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Der „Hobbit“-Film – Mettwurst statt Kaviar

Du hast es vielleicht mitbekommen: In der aktuellen Folge von COBAINS ERBEN reden Jay und ich mit Manuel Schmid vom RefLab über die beiden Serien 'The Rings of Power' und 'The House of the Dragon' (Opens in a new window). Natürlich kommen wir dabei ausführlich auch auf Tolkiens Mythologie, Mittelerde, den 'Herr der Ringe' zu sprechen, aber auch auf Peter Jacksons Verfilmungen 'The Lord of the Rings' und 'The Hobbit'. 

In dem Talk sage ich ziemlich deutlich, wie unzufrieden ich mit der Hobbit-Verfilmung gewesen bin. Tatsächlich habe ich vor neun Jahren eine längere Rezension des ersten Teils geschrieben. Ich dachte mir, dass sie Dich vielleicht interessieren würde. Hier ist sie.

Die Verfilmung eines Romanes ist nie ganz unproblematisch. Das haben Regisseure und Leser bzw. Zuschauer oft schon erleben müssen. Sowohl der Roman als auch der Spielfilm sind zwar beides erzählende Gattungen, doch die jeweiligen Mittel, die dem Autor und dem Regisseur zur Verfügung stehen, sind eben doch ganz unterschiedlich. Während der Autor allein mit Sprache und Vorstellungskraft als Werkzeugen auskommt, ist der Regisseur auf das angewiesen, was sich mit filmischen Mitteln darstellen lässt.

Natürlich hat, was das angeht, die Filmtechnologie in den vergangenen Jahrzehnten unglaubliche Fortschritte gemacht, eben weil jeder Spielfilm daran arbeitet, die Grenzen des Darstellbaren zu erweitern. Es ist also inzwischen sehr vieles darstellbar, was noch vor einigen Jahren als unverfilmbar gegolten hätte.

Einer der Regisseure, die sich weidlich und auch gekonnt der special effects bedienen und für ihr filmisches Erzählen nutzbar machen, ist zweifellos Peter Jackson. Immerhin ist es ihm gelungen, Tolkiens Epos „Der Herr der Ringe“ erfolgreich zu verfilmen und auf diese Weise Mittelerde auf der Kinoleinwand lebendig werden zu lassen, was selbst eingeschworene Tolkien-Fans einigermaßen zufrieden stellte. Für die nächsten Jahrzehnte werden es Jacksons Bilder sein, die die Ikonographie von Tolkiens fiktivem Universum maßgeblich dominieren werden.

Man hätte also meinen sollen, Peter Jackson könnte mit der Verfilmung von J. R. R. Tolkiens „Der kleine Hobbit“ eigentlich nichts falsch machen. Tolkiens leichtfüßige Geschichte „The Hobbit“ (wie „Der kleine Hobbit“ im Original heißt) scheint im Gegensatz zu „Der Herr der Ringe“ einer intelligenten und spannenden Nacherzählung so viel weniger Steine in den Weg zu legen, dass einem Mittelerde-erprobten Regisseur wie Jackson nichts hätte anbrennen dürfen. Eigentlich. Denn leider ist bei der Verfilmung dann doch einiges schief gegangen. Meiner Überzeugung nach ist es gerade Jacksons Bemühen um eine umfassende Darstellbarkeit des Stoffes, das den Film schlechter und nicht besser macht, als er es hätte werden können.

Drei narrative Probleme

Als Erzähler sah sich Jackson verschiedenen narrativen Problemen gegenüber, die es zu lösen galt. Da war zum einen sein Ruf als Tolkien-Interpret und die Erwartungen des Publikums. Die wenigsten Zuschauer der Herr-der-Ringe-Trilogie (die ja in Wahrheit eine Hexalogie ist) hatten die Bücher überhaupt gelesen, die meisten kannten das Werk allein durch Jacksons Interpretation. Der Regisseur musste daher davon ausgehen, dass auch die Zuschauer des „Hobbit“ das Buch nicht kennen würden und gerade noch wissen mochten, dass es sich hierbei um die Vorgeschichte zu „Der Herr der Ringe“ handelt. Was Fans der Filme offenkundig an ihnen schätzten, war die Epik, die Dramatik, die Größe des Konfliktes mit großen Schlachten, weltbedrohenden Katastrophen und den heldischen Taten der Protagonisten. All das konnte Jackson bei der Verfilmung von „Der Herr der Ringe“ direkt aus der Vorlage übernehmen, und er tat das mit großer Liebe zum Detail.

Die Fans, so musste Jackson annehmen, würden vom „Hobbit“ genau dasselbe erwarten – Epik, Dramatik, Größe. Und genau das stellte ein Problem dar, jedenfalls dann, wenn Jackson mit dem „Hobbit“ genauso verfahren wollte wie mit den Herr-der-Ringe-Filmen, denn wenn es Epik, Dramatik und Größe in Tolkiens „Hobbit“ gibt, dann nur sehr versteckt, sozusagen zwischen den Zeilen. Das Buch kommt im Vergleich zu „Der Herr der Ringe“ sehr viel bescheidener daher.

Sein Hauptkonflikt – die Befreiung Erebors vom grausamen Drachen Smaug – betrifft scheinbar nicht ganz Mittelerde, sondern nur einen Teil davon, nämlich die Zwerge des Einsamen Berges, die Menschen, die in der Nähe des Berges leben und natürlich den tapferen, aber ziemlich spießigen Hobbit Bilbo. Und so vergleichsweise bescheiden geht es weiter: Bilbo ist ein knuffiger Kerl, der in das Abenteuer seines Lebens stolpert, aber er ist kein tragischer Held, wie es sein Neffe Frodo sechzig Jahre später werden wird. Die Zwerge haben etwas Komödiantisches und fast noch Märchenhaftes an sich und ähneln so gar nicht dem axtschwingenden Zwergenkrieger Gimli (der übrigens der Sohn eines der dreizehn Zwerge aus dem „Hobbit“ ist, nämlich Gloins). Orks heißen hier noch Goblins, und eine epische Schlacht gibt es erst am Ende des Romans, als bei der ‚Schlacht der fünf Heere‘ Zwerge, Elben, Menschen, Orks, Warge und Adler aufeinander treffen.

Das also muss ein narratives Problem für Jackson gewesen sein, das es zu lösen galt. Denn wenn er den nach großen Konflikten hungrigen Zuschauern Kampfgetümmel und Heldentaten zeigen wollte, dann konnte er sich diesmal eben nicht bei der eher kindlichen Vorlage bedienen. Der Erzählton des „Hobbit“ lässt ja überhaupt keinen Zweifel daran, dass es sich um eine Geschichte handelt, die Tolkien für seine Kinder schrieb – was bei weitem kein Nachteil ist, denn einem so großartigen Erzähler wie Tolkien war es natürlich möglich, auch in einem vermeintlichen Kinderroman subtilen Witz, feine Charakterstudien und erzählerische Tiefe mit einer fast tänzerischen Leichtigkeit einzubringen, so dass auch erwachsene Leser voll auf ihre Kosten kommen.

Ein zweites narratives Problem für eine Verfilmung des Stoffes ist die episodische Erzählstruktur des „Hobbit“. Wenn es im Buch einen umfassenden Handlungsrahmen gibt, der das Geschehen strukturiert und zusammenbindet, dann ist es ein sehr subtiler: nämlich die charakterliche Entwicklung eines Stubenhockers und Langweilers hin zum selbstlosen und mutigen Helden. Ansonsten reiht sich ein Abenteuer an das andere, was für einen Roman, der sich einer bestimmten Erzähltradition verpflichtet sieht, kein Problem darstellt. Einen Kinofilm allerdings lässt eine solche Erzählstruktur schnell langatmig werden, weil es eben nicht nur einen, sondern mehrere Spannungsbögen gibt, die immer wieder von neuem aufgebaut werden müssen.

Und dann ist da als drittes noch der riesige fiktive Tolkiensche Kosmos, der mythologische Unterbau, der den Kontext aller Geschichten aus Mittelerde darstellt und der in allen Geschichten eine wichtige Rolle spielt. Anders als dem Autor Tolkien scheint es dem Regisseur Jackson sehr daran gelegen zu sein, Mittelerdes Historie, sofern sie mit der Geschichte des Hobbit auch nur entfernt zu tun hat, zu erwähnen. Den Grund für dieses Bestreben muss man wohl erneut in dem Versuch vermuten, die Stoffe des „Hobbit“ und des „Der Herr der Ringe“ stärker zu einer Einheit zusammenzuführen, als das in den Büchern der Fall war.

Zeigen statt Andeuten

Diese drei Herausforderungen an die Erzählkunst Jacksons haben es in sich. Und der Weg, den er eingeschlagen hat, um ihnen zu begegnen, ist mutig, aber, zumindest für meinen Geschmack, ein Fehlgriff. Denn um an die Größe und die Schwere des Herr-der-Ringe-Stoffes anzuschließen und die Erwartungen des Publikums zu befriedigen, schleicht er sozusagen nicht mit leichten Hobbitfüßen durch den Plot, sondern er trampelt mit schweren Zwergenstiefeln. Oder, um es mit einem anderen Bild auszudrücken: Wenn Tolkien uns in seinem Roman erzählerischen Kaviar reicht, dann gibt uns Jackson in seiner Verfilmung narrative Mettwurst. Und zwar reichlich.

Eine der großen Stärken des Erzählers Tolkien ist es, dass er erzählt, was erzählt werden muss, während er vieles andere nur andeutet. Man könnte Tolkiens Erzähltechnik mit dem menschlichen Akt des Sehens vergleichen, bei dem das, worauf es ankommt, fokussiert wird, während das andere verschwommen im Hintergrund bleibt. Auf diese Weise erhält seine Welt eine Tiefe, in die der Leser förmlich hineingezogen wird. Sie wird ‚dreidimensional‘.

Ganz anders Jackson. In seinem Versuch, die fantastische Welt Mittelerdes so plastisch wie möglich werden zu lassen, greift er sogar auf technologische Neuerungen zurück: Nie waren Filmbilder schärfer, werden jetzt doch nicht mehr nur die herkömmlichen 24 Bilder pro Sekunde, sondern ganze 48 Bilder gezeigt. So erkennt man jedes Haar, jede Herpesblase, jede Hautfalte. Fast scheint es, als würde der Regisseur dem Zuschauer jeden imaginativen Spielraum wegnehmen wollen, um alle Details der Illusion selbst bestimmen zu können. Auch Jackson geht es ums Sehen. Aber im Gegensatz zu Tolkien übt er sich eben nicht in der hohen Kunst des Andeutens und Auslassens, die die Imagination des Lesers herausfordert, sondern zeigt stattdessen, was sich zeigen lässt, um so dem Zuschauer auch das letzte Stück Arbeit abzunehmen.

Mythologischer Unterbau

Beide Erzähler bedienen sich also ganz unterschiedlicher narrativer Strategien: Tolkien führt den mythischen Unterbau der Geschichten, der hier und da anklingt (z.B. wenn die Abenteurer in der Trollhöhle die elbischen Schwerter aus Gondolin entdecken, jener legendären verborgenen Stadt des ersten Zeitalters), nicht aus. Er lässt ihn unerklärt stehen. Das hat zur Folge, dass der Leser, sofern er nicht Tolkien-Experte ist, den größeren Kontext der Geschichte zwar erahnt, aber nicht wirklich benennen kann. Der Atmosphäre tut das keinen Abbruch. Das Gefühl, dass sich unter der Oberfläche der Erzählung noch etwas Größeres, Tieferes verbirgt, das man aber entdecken kann, wenn man sich nur auf die Suche macht, weckt die Abenteuerlust im Leser. Man möchte weiterlesen, weiterreisen, mehr entdecken.

Jackson hingegen fügt sogar dann Versatzstücke der Mythologie in die Erzählung ein, wenn sie mit der eigentlichen Geschichte nur entfernt zu tun haben, um ja nichts unerklärt zu lassen und die Bezüge zu verdeutlichen. So kommt es z.B., dass der ‚Weiße Rat‘, bestehend aus Gandalf, Saruman, Galadriel und Elrond, sich während der Reise der Zwerge nach Erebor trifft, weil er eine neuerliche Bedrohung durch Sauron befürchtet (in der mittelirdischen Historie findet das Treffen eigentlich noch vor Bilbos Geburt statt; Gandalf weiß also noch bevor er Bilbo für das Abenteuer gewinnt, dass es sich bei dem Nekromanten im Düsterwald um Sauron handelt). Und der große Ork Azog, der in der Schlacht vor Moria zwischen den Orks und den Zwergen nicht bloß verwundet, sondern tatsächlich erschlagen wird (nicht von Thorin Eichenschild, sondern einem Kampfgenossen), wird bei Jackson plötzlich zum Hauptgegenspieler der Abenteurer, ohne dass sich der Sinn dafür ohne weiteres erschließt (jedenfalls nicht im ersten Teil der „Hobbit“-Verfilmung).

Auch hier kann man über Jacksons Motive nur Vermutungen anstellen. Sicher ist es der Respekt vor Tolkiens Werk, der ihn dazu veranlasst, so viel wie möglich in seine Nacherzählung einfließen zu lassen; bestimmt spielt auch der Wunsch eine Rolle, dass möglichst viele Kinozuschauer einen Einblick in die Geschichte Mittelerdes erhalten, ohne dafür die Bücher gelesen zu haben. Außerdem hat der Regisseur wohl in dieser Vorgehensweise eine Möglichkeit gesehen, den Stoff der Geschichte zu raffen und dynamischer zu machen und die episodische Struktur des Romans zu vermeiden. Und zu guter Letzt geht es natürlich auch hier wieder darum, „Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“ als narrative Einheit erscheinen zu lassen, schließlich lässt sich auf diese Weise Personal in die Erzählung einführen, das eigentlich erst in „Der Herr der Ringe“ auftaucht (Saruman und Galadriel).

Magisches Dekor

Ganz ähnlich verhält es sich mit der Art, wie beide Erzähler mit dem magischen Dekor, den fantastischen Elementen Mittelerdes umgehen, zu denen die Bergriesen, die Warge und Riesenspinnen gehören. Auch hier zeigt sich bei beiden eine völlig unterschiedliche Herangehensweise.

So gerät z.B. die Gruppe der Abenteurer bei ihrer Überquerung der Berge in Gefahr, weil in einer Gewitternacht Bergriesen Felsbrocken hin und her schleudern. Tolkien erklärt nicht, wer diese Riesen sind und warum sie da sind. Für die Reisenden stellen sie eine mittelbare Gefahr dar, die sie aus einiger Entfernung beobachten und vor der sie sich in Acht nehmen müssen. Für den staunenden Bilbo (und den staunenden Leser) aber sind sie vor allem ein unerhörter, bisher völlig unbekannter Teil einer Welt, die viel größer ist, als er es bisher wusste. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Jackson verfährt anders. Bei ihm werden die Bergriesen zu einer unmittelbaren Gefahr, ja, die Berge selbst sind die Riesen, die sich drehen und stürzen und die Abenteurer beinahe unter sich begraben – eine der vielen rasanten Action-Szenen des Films.

Klamauk und Spektakel

Und das ist der Unterschied: Wo Tolkien andeutet, da zeigt Jackson. Tolkien impliziert, Jackson expliziert. Und das macht die Erzählung des letzteren zwar turbulenter, rasanter, spektakulärer, aber auch so viel kleiner. Denn den Eindruck von Größe und Erhabenheit des Stoffes erzielt Tolkien eben gerade durch die Andeutung, die dem Leser das Gefühl vermittelt, dass es ihm zu jedem Zeitpunkt und bei jedem Detail der Geschichte grundsätzlich möglich ist, noch mehr über das Woher und Warum zu erfahren. Gerade weil Tolkien nicht alles zeigt und erklärt, bietet sich ein Panorama, das zu groß ist, als dass wir alles im Detail erfassen könnten, so als würde man von einem Berg aus über eine große Landschaft blicken.

Dieses Prinzip scheint Jackson nicht verstanden haben. Ohnehin scheint er die leisen Töne nicht sonderlich zu schätzen, die Tolkien so virtuos beherrschte, und stattdessen das Spektakel vorzuziehen. Schon in den vorangegangen Filmen zog der Meister bekanntlich alle Ekel-, Horror- und Splatterregister, die seine special effects-Abteilung liefern konnte. Im „Hobbit“ versucht er sich sogar noch zu steigern: Orks sind fleischfarbene, nackte, von Herpesbläschen überzogene Maden und Missgeburten, die Warge sind riesige Raubtiere mit leuchtenden Augen, der Ork-König in den Höhlen ist ein schwabbelndes Monster und das Zwergenreich Erebor mit seinen goldgefüllten Sälen beeindruckt durch Pracht und Größe. Filmtechnisch ist das alles höchst imposant.

Leider beschränkt sich Jacksons Liebe zum Spektakel aber nicht auf die Ikonographie, die zu oft gängige Fantasy-Klischees bemüht, sondern sie macht sich eben auch in der Verarbeitung des Stoffes bemerkbar. Und das ist wirklich ein Jammer. Denn so vertauscht er feinen Witz, menschliche Größe und Tragik mit Klamauk und Action. Mettwurst statt Kaviar.

Gut veranschaulichen lässt sich das an der Figur des Radagast, des Zauberers, den Jackson extra in die Handlung einführt, um auf den alles umfassenden Konflikt der Wiedererstarkung Saurons hinzuweisen (eigentlich wird Radagast im Roman nur einmal kurz namentlich erwähnt, nämlich als Gandalf sich gegenüber dem Formwandler Beorn als Radagasts ‚Kollegen‘ vorstellt). Radagast der Braune ist eine schillernde und hochinteressante Figur in Tolkiens Werken. Als Leser erlebt man ihn nur einmal kurz als redende und handelnde Person, nämlich als er in „Der Herr der Ringe“ Gandalf im Namen Sarumans eine Botschaft übermittelt. So wie Gandalf, Saruman und die zwei namenlosen ‚blauen‘ Zauberer gehört Radagast zu einem Orden von Geistwesen, die Menschengestalt annahmen (den Istari), und von den Göttern (den Valar) den Völkern Mittelerdes als Beistand im Kampf gegen das Böse geschickt wurden. Während Saruman der Weiße diesem Auftrag wegen seiner Gier nach Macht nicht nachkommt, vernachlässigt ihn Radagast der Braune aus Liebe zu den Pflanzen und Tieren.

Dass Jackson Radagast als schielenden Waldschrat und Irren darstellt, dem Vogelkot in Haar und Bart klebt und der Pfeifenrauch aus den Ohren blasen kann, mag damit zusammenhängen, dass der hochmütige Saruman ihn in „Der Herr der Ringe“ als einfältigen Naturnarren verlacht. Aber natürlich ist Radagast viel mehr als das. Er ist ein mächtiger Geist unter den Bewohnern Mittelerdes, der versagt, weil er zu sehr liebt.

Da sich Jackson schon einmal dazu entschlossen hat, Radagast einen Platz in der Handlung des Films einzuräumen (möglicherweise auch deshalb, um noch ein wenig mehr vom mythologischen Unterbau zu präsentieren), so hätte er hier eine großartige Gelegenheit gehabt, in einer der Figuren Größe, Versagen und Tragik zu veranschaulichen, mithin Themen, die auch in „Der Herr der Ringe“ viel Raum einnehmen und die daher eine Brücke zwischen den beiden Verfilmungen hätten darstellen können. Doch der Regisseur entschied sich stattdessen für den Klamauk, das Skurrile, das Spektakel.

Ein abmilderndes Fazit

Dabei gibt es eine großartige Ausnahme von dieser ansonsten konsequent umgesetzten Vorgehensweise: In fast allen Rezensionen, die ich gelesen habe, wird zu Recht die Begegnung von Bilbo mit Gollum und der sich anschließende Rätselwettkampf als der eigentliche Höhepunkt des Filmes gefeiert. Ganz ohne spektakuläre Kamerafahrten, Explosionen und Kampfszenen und nur durch den Dialog zweier packender Charaktere entspinnt sich eine der spannendsten Szenen. Möglicherweise auch deshalb, weil Jackson hier der großen Erzählkunst Tolkiens folgt und die Größe im vermeintlich Kleinen augenscheinlich macht.

Um die Kritik an Jacksons „Hobbit“ etwas abzumildern, sollte folgendes nicht unerwähnt bleiben: Es handelt sich durchaus um einen guten Fantasy-Film. Manche Szenen sind schlichtweg großartiges Filmhandwerk, beispielsweise der Kampf der Zwerge gegen die Orks vor den Höhlen von Moria oder die Darstellung des Zwergenreiches Erebor unter dem Berg. Gemessen an anderen Fantasy-Erzählungen schneidet Peter Jacksons Verfilmung gut ab. Nun aber misst sich Jackson nicht mit irgendwelchen anderen Fantasy-Größen, sondern mit dem Urvater der Fantasy-Literatur selbst. Und dass der Vergleich zu seinen Ungunsten ausfällt, bedeutet in diesem Fall eben auch, dass Tolkiens große Schöpfung auf das Niveau ‚gewöhnlicher‘ Fantasy-Literatur herabgestuft wird, was für Tolkien-Enthusiasten schmerzlich ist. Meiner Ansicht nach hätte das nicht geschehen müssen, wenn Jackson sich, wie bei seiner filmischen Umsetzung von „Der Herr der Ringe“ auch, strenger an die Vorlage gehalten hätte.

Aber vielleicht hatte ein anderer Produzent kultureller Massenware Recht als er schrieb: „Es muss nicht immer Kaviar sein“.

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