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Warum mein Mann in seiner Elternzeit das Haus umbauen darf

Derzeit befindet sich mein Mann im zweiten Teil bzw. Monat seiner Eltern(geld)zeit mit unserer Tochter, die im November 2020 zur Welt kam. Ich schreibe Eltern(geld)zeit, weil er im Gegensatz zu mir nur die Monate mit Elterngeld in Anspruch nimmt, wohingegen ich auch nach Ablauf meiner 12 Monate bezahlter Elternzeit noch voraussichtlich 2 Jahre Elternzeit nehme. Wir machen also das Modell 14/12/2 = zusammen nehmen wir 14 Monate, er nimmt 2 Monate, ich 12 Monate Eltern(geld)zeit. Jeder von uns darf bis zu 3 Jahre Elternzeit nehmen, bis hin zum 7. Geburtstag des Kindes. Es gibt auch noch das Elternteilzeitmodell, das für uns aber nicht in Frage kam, weil mein Mann in seiner aktuellen Arbeitsstelle nicht in Teilzeit gehen kann.

Und das „nur“ ist das, worüber ich heute sprechen möchte. In vielen Artikeln zum Thema Elternzeit wird darüber geschrieben, dass Väter zu wenige Monate Elternzeit nehmen. Wie furchtbar es ist, wenn Väter sich gar nicht von der Lohnarbeit zugunsten der Familie zurück ziehen. Womöglich noch besonders viel Karriere machen, um zum einen mehr Geld für mehr Personen daheim zu haben, zum anderen weil eine andere Person daheim sich um alles andere kümmert, was zu einem Elternleben gehört. Es geht auch drum, dass die Väter, die alleine Elternzeit nehmen und die volle Last der Carearbeit kennen gelernt haben, sich auch hinterher viel mehr an jeglicher Carearbeit beteiligen. Wer also einmal für eine ganze Weile für Windeln, Fläschchen und sonstiges Kümmern zuständig war, wäscht später unaufgefordert das vollgepinkelte Bettzeug aus oder übernimmt die Ärztinnentermine.

Die ungleiche Verteilung der Elternzeitmonate oder -jahre hat auch viel mit Geld oder eben zu wenig Geld zu tun. Und zwar nicht das zu wenige Geld, das Eltern (alle Geschlechter) in der Elternzeit bleibt (67% oder mindestens 300/höchstens 1800 pro Monat), sondern das zu wenige Geld, das oft die Mütter verdienen. Wenn von einem Elternpaar eine:r der Partner beispielsweise 1000€ netto weniger als dier Partner:in verdient, ist für viele Familien klar, wer über viele Monate daheim bleibt. Manchmal wird hier argumentiert, dass man ja in den Monaten davor darauf hinsparen könnte, so dass dier Partner:in mit dem höheren Gehalt für einen langen Zeitraum in Elternzeit gehen kann. Der Tipp ist an sich gut, kann aber nicht von jeder Familie realisiert werden.

Dann werden die Väter in verschiedenen Artikeln auch noch in zwei Kategorien eingeteilt: solche, die mit der Familie in den Urlaub fahren, und solche, die die freie Zeit nutzen, um endlich mal was am Haus zu machen. Größere Projekte, endlich mal den Garten in Ordnung bringen, den Keller aufräumen. Oder auch ne Motorradtour, Rennrad fahren, am Auto schrauben. Alle Artikel diskutieren völlig zu Recht, dass diese Pläne so völlig nicht mit der Intention der Elternzeit zusammen passen. Die werden nirgends so recht definiert, aber ich glaube, auf „Bindung aufbauen, Zeit mit Kind(ern) verbringen, Fürsorge leben“ können sich die meisten einigen.

Wann immer ich diese Artikel lese, habe ich ein schlechtes Gewissen. Mein Mann und ich verstehen uns als Feminist:innen. Dazu gehört natürlich die selbstverständliche Aufteilung von Carearbeit, Mental Load und Haushalt. Unser großer Traum wäre eine 1:1 Aufteilung der Elternzeiten unserer drei Kinder gewesen. Letztendlich werde ich als Mutter (wenn diese Elternzeit dann fertig ist) 5 Jahre und 9 Monate als primary caretaker (Hauptbetreuungsperson) daheim geblieben sein. Er hingegen 6 Monate, immer nur 1 am Stück. Das schmerzt mich, mein Konto und mein Rentenkonto. Das schmerzt meinen Mann, weil er mich mit vielen Dingen rund um die Kinder alleine lassen muss.

Und natürlich fragen wir uns, warum wir dann nicht eine andere Aufteilung gewählt haben. Bei den ersten beiden Kindern war uns irgendwie nicht so richtig klar, dass man es auch anders machen kann, bzw. hätten wir Angst gehabt, dass mein Mann seine Arbeit verliert in einem sehr traditionellen Unternehmen. Nun bei Ankündigung des dritten Kindes war mein Mann gerade in der neuen Stelle nach Probezeit übernommen worden und das, obwohl März 2020 war. Wir waren unendlich froh, dass er trotz Corona die Stelle vollständig bekommen hat. Und so gingen wir das Thema Elternzeit auch diesmal wieder „bescheiden“ an. Eigentlich hätte er Lust gehabt, ein ganzes Jahr zu nehmen, aber es sollte so nicht sein.

Wir planten also seinen ersten Monat ab Geburt, da wir oder eher ich ganz furchtbar Angst vor dem ersten Monat allein mit den Kindern hatte. An seinen Monat Elternzeit schlossen sich direkt 3 Wochen Weihnachtsferien an und so war er herrliche 7 Wochen mit uns daheim. Den zweiten Monat planten wir in die Frühsommerzeit, um, ja ich gebe es zu, in Urlaub zu fahren. Wir wollten die letzte Möglichkeit nutzen außerhalb der Ferien zu buchen, bevor der Große dann im September in die Schule kommt. Was wir bei der Planung im September 2020 nicht wussten, war die Veränderung der Zimmerzuteilung und dass der Große sein eigenes Zimmer in diesem Jahr bekommen würde.

Diese Tatsache verlangte nach vielen Veränderungen in insgesamt 4 Zimmern. Die krasseste war eine neue Wand und Tür für das offene Studio, das unser neues Schlafzimmer werden sollte. Mit einem autistischen Kind ist Timing ein ganz starkes Thema und so konnten wir nicht viele Monate darauf warten, dass eine Schreinerei einen Termin für uns frei hatte. Von den 4000-5000€ Kosten mal ganz abgesehen. Also plante mein Mann die Wand selber, zeichnete Konstruktionen, bestellte Material und werkelte an jedem Wochenende, ab Mai. Wir hätten es eigentlich voll schön gefunden, wenn er bis zur Elternzeit Mitte Juni fertig geworden wäre. Aber mit drei Kindern, dem Vollzeitjob und nur wenigen Zeitfenstern dafür hat es sich dann doch ganz schön hingezogen.

Und genau deswegen war es für mich okay, dass mein Mann Teile seiner Elternzeit nutzt, um dieses Projekt abzuschließen. Denn der Grund, warum es noch nicht fertig war (und ist, um ehrlich zu sein) ist die Tatsache, dass nach ein paar intensiven Handwerksstunden für ihn immer auch ein paar intensive Carearbeitsstunden kamen. Und wenn ich mal nicht mehr wollte oder konnte, brach er auch ab, egal was noch nicht ganz fertig war.

Ich habe auch noch mal darüber nachgedacht, warum seine nur 2 Monate Elternzeit für mich okay sind, obwohl ich ganz stark befürworte, dass Väter möglichst die Hälfte oder auch gern mehr dieser Zeit übernehmen. Davon abgesehen, dass ich als Pflegeperson meiner beiden großen Kinder nicht mehr als 30h/Woche arbeiten dürfte, um das Pflegegeld nicht zu gefährden, werde ich leider auch nicht so gut bezahlt wie mein Mann. Uns würde also ein erheblicher Teil an monatlichem Einkommen fehlen. Viel wichtiger ist allerdings, dass mein Mann auch außerhalb seiner Elternzeit ein vollständiger Partner in Sachen Carearbeit ist. In der Zeit, die er im Haus anwesend ist (und das ist immer außerhalb seiner Lohnarbeitszeit) macht er alles. Er kocht, wäscht, wechselt Windeln, liest vor, bringt die Kinder ins Bett, macht Steuererklärung, erledigt Anrufe, E-mails, ist Geburtstagsbeauftragter, denkt an Wechselwäsche für den Kindergarten, kümmert sich um TÜV und Räderwechsel, räumt den Keller auf, spült Fläschchen. Und all das wird er auch noch viele Jahre machen, während er „nebenher“ lohnarbeitet und ab und zu auch was handwerkelt.

Mir wird gerne vorgeworfen, dass ich unsere Lebensweise und meine Ansichten als allumfassend und dogmatisch darstelle und dass ich andere Lebensweisen verurteile. Tatsächlich verurteile ich das System, das uns als individuelle Familien dazu zwingt, innerhalb dessen Lösungen zu finden. Und ja, ich verurteile Väter, die sich null an Carearbeit beteiligen. Das ist etwas, was ich nicht verstehe und hier ist die Schuld ganz eindeutig nicht bei der Partnerin zu suchen, auch wenn es sich so anfühlt. Ich kann nur sagen, dass wenn die anstehenden Arbeiten in einer Familie ausbalanciert sind, sich das positiv auf das Zusammenleben auswirkt.