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Stillen und Bindung

Bild: Chiara Doveri

Hier auf Steady teile ich anonymisiert eure Elternfragen und meine Antworten darauf. Ich bemühe mich um einen klaren und pragmatischen, aber einfühlsamen Ton. Ich bin kein Coach und keine Psychotherapeutin und würde euch bei entsprechenden Fragen bitten, Fachpersonal zu konsultieren. Wenn es bei euch im Alltag an kleinen Dingen hakt und ihr gern meine Einschätzung hättet, schreibt mir gern an anna [punkt] brachetti [at] posteo [punkt| de.

Liebe Anna,
ich bin Mutter von zwei Kindern, vor sechs Wochen kam mein kleiner Sohn zur Welt und meine Tochter ist 3,5 Jahre alt. Ich habe meine Tochter damals 7 Monate gestillt, hatte aber zu Beginn sehr große Schwierigkeiten. Zunächst hatte ich bei ihr keine Hebamme, habe dann aber zur Geburt noch über eine Praxis eine neue Hebamme zugewiesen bekommen, was mich zunächst sehr gefreut hat.

Nach ein paar Tagen stellte sich aber heraus, dass sie mich extrem unter Druck setzt. Mit dem Stillen lief es ganz gut, aber meine Tochter nahm zunächst nicht so schnell gut zu (später dann nach einen Pumpmarathon und viel Boxhornklee nahm sie dann immer sehr gut zu, ich habe es also irgendwie hinbekommen). Die Hebamme hat in den ersten zwei Wochen aber bei jedem Besuch gesagt, dass sie nicht glaube, dass ich genug Milch produziere und dies immer auch mit den Worten "Oh Gott, Oh Gott ..." begleitet. Ich habe nach jedem Besuch der Hebamme weinen müssen und hatte große Angst zu versagen. Insgesamt war die Situation ohnehin nicht leicht, da meine Tochter sehr viel geweint hat und ich einen ungeplanten Kaiserschnitt verarbeiten musste. Das Ende vom Lied war, dass ich einen gestörten Milchspendereflex entwickelt habe und die Milch oft nicht direkt oder manchmal gar nicht lief. Das führte dazu, dass ich vor jedem Stillen angespannt war, ja regelrecht Angst hatte, dass die Milch nicht fließt. Dies führte wiederum dazu, dass ich viele Dinge, die ich gerne gemacht hätte, nicht gemacht habe, aus Angst, dass in der Situation die Milch nicht kommt, wenn meine Tochter hungrig ist. Ich wollte unbedingt stillen und habe es unter großem Stress bis zur Beikosteinführung durchgezogen. Aber ich habe sehr darunter gelitten, habe eine postpartale Depression entwickelt, die mich sehr geschwächt hat. Ich habe eine Therapie gemacht und vor der Geburt meines Sohnes auch noch mal therapeutische Gespräche geführt. Nun habe ich eine sehr schöne Geburt hinter mir und hatte in den ersten Tagen mit meinem Sohn gar keinen Stress beim Stillen. Das war so schön. Nach dem Milcheinschuss habe ich Milchspendereflex dann wieder gespürt (sehr stark, wie auch bei meiner Tochter) und das war dann wie ein Retrauma und hat mir binnen weniger Tage wieder denselben Stress beschwert wie bei meiner Tochter, obwohl die Situation eine ganz andere war. Die Milch kam wieder oft verzögert oder später und nach einem Monat habe ich mich schweren Herzens dazu entschieden, abzustillen, weil ich die Situation mit zwei Kindern für nicht tragbar hielt. Ich konnte ja nun nicht mehr alles für eine entspannte Atmosphäre tun, sondern war/bin auch für meine ältere Tochter verantwortlich, was mich in den Stillsituationen noch mehr gestresst hat. Ich habe gemerkt, dass ich auf mich achten muss und den Perfektionismus an dieser Stelle ablegen sollte.

Ich habe gemerkt, dass ich sofort entspannter war und endlich meine Gedanken sich auch mit anderen Gedanken als dem Stillen befassen konnten. Nun merke ich nach knapp zwei Wochen aber, dass ich diesen gesellschaftlichen Druck extrem spüre und er mir zu schaffen macht, sodass ich meinem Sohn ungern draußen die Flasche geben möchte. Nun möchte ich meine Entscheidung nicht bereuen, weil ich weiß, dass sie für mich so richtig war (auch wenn ich so unglaublich gerne dieses Mal entspannt gestillt hätte und auch alles dafür getan hätte). Und möchte dich fragen, wie du das aus bedürfnisorientierter Sicht siehst, auch wenn ich weiß, dass du in der letzten Zeit an dem BO-Konzept Kritik geäußert hast. Ich möchte auf keinen Fall, dass diese Entscheidung die Bindung zu meinem Kind beeinflusst. Im Gegensatz zur ersten Geburt und dem ersten Baby habe ich zu meinem Sohn immerhin direkt nach der Geburt extreme Muttergefühle gehabt. Ich danke dir für deine Meinung dazu, die ich sehr schätze.

Mit besten Grüßen,
Makari*

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