Noltes Notizen | 23. September 2022
Liebe KLup-Freund:innen,
dieser Herbst dürfte ein spannender werden. Von einem "heißen Herbst" zu schreiben, geziemt sich in kirchlichen Dingen wohl nicht wirklich. Einigen wir uns auf "spannend" (und meinen "heiß" ...). Davon war schon einiges zu spüren, als ich in der vergangenen Woche zum sogenannten "Hintergrundgespräch" in Frankfurt war, zu dem sich die Chefredakteur:innen katholischer Medien zweimal im Jahr mit der Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz, Beate Gilles, und dem Pressesprecher Matthias Kopp treffen. Immer rund zehn Tage vor Beginn der Frühjahrs- und der Herbstvollversammlung kommen wir in dieser Gruppe von knapp 20 Menschen zusammen.
Am kommenden Montag beginnt ja die Herbstvollversammlung, die traditionell immer in Fulda, am Grab des heiligen Bonifatius, des "Apostels der Deutschen", stattfindet. Die Frühjahrsvollversammlung hingegen ist in jedem Jahr an einem anderen Ort - da reist der große Zirkus aus Bischöfen, Mitarbeitenden des Sekretariats der Bischofskonferenz (mit Sitz in Bonn) und natürlich einem ordentlichen Tross von Medien reihum durch die Bischofsstädte oder zumindest die Bistümer in der Republik: im März dieses Jahres beispielsweise in den Wallfahrtsort Vierzehnheiligen im Erzbistum Bamberg, Ende Februar nächsten Jahrs geht es nach Dresden. In Münster tagte die Vollversammlung zuletzt im März 2014, als der Münchner Kardinal Reinhard Marx zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde.
Von Frankfurt nach Fulda
Jetzt also geht es in der kommenden Woche nach Fulda. Und das wird allein schon deshalb spannend, weil vermutlich allen noch der Eklat und überhaupt das Verhalten der Bischöfe bei der vierten Synodalversammlung Anfang September in Frankfurt in den Knochen steckt. Wie man hört, geht das dem einen oder anderen Bischof ähnlich: Das Grundlagenpapier für eine Reform der Sexualmoral ist krachend an der Sperrminorität von mehr als einem Drittel der Bischöfe gescheitert, und bei wesentlichen folgenden Abstimmungen (zu einer Neubewertung von Homosexualität, zu einer möglichen Öffnung des kirchlichen Amtes für Frauen, zur Einsetzung eines Synodalen Rates) hatten sich die Bischöfe vor der Abstimmung zu internen Beratungen zurückgezogen.
Das kam bei weitem nicht bei allen gut an. Schließlich hatte es vor der Synodalversammlung mehr als genügend Möglichkeiten gegeben, seine Meinung einzubringen, Kritik zu äußern, Änderungen anzumelden - und nicht zuletzt seitens der Bischöfe zu eruieren, wie denn wohl unter ihnen die Stimmungen und Positionen zu diesen Themen sind.
Bischof Georg Bätzing als Vorsitzender der Bischofskonferenz hatte noch in der Synodal-Aula angekündigt, das "Floppen" des Sexualitäts-Grundsatzpapiers wie auch das weitere Verhalten in der Vollversammlung zum Thema zu machen. Und auch wenn es zum Wesen von "Hintergrundgesprächen" gehört, alles dort Gehörte nicht öffentlich zu machen - so viel kann ich sagen: Es ist beileibe nicht ausgemacht, wie die Fuldaer Diskussion der Bischöfe über diese Delegiertenversammlung ausgehen wird. Bätzing sprach wohl nicht ohne Grund in Frankfurt sehr ehrlich von einer "krisenhaften Situation" - auch und gerade unter den Bischöfen.
Von Münster nach Fulda
Aus diesem Grund werde ich erstmals auch zur Vollversammlung fahren. Bislang (und auch grundsätzlich) fand ich den zeitlichen Aufwand immer etwas disparat zum publizistischen Output und Erkenntniswert; die Bischöfe tagen nicht öffentlich, werden eher abgeschottet von uns Medienleuten. Außer den morgendlichen Frühmessen und den täglichen Pressekonferenzen zu den (nicht immer sonderlich brennenden oder gar tagesaktuellen) Themen der Tagesordnung gibt es nicht viel Offizielles. Wohl wird man hier mal den einen Bischof kurz unter vier Augen sprechen können, dort mal jenen Weihbischof, und auch die Gespräche mit den Kolleg:innen sind bei solchen "Events" immer wertvoll. Genau darauf setze ich dieses Mal besonders: Wie ist die Stimmung? Wie auskunftsfreudig sind die Bischöfe? Wie hintergründig die Predigten in der Morgenmesse (Dienstag: Bätzing / Mittwoch: Woelki / Donnerstag: Marx)? Wer gibt sich redselig, wer verschanzt sich?
Darum fahre ich am Montag nach Fulda und schaue, was sich ergibt, was ich beobachten kann, was ich an "Schwingungen" wahrnehme.
Von Fulda nach Rom
Klar ist auch: Der "spannende Herbst" endet längst nicht am nächsten Donnerstag, wenn die angereisten Bischöfe von Fulda aus wieder in ihre Bischofsstädte heimgekehrt sind. Anfang November steht der sogenannte "Ad-Limina-Besuch" der deutschen Bischöfe an - also der für gewöhnlich im Fünf-Jahres-Rhythmus vorgesehene Besuch beim Papst und den diversen Dikasterien des Vatikans. Auch dort wird der Synodale Weg natürlich eine ganz erhebliche Rolle spielen - nicht nur, weil Bischof Bätzing das angekündigt hat, sondern auch weil Rom natürlich mit ziemlich wachen Augen darauf schaut, was in Deutschland gerade vor sich geht. Damit ist gar nicht gesagt, dass das nur skeptisch beäugt wird - Kardinal Mario Grech, der Chef der Weltbischofssynode, hat sich ja erst kürzlich recht gelassen, geradazu wohlwollen, allemal interessiert gezeigt.
Klar ist auch: Das heißt gar nichts. Wie Papst und Kurie mit dem deutschen Reform-Projekt letztlich umgehen, wie mit dessen Beschlüssen und Voten Richtung Rom - das kann definitiv niemand mit Sicherheit sagen (auch nicht die, die anderes behaupten). Das macht die Sache nicht leichter. Wobei mit "Sache" dies gemeint ist: Was Papst Franziskus wirklich unter Synodalität versteht, wie weit, wie mutig, wie demokratisch, wie hierarchisch, wie reformerisch, wie geistig, wie klerikal, wie offen für Laien, wie konkret - es weiß definitiv niemand.
Das ist einer der Gründe, warum auch reformfreudige und erwartungsvolle Katholik:innen in Deutschland mal ermutigt, mal enttäuscht, mal völlig verunsichert sind. Meines Erachtens ist das ein Teil des Problems. Wohin die Reise geht, weiß keiner. Derweil läuft uns die Zeit davon - nicht nur in Deutschland, wie wir an den Rückmeldungen etwa aus der Schweiz (Opens in a new window), aus Italien (Opens in a new window), aus Skandinavien (Opens in a new window)oder zuletzt aus den USA (Opens in a new window)deutlich lesen konnten.
Bester Nebeneffekt: wie gesagt, es bleibt spannend.
Von Rom nach Münster
Um spannende Blicke in die Zukunft geht es derzeit auch bei uns in der Redaktion: Zurzeit macht Simons Helmers (29) ein Praktikum bei uns. Er ist Volontär in der Kommunikationsabteilung des Diaspora-Hilfswerks Bonifatiuswerk in Paderborn und hat sich unsere Redaktion für ein vierwöchiges Praktikum ausgesucht, um Einblicke in die tagesaktuelle Online-Arbeit zu bekommen. Das macht uns ein bisschen stolz - und es macht schlichtweg Spaß, mit jungen, aufstrebenden Journalisten zusammenarbeitne zu können. Das tut auch uns gut.
Dann folgt Anfang Oktober unser neuer Volontär, der zwei Jahre lang seine journalistische Ausbildung bei uns macht. Und gerade in dieser Woche haben wir Vorstellungsgespräche mit weiteren jungen Journalist:innen geführt, die bei uns als Video- und Audio-Reporter:innen beginnen möchten. Auch das war jetzt schon in jeder Hinsicht für uns bereichernd; wir hoffen sehr, bald eine:n neue:n Kolleg:in zu unserem Team zählen zu können. Natürlich halte ich euch auch hier auf dem Laufenden.
Von Münster nach Hamburg
Zwei Mal habe ich in der vergangenen Woche großartige Mails von KLup-Mitgliedern bekommen: In der einen mahnt Ralph aus Hamburg unsere Bildsprache in meinem vorletzten Newsletter über unsere Redaktionsgrillerei auf dem Land an. Da seien ja (fast) nur Männer zu sehen, und wir hätten doch sicherlich viel mehr Frauen im Team. Sehr fein beobachtet, kann ich nur sagen - danke dafür auch an dieser Stelle! Aber in der Tat ist das ein echtes Problem für uns. Wir waren zwar immer schon ziemlich männerlastig, aber dieser Zustand hat sich in den letzten zwei Jahren nochmals verschärft - zuletzt durch den Wechsel von Marie-Theres Himstedt. Zurzeit ist Annette Saal die einzige (!) RedakteurIN im Team - umso dankbarer sind wir für unsere beiden Redaktionsassistentinnen Anne und Petra. Es ist uns - und mir persönlich - ein großes Anliegen, diese Ungleichgewicht zu ändern. Aber zum einen liegt das nicht nur in unserer Hand, zum anderen darf das Geschlecht - weder in der einen noch in der anderen Hinsicht - natürlich nicht das einzige Auswahlkriterium sein. Ebenso wichtig sind selbstverständlich journalistische Kompetenz und nicht zuletzt die "Chemie": Passt die- bzw. derjenige in unser Team?
Die andere Mail kam von Martin aus dem Münsterland. Nachdem Jan Dirk Wiewelhove in seinem "KLup-Wochenmenü" vorgestern davon geschrieben hat, dass unsere Kollege Johannes Bernard über die großen Nachwuchs-Probleme bei Kolpingsfamilien recherchiert, widersprach Martin vehement: In seiner Gemeinde blühe Kolping, der Vorstand sei derart stark mit jungen Leuten besetzt, dass sogar ein etwas älteres Semester eigens gefunden werden musste, damit auch diese Altersgruppe im Vorstand vertreten ist. Das hat Kollege Johannes natürlich schon einmal in seine Recherchen aufgenommen (der Beitrag erscheint in diesen Tagen) - er wird sich diese quirlige Kolpingsfamilie aber auch eigens noch einmal anschauen und über sie berichten (nach seinem wohlverdienten Urlaub, den er gerade antritt).
Und jetzt zum Klup!
Also, vielen Dank für solche Rückmeldungen! Sie sind uns äußerst wertvoll - und genau so wünschen wir uns unseren KLup: Lasst uns wissen, wo Ihr unsere Themen und Recherchen ergänzen könnt, wo Ihre andere Perspektiven empfehlt, wo Ihr jemanden kennt, den wir zu einem Thema unbedingt befragen sollen - oder wo Ihr selber so jemand seid, weil Ihr euch auskennt. Lasst uns auch wissen, wo Ihr etwas nicht versteht, was Ihr immer schon mal wissen wolltet! Diesen Dialog wollen wir. Auch darum gibt es den KLup.
In diesem Sinn ein herzliches Willkommen für die neuen KLup-Mitglieder - und einen herzlichen Dank für Euer und für Euer aller Unterstützung. Bleibt uns gewogen, empfehlt uns weiter, sprecht über uns - und lest uns!
Ein schönes Wochenende und einen gesegneten Sonntag - und natürlich:
Guet goahn!
Markus Nolte (Chefredakteur Online)