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Knapp erklärt

Von Nicole Nowak

Bei den Erdbeben der Stärke 7,8 und 7,5 am 6. Februar 2023 sind mindestens 49.000 Menschen ums Leben gekommen. Ein solch starkes Erdbeben gab es in der Region seit über 1000 Jahren nicht mehr.

Unzählige Überlebende verloren Familienmitglieder, Freund:innen aber auch ihre Häuser und ihr gesamtes Hab und Gut. Laut der türkischen Regierung wurden mindestens 164.321 Gebäude in der Türkei zerstört.

Doch warum bebt in bestimmten Regionen der Welt die Erde und in anderen nicht? Denn die Menschen in der Erdbebenregion müssen auch in Zukunft mit der Angst leben, dass sich solch eine Katastrophe wiederholt.

Unsere äußerste Erdschicht besteht aus verschiedenen Kontinentalplatten/ Litosphäreplatten. Es gibt einige große ozeanische Platten und mehrere kleine Platten, die genaue Anzahl und Anordnung ist in der Wissenschaft umstritten.

Unumstritten ist jedoch, dass sich diese Litosphäreplatten bewegen, dies nennt man Plattentektonik.

Es sind zwar pro Platte nur wenige mm bis cm Bewegung pro Jahr, die Auswirkungen dieser Bewegungen sind aber immens.

Im schlimmsten Fall führen sie zu verheerenden Naturkatastrophen wie dem Erdbeben vom 6. Februar 2023 oder dem Tsunami vor Sumatra im Indischen Ozean im Jahr 2004 mit über 165.000 Toten.

Möglich macht die Bewegung die Asthenosphäre der Erdkruste.  Sie ist eine zähflüssige Schicht, die ca. 1000°C warm ist und nicht nur für die Magmeentstehung entscheidend ist, sondern auch für die Plattentektonik verantwortlich ist.

Gefährlich wird es dadurch, dass die Platten sich nicht alle gleichmäßig in eine Richtung bewegen.

Man entscheidet zwischen vier Arten der Plattentektonik:

· Die konvergierende Plattenbewegung: die Plattenränder steuern aufeinander zu und bilden Gebirgsauffaltungen wie z.B. im Himalaya

· Die divergierende Plattenbewegung: die Platten driften auseinander wie z.B. die nordamerikanische und eurasische Platte auf Island

· Die  konvergierende Plattenbewegung: Eine Platte schiebt sich unter eine andere Platte. Es kommt zu Erdbeben, Vulkanismus oder Gebirgsauffaltungen wie z.B. bei dem Atacamagraben in den Anden

· Die  konservierende Plattenbewegung: zwei Platten schleifen aneinander, an den Plattenrändern kommt es zu starken Reibungen und Spannungen, die sich über Erdbeben entladen

Die Türkei liegt auf der sog. Anatolischen Litosphärenplatte und ist umringt von der Eurasischen, der Ägäischen, der Afrikanischen und der Arabischen Platte.

Die Erdbebengefahr ergibt sich daraus, dass die Arabische Platte nördlich Richtung Eurasische Platte driftet. So wird die kleinere anatolische Platte nach Westen gedrückt und es kommt mittels der konservierenden Plattenbewegung zu verheerenden Spannung, die sich dann in nur wenigen Sekunden in Form von einem Erdbeben entlädt.

Dass dieses Gebiet an der syrischen Grenze für Erdbeben stark gefährdet ist, ist schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts bekannt. Das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ) spricht davon, dass die seismische Aktivität entlang der ostanatolischen Verwerfungszone in den letzten 100 Jahren ungewöhnlich ruhig war. Eine Verwerfung bedeutet in diesem Zusammenhang eine tektonische “Zerreiß- oder Bruchstelle im Gestein” der Erdkruste.

Sie erklärt dies damit, dass die gesamte Zone, die über 180km lang ist, über einen langen Zeitraum durch die Plattentektonik eine enorme Spannung aufgebaut hat.

Leider ist es nicht das einzige gefährdete Gebiet in der Türkei. Auch die Region rund um Istanbul (Nordanatolische Verwerfungszone) weist eine hohe seismische Aktivität auf und ist stark erdbebengefährdet. Rund um Istanbul kratzt die Anatolische Platte an der Eurasischen Platte in Richtung Westen, was in den letzten 100 Jahren schon zu zahlreichen kleineren Erdbeben geführt hat.

Das aktuelle Erdbeben hat die dort vorhandene Spannung leider auch nicht reduziert.

"Die Frage ist nicht, ob ein Erdbeben kommen wird. Die Frage ist, wann es kommen wird", sagte Marco Bohnhoff, Seismologe vom GFZ.

Sich vor einem Erdbeben zu schützen, ist in diesen Regionen nicht möglich. Vor allem die Bauweise der Gebäude entscheidet darüber, wie verheerend das Ausmaß einer Naturkatastrophe sein wird. Bei der aktuellen Naturkatastrophe sind auch zahlreiche erst kürzlich erbaute Häuser eingestürzt. Eine erdbebensichere Bauweise, die in der Türkei seit 2004 vorgeschrieben ist, ist jedoch teurer. Entscheidend ist zudem, dass die vorhandenen Bauvorschriften gewissenhaft umgesetzt werden und nicht Pfusch am Bau betrieben wird. In Zusammenhang mit Mängel am Bau sind aktuell schon 160 Verdächtige in der Türkei verhaftet worden, ihnen wird vorgeworfen die Bauvorschriften nicht umgesetzt zu haben und somit eine Mitschuld am Einsturz der Häuser zu tragen.

Die Bewohner:innen der seismisch aktiven Zone entlang der ostanatolischen Verwerfungszone werden leider auch in Zukunft mit der Gewissheit leben müssen, dass es erneut zu einem schweren Erdbeben kommen kann.

Es bleibt die Hoffnung, dass die Häuser beim Wiederaufbau erdbebensicherer gebaut werden oder an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden, damit sich eine Katastrophe in diesem Ausmaß nicht wiederholt. Wobei dies vor allem für die Bewohner:innen in der Türkei gilt, leider erleben wir in Syrien eine Katastrophe in der Katastrophe (Öffnet in neuem Fenster) (Opens in a new window), sodass sich der (erdbebensichere) Wiederaufbau dort als noch deutlich schwieriger erweisen wird.

Fragen und Anregungen gerne an: office@elisabeth-koblitz.com

Topic News-Crew

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