Ankommen
Ankommen.
Auf dem Wäscheständer schaukeln die frisch gewaschenen Jeans im seichten Wind. Zum ersten Mal dieses Jahr sind alle Fenster des Balkons geöffnet. Die Abendsonne scheint mir ins Gesicht. Blätterrauschen der Bäume, ab und an das Quitschen der einfahrenden Straßenbahn in den Strassenbahnhof.
Ich atme aus. Endlich atme ich aus.
Die letzten Monate waren ein Wirbelsturm.
Am Himmel drehen Schwalben fiepend ihre Abendrunde, nicht tief, das ist gut. Das Zitronenbäumchen steht gerade noch in der Blüte, einige Blüten sind schon herunter gefallen. Ich habe den Geruch, den Moment, verpasst. Betörend eigentlich. Magisch. Nicht wahrgenommen in der Achterbahn der letzten Tage. Wochen. Monate.
Ich freue mich, dass endlich Worte kommen. Erste, kleine, ungewohnte. Neue.
Die Fülle und Lebendigkeit der letzten Monate war es, die mich buchstäblich sprachlos gemacht hat. Während man im Sauseschritt mit Turborückenwind durch das Leben düst, fällt es schwer, klare Gedanken zu fassen. Glück und Leid habe ich seit Ende November durchgängig gleichzeitig erlebt, belohnt nicht mit einem Verlust, jedes Mal war Zugewinn das Resultat. Mir ist schwindelig davon geworden.
Dies ist ein Anfang. Ein kleiner.
Ich atme ein. Nichts ist verloren gegangen. Alles ist noch da. Es ist nur sehr viel Neues dazu gekommen.
Ich atme aus.
Dankbarkeit. Während die Abendsonne tiefer sinkt, irgendwo bellt ein Hund, die Wäsche schaukelt sanft, da merke ich, ich komme an. Heute. Hier. Jetzt.
Ich bin noch da. Nichts ist weniger geworden, Fülle umgibt mich und die ist ausschließlich schön. Ein Wunder. Ein Segen.
In den letzten Monaten habe ich viele Versuche gestartet, hier Worte zu finden.
Physikalisch zum Beispiel
Ein Körper bleibt in Ruhe, so lange er sich nicht bewegt. (Newtonsches Trägheitsgesetz)
Ein ruhender Körper bleibt in Ruhe, wenn keine äußeren Kräfte auf ihn einwirken.
Auch ein in in Bewegung befindlicher Körper bewegt sich mit konstanter,
immer gleicher Geschwindigkeit weiter, wenn keine äußeren Kräfte auf ihn einwirken.Im Alltag wirken häufig Reibungskräfte als äußere Kräfte, die einen in Bewegung befindlichen Körper abbremsen.
Ich denke an ein Mobile. Früher dachte ich oft daran, wie es aus seiner Balance gerät, wenn man Teile abnimmt. Das Gleiche passiert, wenn neue Teile hinzu kommen.
Ich denke, mein Mobile hat sich langsam wieder eingependelt.
Schön, dass Ihr noch hier seid!
Liebst,
Eure Ginka