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9 Sinnesgeschichten

In der Seniorenbetreuung spielen sinnvolle Beschäftigungsangebote eine zentrale Rolle für das körperliche, geistige und seelische Wohlbefinden älterer Menschen. Ein besonders wirkungsvolles Konzept vereint dabei gezielte Sinnesanregung mit lebendiger Erinnerungspflege und aktivierender Gesprächsführung: die Sinnesgeschichten. Dieses methodisch vielfältige Format eignet sich sowohl für Einzelbetreuungen als auch für Gruppenaktivitäten und eröffnet eine Fülle an kreativen Möglichkeiten.

Was sind Sinnesgeschichten?

Sinnesgeschichten sind kurze, erzählerisch gestaltete Texte, die gezielt einen der fünf Sinne – Hören, Sehen, Riechen, Schmecken oder Tasten – in den Mittelpunkt stellen. Jede Geschichte ist so aufgebaut, dass sie eine bestimmte sinnliche Erfahrung thematisiert und emotional anspricht. Ergänzt werden die Geschichten durch weiterführende Impulse in Form eines „Erzähl-Cafés“, das mit gezielten Fragen zur eigenen Biografiearbeit anregt. Außerdem enthält jede Einheit konkrete Vorschläge zur Sinnesanregung – sei es durch das Riechen eines vertrauten Duftes, das Tasten eines Gegenstands oder das Probieren eines typischen Lebensmittels.

Der methodische Aufbau einer Sinnesgeschichte-Einheit

  1. Einführung & kurze Geschichte (ca. 1–2 Minuten Vorlesedauer):
    Die Geschichte ist meist lebensnah, emotional oder humorvoll gehalten und holt die Teilnehmenden in ihrer Erfahrungswelt ab. Dabei steht stets ein bestimmter Sinn im Vordergrund – etwa der Duft von frischem Heu, der Klang einer Bahnhofsdurchsage oder der Geschmack von Omas Apfelkuchen.

  2. Erzähl-Café: Gesprächsimpulse & Erinnerungsarbeit:
    Im Anschluss laden gezielte Fragen zum offenen Erzählen ein:

    • „Wann haben Sie zuletzt den Duft von Flieder gerochen?“

    • „Welche Musik erinnert Sie an Ihre Jugendzeit?“

    • „Was war Ihr Lieblingsgericht als Kind?“
      Diese Fragen fördern das Gedächtnis, die Kommunikation und stärken das Selbstwertgefühl, weil persönliche Erinnerungen und Lebenserfahrungen wertgeschätzt werden.

  3. Sinnesanregung mit Materialien zum Anfassen, Riechen, Schmecken, Hören oder Sehen:
    Passend zur Geschichte werden kleine Sinnesreize eingesetzt. Dabei kann es sich um:

    • eine Duftprobe (z. B. Zimt, Lavendel, Kaffee),

    • ein taktiles Objekt (z. B. ein Stück Stoff, eine Kastanie),

    • eine Hörprobe (z. B. Vogelgezwitscher, ein Lied),

    • eine kleine Kostprobe (z. B. ein Bonbon, Brot mit Schmalz)
      handeln. Die Teilnehmenden werden eingeladen, ihre Eindrücke zu schildern oder spontan eigene Erinnerungen zu erzählen.

  4. Kreative oder bewegende Zusatzaktivität (optional):
    Je nach Situation können kleine Ergänzungen den Effekt vertiefen: Ein passendes Lied singen, gemeinsam ein Bild betrachten, ein Mini-Experiment durchführen oder eine kleine Bastelidee umsetzen – stets in Verbindung mit dem angesprochenen Sinn.

Zielgruppe und Nutzen

Sinnesgeschichten eignen sich für Menschen mit und ohne kognitive Einschränkungen, da sie mehrere Wahrnehmungsebenen ansprechen. Besonders bei Menschen mit Demenz kann die Sinnesaktivierung über Gerüche, Klänge oder Geschmäcker emotionale Erinnerungen wachrufen, die sprachlich vielleicht nicht mehr leicht zugänglich sind.

Die Vorteile im Überblick:

  • Förderung der Wahrnehmung und Sinneswahrnehmung

  • Aktivierung von Erinnerungen und biografischen Inhalten

  • Förderung sozialer Interaktion und Kommunikation

  • Stärkung des Selbstwertgefühls durch Wertschätzung persönlicher Erfahrungen

  • Schaffung positiver emotionaler Momente

Praxisbeispiel: Sinnesgeschichte „Der Duft des Sonntags“

Geschichte: Eine Kindheitserinnerung an den Duft des Sonntags – wenn frischer Braten im Ofen war, der Kaffeegeruch sich mit dem von Bohnerwachs mischte und das Wohnzimmer auf Hochglanz poliert war.

Erzähl-Café-Fragen:

  • „Wie roch es bei Ihnen früher am Sonntag?“

  • „Gab es bestimmte Gerichte, die bei Ihnen nur am Wochenende auf den Tisch kamen?“

  • „Wer hat bei Ihnen zu Hause sonntags gekocht?“

Sinnesanregung:

  • Duftproben: Kaffeebohnen, Lorbeer, Bohnerwachs

  • Tastmaterial: gestärkte Serviette, Porzellangriff

  • Geräusch: Besteckklirren, Uhrenticken

Zusatzidee: Ein altes Familienlied singen oder Sonntagsgeschirr gemeinsam anschauen.

Fazit: Geschichten, die Sinne und Herzen berühren

Sinnesgeschichten bieten eine wunderbare Möglichkeit, ältere Menschen ganzheitlich zu fördern. Die Kombination aus Erzählung, biografischer Aktivierung und Sinneserfahrung öffnet Türen zu Erinnerungen, Emotionen und Gesprächen, die im Alltag oft verborgen bleiben. Sie sind ein niedrigschwelliges, wirksames Instrument in der modernen Seniorenbetreuung – liebevoll, lebendig und sinn-voll.

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Topic Aktivierungs-Arten

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