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Weibliche Körperbehaarung

Die Hippie-Kultur und ♀️Behaarung

Original-Titel “One Woman’s Call To Hairiness”

Eine Story von Sadie Grove in HTS Ausgabe 9, 1997, Übersetzung und persönliches Nachwort von Andi Dauer

Es ist schwer, sich daran zu erinnern, wann ich zum ersten Mal eine  unrasierte Frau gesehen habe, aber ich entsinne mich, dass ich als  Teenager Patti Smith (Opens in a new window)‘s Foto im „Creem“-Magazin (Opens in a new window) bemerkt habe.

Da stand sie: trotzig, tough, mit erhobenen Armen und einem dicken  Büschel dunkler Haare, die unter einem hochgekrempelten T-Shirt-Ärmel  hervorragten.

Ich fand sie exotisch, tierhaft. Obwohl ich damals ihre Natürlichkeit  bewunderte und gewisse Autonomie, fand ich sie zu weit hergeholt, um  ihr nachzueifern. Zu radikal, gewagt, androgyn (Anmerkung: männliche und weibliche Körpermerkmale aufweisend, Zwitter).

Immerhin war sie eine Punkrockerin aus dem fernen New York und ich  war ein unsicherer, biblisch erzogener Teenager, der im tiefen Süden  feststeckte. Wir hätten nicht weniger gemeinsam haben können. So  entschied ich mich auf der verzweifelten Suche nach einem Vorbild für  einen anderen New Yorker „Punk“, einen, der besser zu den „weiblichen“  Konventionen passte, mit denen mich meine ältere Schwester Cosmo bereits  indoktriniert hatte.

Deborah Harry von „Blondie“ war mit ihrem gebleichten Blond, dem verschmierten schweren Make-up, dem trashigen (kitschigen) Sexbomben-Look und allem Anschein nach komplett rasiert auf dem Höhepunkt ihrer Popularität.

Um sie herum entwickelte ich meinen „Erwachsenen“ Stil – ich würde  meine Haare bleichen und ein schlampiges Rock ‘n’ Roll „böses“ Mädchen  sein, das wildes Make-up und sexy Klamotten trägt. Ach ja, meine  Körperbehaarung blieb natürlich sorgfältig rasiert und gezupft – das war  selbstverständlich!

Es kam mir einfach nicht in den Sinn, dass eine Frau auch natürlich sein könnte!

Das war weder eine Option in meiner Realität, noch war es eine Option für irgendeine andere Frau in meiner ländlichen Stadt im Süden.

Während dieser prägenden Jahre war die einzige Gelegenheit, eine  unrasierte Frau zu sehen, eine Reise nach Europa, und dann hatte ich  gemischte Gefühle gegenüber behaarten Frauen.

Auf dem Londoner Flughafen hatte meine beste Freundin Katie  angewidert auf eine dunkelhäutige Frau gezeigt, die wahrscheinlich  mediterraner Herkunft war, mit extrem behaarten Beinen und Achseln in einem Sommerkleid.

Meine erste Reaktion war ein automatisches „Oh, das ist so ekelhaft!  Gefolgt von dem Gedanken “… aber warum eigentlich ekelhaft?“

Ich habe während meiner ersten zwei Jahre auf dem College viel von  der Schmeichelei erfahren, nach der ich mich mit meinem versauten,  ausgebleichten, erfundenen Image und meiner Einstellung gesehnt habe

Rock’n’Roll-Schlampe

Die Dinge änderten sich jedoch drastisch, als ich an eine Universität in Virginia immatrikulierte. Dort machte man sich über mich lustig,  nicht nur wegen meines Südstaaten-Akzents (der hinterhältiger klang als der heimische Virginia-Akzent), sondern auch wegen des Images, auf das  ich stolz war – stark geschminkte Rock’n’Roll-Schlampe.

Dies war eine große städtische Kunstochschule, und für eine beträchtliche Minderheit von Mädchen war mein Aussehen absolut passé. Diese  Mädchen gingen ungeschminkt in ihren angesagten Vintage-Kleidern und  Herrenschuhen im New-Gotik-Stil, aber sie waren größtenteils rasiert.

Ich war Kultur-schockiert. Da ich mich irgendwo einfügen musste, überlegte ich, meine Hose aus Schlangenhautimitat und meinen Camouflage-Minirock für einen zurückhaltenderen Look wegzuwerfen.

Die portugiesische Sängerin Nelly Furtado (Foto: freakingNews)

Eines der Mädchen in meinem Wohnheim wurde von unserem “Flurmonitor”  angesprochen und in Bezug auf konventionelle Weiblichkeit beraten.  Elaine war offenbar viel mit ihrer Familie gereist und an eine individuellere Überwachung gewöhnt,  dass es  Beschwerden über ihren Geruch gegeben habe und dass es hygienisch  äußerst wichtig sei, nicht nur Deo zu nutzen, sondern sich alles  unschöne Haar abzurasieren.

Das Merkwürdige war, dass Elaine sich tatsächlich daran hielt!

Ich schätze, sie dachte, “heule mit den Wölfen (when in Rome)“.

Ich hatte Mitleid mit ihr, nicht nur, dass sie aufgefordert wurde,  sich zu rasieren und Deo zu benutzen, sondern dass sie dem Druck  nachgab, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie im gesamten  Wohnheim zum Diskussionsthema wurde.

Birkenstock und Hippies

Ich bemerkte auch, dass viele der Mädchen in dem Leistungskursus  “Tanzen”unrasiert waren, ebenso wie diejenigen, die im Biokost-Laden  arbeiteten, einschließlich der Batik-T-Shirts, Birkenstock-bekleideten, Deadheads (Opens in a new window) und Hippies.

Nachdem ich meine  Optionen darüber, was und wer ich sein könnte, von überwiegend Mainstream-Medien mit wenig Gegenkultur in meinem Heimatstaat erhalten  hatte, bin ich noch nie zuvor in meinem Leben auf Gothik-, Hippie- oder  Deadhead-Tussis gestoßen!

Insgeheim beneidete ich diese Mädchen um die unbeschwerte, ungehemmte  Einstellung zur Natürlichkeit und begann daher, die Menge an Make-up zu  reduzieren, als meinen ersten Schritt in diese Richtung. Ich konnte mir  nicht vorstellen, jemals ungeschminkt auszugehen, weil ich wirklich  daran geglaubt habe, dass ich hässlich war, und musste mein Gesicht  jeden Tag des Jahres „zurechtmachen“!

Eine andere Sache, die mich beeinflusste, war die Recherche über  Performance-Kunst, die ich für meinen Leistungskurs erledigen musste.  Ich bemerkte, dass viele angesehene Künstlerinnen, viele davon  unrasiert, ihre Nacktheit unverfroren  in ihrer Kunst zeigten, um  Stereotypen zu trotzen und zu kommunizieren, dass es wirklich nicht in  Ordnung ist, dass Frauen ständig von unserer Kultur verfolgt werden und  dass unser Aussehen drastisch verändert werden muss, nur um noch  akzeptiert zu werden.

So hatte ich das Gefühl, vielleicht ein paar neue Vorbilder gefunden  zu haben, obwohl ich es damals nicht wagte, meinen Rasierer aufzugeben.

Deutsche Natürlichkeit

In dem Jahr, in dem ich meinen Abschluss machte, kam ich mit einem  Philosophiestudenten in Kontakt, dessen frühere große Liebe ein  deutsches Mädchen gewesen war.

Er sagte mir, er habe es sehr geschätzt, dass seine Ex-Freundin, wie  viele europäische Frauen, völlig natürlich gewesen sei – ungeschminkt  und unrasiert.

Natürliche bayerische Mädels in den 80ern

Obwohl ich es nicht mochte, mit jemandem verglichen zu werden,  erkannte ich, dass dies eine ausgezeichnete Gelegenheit war, das zu tun,  was ich seit Jahren insgeheim tun wollte.

Mit der Ermutigung meines neuen Liebhabers beschloss ich, den Sprung zu wagen ...

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Topic Schönheitsideale

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