Genese des westlichen Ruhrgebiets. Start des Projekts.
Ehemaliges Romanisches Haus am Innenhafen Duisburg 1950er Jahre. Foto: Stadtarchiv Duisburg. Digitalisat: Stadtarchäologie Duisburg.
Im Herbst 2023 startete das Forschungsprojekt „Genese des westlichen Ruhrgebiets. Der Rhein-Ruhr-Raum zwischen Spätantike und dem Vorabend der Industrialisierung“. Es ist eine Kooperation zwischen der Professur für Historische Archäologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und der Stadtarchäologie Duisburg.
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Nach mehrjähriger Vorbereitungszeit wurde ein Antrag bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft gestellt und bewilligt, so dass wir jetzt starten konnten.
Dieser Newsletter ersetzt bislang übliche Social-Media Auftritte, die sonst für Projekte dieser Art initiiert worden sind. Es geht uns darum, aus dem Projekt heraus zu informieren und Sie über Aktuelles auf dem Laufenden zu halten. Dabei richtet sich das Angebot an Fachkolleg*innen wie auch an Geschichts- und Archäologieinteressierte des Ruhrgebiets und darüber hinaus.
Das Projekt
In den letzten 12 Jahren fanden im Duisburger Stadtgebiet mehrere großflächige Ausgrabungen statt, wie beispielsweise die Untersuchungen im Mercatorquartier oder dem „Stadtfenster“, die unter anderem die Grundlage für die Auswertungen der drei Doktorand*innen und der Projektleiterin sind. Gerade diese Grabungen haben eine Vielzahl von neuen Ergebnissen erbracht, die häufig nicht mit dem bisherigen Forschungsbild übereinzustimmen schienen, und die den Anlass zur Antragsstellung bei der DFG bildeten.
Das Projekt beschreitet dabei neue Wege der Forschung. So nehmen wir nicht nur die Entwicklung der Rhein- und Ruhrstadt in verschiedenen Zeitscheiben in den Blick. Innovativ ist das Überschreiten der „Epochengrenze" zwischen Mittelalter und Neuzeit und damit die Frage, welche Bedeutung die Stadt für den Weg in die Industrialisierung des westlichen Ruhrgebietes hatte.
Das Projekt ist auch für den Exzellenzcluster ROOTS an der Universität Kiel von großer Bedeutung. Dort fügt es sich hervorragend in den Forschungsschwerpunkt zur antiken und mittelalterlichen Stadtentwicklung ein.
Die Projektbeteiligten
Das Projekt besteht aus vier Teilprojekten, die im Rahmen von drei Dissertationen und einem PostDoc-Projekt ausgearbeitet werden.
Johannes Reller wird sich in seiner Dissertation mit der Frage nach dem frühmittelalterlichen Königshof des Chlodio, Dispargum, sowie der Kontinuität von der Spätantike bis ins Hohe Mittelalter beschäftigen. Kann ein römischer Brückenkopf, wie postuliert, tatsächlich nachgewiesen werden? Gibt es archäologische Hinweise auf eine Gleichsetzung mit dem bei Gregor von Tours genannten Königshof, dem dispargum castrum des Chlodio? Wie war die Siedlung bzw. der befestigte Königshof strukturiert und welcher Umfang lässt sich nachweisen? Daher müssen der Siedlungsbeginn im Bereich der ehemaligen Altstadt Duisburgs und damit die offene Frage der Kontinuität oder Diskontinuität von der Römerzeit ins Spätmittelalter stichhaltig geklärt werden. Hierzu werden Größe, Struktur und innere Entwicklung von der Spätantike bis zum Ende der Karolingerzeit unter besonderer Berücksichtigung der Frage einer möglichen Befestigung und eines herrschaftlichen Zentrums untersucht und es soll geklärt werden, ob eine Identifikation mit dem Königshof dispargum castrum archäologisch wahrscheinlich gemacht werden kann.
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Sophie Rykena erforscht die Duisburger Kaiserpfalz und geht der Frage der Genese der Pfalz und ihrer Wandlung zur mittelalterlichen Stadt nach. Welchen Umfang und welche Struktur hatte die ottonische Kaiserpfalz Duisburg und wie lässt sich diese in den Forschungsstand einordnen? Welche ökonomischen, hegemonialen und repräsentativen Funktionen lassen sich in der inneren Pfalz und der Pfalzsiedlung nachweisen? Wie entwickelt sich die ottonische Pfalz bis ins 13. Jh.? Es geht um eine zusammenfassende Darstellung der Entwicklungen der inneren Pfalz und ihres Vorfelds vom 10. bis 13. Jh. sowie die Herausarbeitung der Baugestalt und der baulichen Entwicklung. Hierbei sind neuere Ergebnisse zu erwarten, die sich bereits bei der Aufarbeitung der Altgrabungen der Pfalzkapelle andeuteten. Zudem gilt es, die von der bisherigen Forschung postulierten „zwiebelschalenartigen Wachstumsprozesse“ bis zur Ausdehnung der heute noch stehenden Stadtmauer kritisch zu evaluieren.
Die Duisburger Kaiserpfalz ist eine Anlage, die in der mittelalterarchäologischen Pfalzenforschung ein Desiderat darstellt und so ist neben der Ergebnissen zu Genese und Baugestalt der Pfalz auch eine Einordnung in die früh- und hochmittelalterliche Pfalzenlandschaft zu erwarten.
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Karina Schnakenberg untersucht die spätmittelalterliche Hanse- und freie Reichsstadt Duisburg, wobei sie einen besonderen Blick auf den vermeintlichen Niedergang zur Ackerbürgerstadt legen wird. Hat die Verlagerung des Rheins wirklich zu einem Niedergang der Stadt geführt? Ist mit einer funktionalen Kontinuität zu rechnen, die auch wichtig für die weitere Entwicklung des vormodernen Wirtschaftsraumes wird?
Der Abstieg Duisburgs von einer florierenden Pfalz-, Reichs- und Hansestadt zu einer wirtschaftlich abgehängten Ackerbürgerstadt gehört zu den wichtigsten Narrativen der Landesgeschichte. Grundlegend ist das Postulat des Niedergangs durch die Rheinverlagerung seit dem 13. Jh. mit entsprechenden Konsequenzen (wirtschaftlicher Einbruch, Aufgabe der Pfalz und Verpfändung). Dieser müsste durch Wüstungsprozesse oder dem Fehlen von typischen Wachstumsmarkern, z.B. wie Parzellenteilungen, archäologisch nachweisbar sein. Zudem gibt es berechtigte Zweifel am Postulat der Ackerbürgerstadt. Daher sind die Auswirkungen der Rheinverlagerung auf die inner- und außerstädtische Topografie und auf die wirtschaftliche Stellung der Stadt neu zu bewerten. Hierzu werden ausgewählte funktionale Räume (Hafenviertel / Markt; Pfalz) mit ihren Nachweisen zu Handwerk und Handel ebenso wie die im archäologischen Befund sehr gut fassbaren Bebauungs- und Parzellenstrukturen als soziale und produktive Einheiten analysiert. Am Ende soll ein Bild der spätmittelalterlichen Stadt Duisburg entstehen, dass weniger durch Postulate und Annahmen geprägt ist, als durch evidenzbasierte archäologische Forschung.
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Dr. Maxi Maria Platz weitet in ihrer Arbeit den Untersuchungsraum auf das westliche Ruhrgebiet aus und stellt die Frage nach den Ursprüngen der Industrialisierung. Welche Voraussetzung im Zeitraum zwischen 1450 und 1800 gab es in der Region, welche die Wirtschaft so schnell und erfolgreich wachsen ließ wie im Ruhrgebiet des 19. Jahrhunderts? Sie koordiniert zugleich als Projektleiterin die Arbeiten der drei Doktorand*innen.
Der Stadtarchäologe Duisburgs, Dr. Kai Thomas Platz, hat in seinen Forschungen der letzten Jahre viele Widersprüche in der bisherigen Geschichtsdarstellung Duisburgs festgestellt und gemeinsam mit Prof. Dr. Ulrich Müller und Dr. Maxi Maria Platz das Projekt konzipiert. Prof. Dr. Ulrich Müller, Professor für Historische Archäologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und wissenschaftlicher Betreuer der Doktorand*innen, sieht in der Lage am Zulauf der Ruhr in den Rhein ein wesentliches Element der Entwicklung der Stadt:
„Duisburg war über den Rhein und den mittelalterlichen Fernhandelsweg Hellweg über Nordwest- und Mitteleuropa sowie den großen Zentren an Nord- und Ostsee vernetzt. Duisburg ist echt ... ne hochspannende Stadt!“
Wie geht es weiter
Das Forschungsprojekt ist in erster Linie natürlich wissenschaftliche Forschung, die Zeit und Ruhe braucht.
Dennoch sind im Laufe der Zeit Öffentlichkeitsaktionen wie kleinere Ausstellungen und Vorträge geplant, und weiteres, über die wir Sie hier informieren werden.
Weitere Infos finden Sie unter:
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Herzlich,
Dr. Maxi Platz, Prof. Dr. Ulrich Müller, Dr. Kai Thomas Platz