. Zuerst möchte ich eine Reaktion zitieren: „Kultur ist der Kitt einer jeden Gesellschaft und funktioniert inklusiv, milieu- und generationenübergreifend. Es muss nicht immer zwingend der Verein und die organisierte Brauchtumspflege sein, Kultur kann schon in der Dorfkneipe oder -kapelle beginnen. Auch Nachbarschaftstreffs haben starkes inklusives Potential.“ Dieses Zitat zeigt, was Kultur alles sein kann und wo man Kultur begegnet. Sie ist also überall zu finden, doch ist sie auch für jedermann zugänglich?
Das zum ersten Mal sich jemand für Kultur für alle einsetzte, war 1979. Der Frankfurter Kulturdezernent Hilmar Hoffmann veröffentlichte vor 45 Jahren die Streitschrift „Kultur für alle“ (Opens in a new window) und veränderte damit die deutsche Kulturpolitik von Grund auf. Er war einer der ersten Politiker, der die Bedeutung von Kultur und Bildung für die Gesellschaft erkannte. In seiner Streitschrift forderte er die Teilhabe breiter Bevölkerungsschichten an Theatern, Bibliotheken und Museen, welche bis dato nur den Bildungsbürgern offen standen. Es war sein Wunsch, dass bereits die Kinder einen viel stärkeren Zugang zu Kultur erhalten. So ganz hat es am Ende nicht geklappt, allen einen Zugang zu ermöglichen. Doch diese Streitschrift hat einiges im Denken und der Umsetzung verändert.
Guter Gedanke
Dies ist ein Gedanke, den ich sehr gut finde und den wir leben sollten. Kultur beginnt beim Nachbarschaftsfest auf der Straße, wo alle zusammenkommen und geht bis hin zu den Stücken auf der großen Bühne. Kultur spricht die Menschen an, fördert Inklusion und Migration, lässt uns einen gemeinsamen Nenner finden, auch wenn wir im Leben manchmal sehr unterschiedlich sind. Zudem bedeutet dieser Gedanke auch, Barrieren abzubauen – sei es durch finanzielle Unterstützung, die Berücksichtigung von Barrierefreiheit, die Bereitstellung von Angeboten in verschiedenen Sprachen oder die bewusste Einbindung von benachteiligten Gruppen. Kultur wirkt als verbindendes Element und ermöglicht es allen Menschen, ihre Identität auszudrücken, gemeinsam zu lernen und kreative Erfahrungen zu teilen.
Doch wie sieht es wirklich aus mit Kultur für alle? Ist Kultur für alle zugänglich? Für unseren Theaterverein kann ich sagen, ja. Jeder kann bei uns mitspielen und jeder kann unsere Veranstaltungen besuchen. Allerdings hatten wir in der Vergangenheit das Problem, dass eines unserer Mitglieder nicht mitspielen konnte, weil eine Bühne nicht barrierefrei zugänglich war.
Oftmals habe ich bei verschiedenen Fördermittelanträgen das Gefühl, dass sie ausgrenzend sind, statt einbindend. Fördermittel gibt es, wenn Projekte für Menschen mit Migrationshintergrund gestaltet werden, wenn queere Mitglieder willkommen sind oder Menschen mit Beeinträchtigungen. Ich erkenne den Gedanken dahinter, Vereine dazu anzuregen, sich für alle zu öffnen. Mir kommen solche Kriterien jedoch manchmal ausgrenzend vor, weil bei uns im Verein bereits alle willkommen sind und bei unseren Projekten schauen wir nicht, welche „Kriterien“ unsere Mitglieder erfüllen, damit wir an irgendwelche Fördergelder kommen. Kultur mit „Statusettiketten“ schränkt ein. Es stehen nicht in erster Linie beeinträchtigte Menschen, Menschen mit Flucht- oder Gewalterfahrungen, Menschen mit was auch immer für eine Lebensausrichtung auf der Bühne. Sondern es stehen immer Menschen als Künstler dort, die den Erfolg, Freude und Anerkennung für ihr künstlerisches Schaffen suchen.
Blick von außen
Doch wie sieht es aus, wenn ich meine Perspektive wechsele und von außen auf die Frage schaue? Auch wenn ich sage, dass unser Verein für alle offen steht, so ist mir bewusst, dass es im Landkreis kulturelle Angebote gibt, die nicht für alle gemacht sind. Entweder sind sie nicht für alle zugänglich, weil sie durch eine fehlende Barrierefreiheit Menschen ausschließen. Auch gibt es kulturelle Angebote, die aufgrund ihrer Preise finanziell nicht für jeden zugänglich sind. Und manchmal fehlt es in der Kommunikation, dass nicht jeder von kulturellen Angeboten erfährt. “Kultur für alle” ist hier im Landkreis nicht für jeden gegeben ist. Da gibt es noch einiges zu tun.
Bunte Töne rund um die Pusteblume
Wie Kultur für alle geht, zeigte die Lebenshilfe Limburg Diez e.V. letztes Wochenende mit ihrer Veranstaltung „Bunte Töne“. Mitten im Herzen der Stadt rund um die Pusteblume, pulsierte das bunte Leben. Über zehn Stunden lang sorgten verschiede Bands aus Limburg und der Umgebung für eine gute Stimmung, die Tanzgruppe der Astrid-Lindgren-Gruppe lud zum Mittanzen ein. Es wurde Abkühlung im Wasser der Pusteblume gesucht, vor der Bühne wild getanzt. Jung und Alt, Menschen mit Beeinträchtigungen und ohne feierten ein großartiges Fest miteinander. Ein solches Fest mitten in der Öffentlichkeit fand so das erste Mal in Limburg statt. Dahinter steckten fünf Jahre Planung. Viele glückliche Gesichter waren zu sehen und alle zeigten sich sehr zufrieden. Sowas würde ich mir bitte viel öfter wünschen.
Die Lebenshilfe Limburg Diez e.V. schreibt selbst auf ihren Kanälen: “Wir sind noch ganz Ohr! Das war einfach super, unser erstes Bunte Töne Festival! Und das bei bestem Wetter! Da war ganz viel Platz für das, was uns wichtig war und ist: Das „Bunte Töne Festival“ hat Musikerinnen und Musiker mit und ohne Behinderung auf die Bühne gebracht. Die Vielfarbigkeit der Musikstile und künstlerischen Akteurinnen und Akteure stand dabei im Mittelpunkt.”
Besser hätte es niemand ausdrücken können!!!
“Wortgefetze”
Kultur findet auch an ungewöhnlichen Orten statt, so erlebt in der Fetze, das Jugendfreizeitzentrum in der evangelischen Kirche. Den Eingang musste ich erstmal suchen, da ich noch nie an diesem Ort war. „Wortgefetze“ lautete die Einladung und ich erlebte einen inspirierenden Abend. Dass man mit Kultur bereits junge Menschen erreicht, zeigte der Poetry Workshop mit Kaddy Kupfer. Was dabei herauskam, präsentierten die jungen Menschen vor einer Woche. Häufig hört man, die Jugend habe nichts zu sagen. Doch dass diese sehr viel zu sagen haben, zeigte dieser Abend.
Für alle Jugendlichen war es das erste Mal, dass sie auf der Bühne standen und in ein Mikrofon sprachen, da gehört eine Menge Mut dazu. Und sie sprühten vor unglaublicher Energie. In ihren Texten setzten sich die jungen Menschen mit verschiedenen Themen auseinander. Wie fühlt es sich an, sich nicht genug zu fühlen, weil die sozialen Netzwerke ein anderes Bild vorgaukeln? Wie fühlt es sich an, wenn ein Duft ein Meer an Erinnerungen erzeugt, aber man den Moment nicht zurückholen kann? Der Ruf danach, ein Mensch zu sein und keine Krankheit oder die Kraft, gegen ein krankhaftes Gefühl zu kämpfen. Die Forderungen, den Menschen und seine Bemühungen zu sehen, anstatt nur eine Note auf einem Blatt Papier. Pure Emotionen wurden mit starken Worten transportiert und erzeugten Gänsehaut. Dies habe ich an diesem Ort nicht erwartet und bin froh, mich darauf eingelassen zu haben.
Vorschau
Ich schrieb oben, Kultur beginnt bereits bei Nachbarschaftsfesten auf der Straße. Zusammenkommen, sich miteinander unterhalten, sich auszutauschen – dies ist auch möglich bei Flohmärkten. Man sucht etwas, findet etwas. Nutzt gerne die Möglichkeit, mit anderen zu kommunizieren. So erfahrt ihr vielleicht eine interessante Geschichte eines Gegenstands, erlebt etwas Unerwartetes. Daher möchte ich auf zwei Termine aufmerksam machen – am 15. September von 10 bis 14 Uhr laden die Landfrauen Mensfelden zum Höfe Flohmarkt ein, am 22.09.2024 von 9 bis 16 Uhr findet in Frickhofen ein Höfe Flohmarkt statt. Nutzt die Gelegenheit und kommt beim Stöbern mit den anderen gerne ins Gespräch.
Ein kultureller Ort in Limburg ist die Kleinkunstbühne Thing. Diese hat ihre Sommerpause gehabt und startet nun mit einem neuen Programm. Das vollständige Programm findet ihr auf der Homepage des Things (Opens in a new window).
Ein regelmäßiges, kulturelles Angebot im Oberlahn-Bereich macht das Lindencult in Weilburg-Hasselbach. Das ganze Programm seht ihr auf der Homepage (Opens in a new window).
Ein wenig Eigenwerbung möchte ich zum Schluss machen. Wer die Grand Dame der Kriminalliteratur, Agatha Christie, mag, ist gerne zu uns nach Elz eingeladen. Wir spielen im Oktober „Mord im Orientexpress“ (Opens in a new window) mit dem bekannten Detektiv Hercules Poirot. Und wenn der berühmte belgische Privatdetektiv Poirot eine exotische Reise unternimmt, dann kann man sicher sein, dass der Tod mitreist. Auf diese Reise nehmen wir Euch gerne mit.
Zum Schluss
Ihr kennt Kulturinteressierte? Dann schickt diesen Newsletter gerne weiter. Ihr habt Termine, auf die aufmerksam gemacht werden soll? Dann schickt mir diese bitte und ich nehme sie mit auf. Ihr möchtet Euch mit mir über Kultur unterhalten? Dann lass uns gerne treffen! Lasst uns gemeinsam zeigen, wie vielfältig Kultur ist. Was bedeutet Kultur für Euch? Lasst uns gemeinsam entdecken, was Limburg-Weilburg zu bieten hat! Gerne könnt ihr meine Arbeit auch unterstützen (Opens in a new window).
Liebe Grüße,
Eure Heike