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334 - Raum geben anstatt kleinzumachen

Je nach Lebenserfahrung existieren bestimmte Gefühle nur am Rand unseres Bewusstseins. Sie werden als negativ gesehen und ausgegrenzt. Sie sind unerwünscht und vielleicht wird ihnen sogar unterstellt, sie seien gefährlich oder existenzbedrohend.

Wut fühlt sich dann vielleicht an wie eine zerstörerische Energie, die um alles in der Welt gebannt werden muss. Trauer ist dann vielleicht ein endloser, trostloser Sumpf, aus dem es kein Entrinnen gibt. Scham wird vielleicht als Vernichtung empfunden, die es um jeden Preis zu verhindern gilt.

Erkennen Sie im Focusing solch eine begrenzende Sichtweise auf das Gefühl nicht, so ist es leicht, zur zuckersüßen Gegnerin zu werden, die dann ganz korrekt sagt "Ich nehme wahr, dass da etwas in mir ist, das jetzt gerade wütend ist" und dabei aber meint: "Ich nehme wahr, wie wütend ich bin und das darf auf keinen Fall sein, weil es viel zu zerstörerisch und gefährlich ist." Oder: "Das ist so unendlich traurig, wenn ich damit in Berührung komme, dann werde ich nie wieder aufstehen können."

Im Focusing geht es darum, das eigentliche Gefühl und die Angst vor dem Gefühl trennen zu können. Dies gelingt manchmal dadurch, dass Sie einerseits die Angst formulieren - und anderseits dem ausgegrenzten Gefühl die Erlaubnis geben, im Körper den richtigen, passenden Platz einzunehmen.

Der zweite Schritt kann spannend werden, denn ein ausgegrenztes Gefühl hat wenig Erfahrung damit, sich im Körper zu bewegen. Deshalb arbeite ich gerne mit der Einladung und Erlaubnis, sich im Körper zu bewegen oder zu fließen, sich auszudehnen; sogar bis hin dazu, den ganzen Körper zu erfüllen und sich so in seiner vollen Pracht zu zeigen.

Beispiel:

  • "Ich laden dich ein, dass du dich in meinem Körper frei bewegen kannst, so wie du es möchtest." / "Ich laden dich ein, dass du in meinem Körper eine Form findest, die für dich genau richtig ist."

  • "Ich lade dich ein, dass du dich in meinem Körper so weit ausdehnen kannst, wie es für dich richtig ist."

Dies kann nicht erzwungen, sondern nur erlaubt und eingeladen werden. Es kann viel Zeit brauchen, um an diesem Punkt anzulangen - und es ist eine Demonstration meiner Reife, dem Gefühl jetzt ein sicherer Raum zu sein (auch wenn es weiterhin einen ängstlichen Anteil gibt).

So gebe ich Raum und kann Zeit mit einem Gefühl verbringen, ohne es durch die Brille eines ängstlichen Anteils sehen und deswegen kleinmachen zu müssen. Ich sehe dann nicht mehr extreme Ausprägungen - Zerstörung! Gefahr! -, sondern ein sinnvolles - Aufatmen :-) Erleichterung :-) -, immer auch verletzliches Gefühl in Bezug auf eine Lebenssituation, die es hier und jetzt zu lösen gilt. 

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