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Ich bin jetzt schon ein bisschen über zwei Monate Praktikant bei der Chefredaktion. Meine Hauptmotivation für meine Bewerbung war: Mehr über Journalismus auf Social Media zu lernen. In meinem Journalismus Studium in Graz ist das nämlich immer öfter aufgetaucht. Immer wieder haben wir gehört, dass Medien Probleme haben, die junge Zielgruppe zu erreichen. Nicht umsonst versuchen jetzt langsam, aber sicher, auch in Österreich verschiedene Zeitungen vermehrt den Fokus auf Instagram und TikTok zu legen.

Die perfekte Zeit also, sich als Jung-Journalist genau mit diesem Thema zu beschäftigen und Instagram-Journalismus zu lernen. Dass ich als „Digital Native“ noch sehr viel zu lernen hatte, war mir nicht bewusst. Und auch wie viel Arbeit dahintersteckt. Das Aufbereiten von Geschichten für Social Media unterscheidet sich stark von dem klassischen, journalistischen Handwerk, das wir im Studium hauptsächlich lernen. Es gehört nun mal viel mehr dazu als „nur“ eine Geschichte zu schreiben. Für Social Media müssen diese auch ansehnlich gestaltet werden. Das ist etwas, was ich lernen musste: Wie gieße ich meine Geschichte in ein passendes Format für Instagram? Posts, Instagram-Stories, Reels, Videoreportagen – Jedes Format hat seine eigenen Regeln, die zu beachten sind. Oft arbeiten wir auch an mehreren Beiträgen gleichzeitig. Da den Überblick nicht zu verlieren kann schon zu einer Herausforderung werden.

Da wir bei der Chefredaktion ein relativ kleines Kernteam haben, sind alle immer in mehreren Projekten gleichzeitig involviert. Ausfälle im Team sind sofort spürbar. Es muss ja regelmäßig etwas gepostet und Beiträge fertig werden. Vor allem am Anfang war das alles viel zu viel auf einmal.

Vielleicht liegt es auch daran, dass dies mein erstes richtiges Praktikum ist. Vollzeit. 40 Stunden. Genau das, was meine Generation, die Gen Z, ja oft kritisiert. Und ich bis jetzt auch nicht gewohnt war. Neben meinem Studium habe ich schon angefangen, als freier Journalist für verschiedene Medien Texte zu schreiben und Videos zu produzieren. Zusätzlich habe ich mit Studienkolleg*innen den TikTok-Kanal „geschichte.oida“ gegründet, auf dem wir die österreichische Geschichte in kurzen Videos mal lustig, mal ernster für ein junges Publikum erklären. Das konnte ich mir aber immer gut selbst einteilen. Und alles mit dem Hintergedanken: „Das ist gut für deine Zukunft.“ Alles Projekte, die ich später einmal herzeigen kann.

Und all diese Dinge, die ich mir jetzt die letzten Jahre erarbeitet habe, will ich natürlich in den drei Monaten Praktikum nicht einfach so schleifen lassen. Immerhin ist auch da viel Zeit investiert worden, um Kontakte und Aufträge zu bekommen, die man jetzt nicht verlieren will. Vor allem unser Geschichte-TikTok-Projekt, mit dem wir nach nur drei Monaten bereits 10 Tausend Follower erreicht haben. Das eigene Projekt will man natürlich weiter ausbauen. Es heißt ja auch immer man soll sich ein zweites Standbein aufbauen. Am besten gleich ein drittes. Oder viertes… Also heißt es für mich oft nach meiner Arbeit für die Chefredaktion, mich hinzusetzen und für meine anderen Projekte zu arbeiten. Wochenenden inklusive. Dass ich nebenbei noch meine Bachelorarbeit schreiben muss, verdränge ich viel zu oft.

Klar könnte man die Sachen auch einfach sein lassen und sich auf eine Sache konzentrieren. Ich persönlich will mir aber viele Möglichkeiten offenhalten. Wenn ich am Anfang bereits nur einen Weg gehe, befürchte ich, dass mir viele Chancen versperrt bleiben. Chancen in eine Richtung gehen zu können, die mir vielleicht noch besser gefällt. Was ich von einigen Studienkolleg*innen so mitbekomme, geht es vielen ähnlich. So viel wie möglich auszuprobieren und verschiedene Standbeine aufzubauen, um später mehr Möglichkeiten zu haben. Oder vielleicht auch einen schnelleren und einfacheren Einstieg in die Medienbranche zu haben. Durch Kontakte, die man sich bereits erarbeitet hat. Und dass man bei Stellungsauschreibungen den Punkt „Berufserfahrung“ erfüllen kann, ist natürlich auch von Vorteil.

Ich selbst kann mir aktuell auch nicht vorstellen nur an einer Sache zu arbeiten. Vor allem jetzt als junger Mensch brauche ich die Abwechslung, die mir dieser Job aber auch bietet. Und natürlich ist das Geld, welches durch die Aufträge neben dem Studium reinkommt, auch gern gesehen. Als Student, der Unterstützung von seinen Eltern bekommt, reicht das aktuell, später zum Leben noch nicht.

Dass sich das alles nicht immer so ausgeht, wie ich es gerne hätte, ist auch klar. Ein Teil leidet immer darunter. Meistens meine Ruhephasen und der Schlaf, welche beide oft zu kurz kommen. Und auch gedanklich fällt es mir oft schwer abzuschalten. Jetzt so nah am Ende des Studiums und vor dem Beginn des „richtigen“ Arbeitslebens mache ich mir ständig Gedanken, was ich eigentlich will. In welche Richtung will ich gehen? 40 Stunden angestellt sein oder lieber als freier Journalist arbeiten, mit dem Risiko, dass es nicht aufgeht? Ein Mix zwischen beiden? Letzteres spricht mich aktuell am meisten an. Eine sicherer Teilzeitstelle und den Rest als freier Journalist abdecken. Ob das so aufgeht, weiß ich nicht. Die Stimme im Kopf, die sich Sorgen macht, verstummt vermutlich nie. Egal welchen Weg ich gehe.

Praktikant Nico. Credit: Niklas Pichler

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Story der Woche

„Die österreichische Arbeiterschaft verliert schleichend ihr Wahlrecht“, twittert der Hochschullehrer Nikolaus Kowall letzten Sonntag am Tag der Arbeit. Denn immer mehr Arbeiter*innen haben keine österreichische Staatsbürgerschaft. Ein Job, der von vielen Menschen ohne österreichischem Pass ausgeübt wird, ist auch der der Essenslieferanten. Vicky, Thomas und Alena haben sich die Arbeitsbedingungen der mjam und lieferando Rider*innen genauer angeschaut.

TikTok der Woche

Wir versuchen gerade unseren TikTok-Kanal weiter auszubauen, weil wir da etwas Neues planen, aber dazu im Juni mehr. Bei den Arbeiten dazu ist uns einmal mehr klar geworden, wie viel Hacke in diesen kurzen Clips steckt, das kann man sich als außenstehende Person gar nicht vorstellen. Zuerst sucht Anna die Sounds, die gerade trenden, dann überlegt sie sich, wie sie das am besten inhaltlich und visuell innerhalb einer Minute umsetzen kann. Manchmal schickt auch Melisa Ideen, aber vor die Kamera will sie nicht, sie sagt mit 31 ist sie dafür zu alt. Neulich haben wir ein Reel (Kurzvideos auf Instagram) von ihr auch auf TikTok gepostet. „Ach du grüne Neune“ hat ein User darunter geschrieben – vielleicht ist man mit 31 wirklich zu alt für TikTok.

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