Wort-Dock
Buch- und Ausstellungstipps für den Januar 2025. Immer am 15. des Monats.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
auch wenn das Jahr schon etwas fortgeschritten ist, wünsche ich Euch alles Gute für 2025!
Nach vielen grauen Tagen schien in Hamburg endlich mal wieder stundenlang die Sonne. Zusätzlich zu meinen Kulturtipps habe ich Euch deshalb dieses Foto mitgebracht, aufgenommen während eines Spaziergangs in der HafenCity:
In den vergangenen Wochen habe ich zwei tolle Bücher gelesen, die ich Euch in der Januar-Ausgabe meines Newsletters „Wort-Dock“ vorstelle: einen Roman aus Südkorea und ein Sachbuch aus Frankreich in Form einer Graphic Novel. Dazu kommen ein beeindruckendes Kunstwerk in einem Bahnhof sowie drei Surftipps: zwei Lesungen, die auch als Stream übertragen werden, und ein virtueller Museums-Besuch.
Euch danke ich herzlich fürs Abonnieren und Weiterempfehlen meines Newsletters. Viel Spaß beim Lesen und bis zum nächsten Newsletter am 15. Februar!
Eure Tina Anastassiou
Außergewöhnlicher Roman
Titel: Mandel
Autorin: Won-pyung Sohn
Verlag: Blumenbar / Aufbau Verlage GmbH
Originaltitel: Almond (erschienen 2017 bei Dazzling, Inc., Seoul)
Aus dem Koreanischen übersetzt von: Sebastian Bring
Deutsche Erstveröffentlichung: 15.10.2024
Gebundene Ausgabe: 224 Seiten, 24 Euro
eBook: 16,99 Euro
Inhalt: Yunjae wächst zusammen mit seiner Mutter und seiner Großmutter in Seoul auf. Der Junge kann aufgrund einer angeborenen Erkrankung keine Gefühle wie Freude, Angst oder Wut empfinden und bei anderen Menschen erkennen. Daher übt seine Mutter immer wieder mit ihm, wie er auf bestimmte Situationen reagieren kann, um möglichst wenig aufzufallen. Yunjae ist Außenseiter, hat keine Freunde. An seinem 16. Geburtstag passiert etwas Entsetzliches und er steht plötzlich alleine da. Dann kommt Gon in seine Klasse, ein neuer Schüler voller Wut, die sich in Gewalt äußert…
Hauptteil: Der Roman ist das literarische Debüt der in Südkorea lebenden Autorin, Filmregisseurin und Drehbuchautorin Won-pyung Sohn (geboren 1979). „Mandel“ wurde nach Verlagsangaben in Südkorea und international zu einem überragenden Erfolg und erscheint nun in über 30 Ländern.
Der Roman handelt von Freundschaft, Gefühlen und Familie. Von zwei Menschen, die abseits der gesellschaftlichen Normen reagieren, und von Vorurteilen. Kann ein Mensch ein guter Mensch sein, wenn er nicht fühlt? Ist ein Mensch nur nach seinen Taten zu beurteilen?
Yunjae erzählt die in vier Teile gegliederte Geschichte (zuzüglich Prolog und Epilog) aus der Ich-Perspektive. Er nutzt klare Worte und die Vergangenheitsform. Dabei klingt die Filmregisseurin heraus – die Autorin lässt beim Lesen immer wieder Bilder im Kopf entstehen.
Mich hat dieser Roman sehr berührt und beeindruckt. Die Geschichte um Yunjae und Gon ist bewegend, intensiv und fordert die Leserschaft heraus. Einige Szenen sind so drastisch beschrieben, dass es fast schmerzt, sie zu lesen.
Fazit: Was für ein ergreifendes, nachdenklich machendes Buch, das ich innerhalb von kurzer Zeit verschlungen habe. Ich empfehle, es zu lesen!
Unterhaltsames Sachbuch als Graphic Novel
Titel: Money Money Money. Von der Münze bis zum Bitcoin – Die unglaubliche Geschichte des Geldes.
Szenario: Benoist Simmat
Illustration: Tristan Garnier
Kolorierung: Marie Galopin
Verlag: Knesebeck
Originaltitel: L’incroyable histoire de L’argent (erschienen 2023 bei Les Arènes, Paris)
Aus dem Französischen übersetzt von: Antje Riley
Deutsche Erstveröffentlichung: 26.09.2024
Gebundene Ausgabe: 208 Seiten, 26 Euro
Inhalt: Wie hat sich das Geld von seinen ersten Formen bis heute entwickelt? Das stellt diese Graphic Novel dar, also ein Comic im Buchformat: Von den frühen Tauschgeschäften, beispielsweise mit Tieren, Gewürzen und Kauri-Muscheln bis hin zu Münzen, Scheinen, Wertpapieren und schließlich Kryptowährungen.
Die Leserschaft kann den Stationen in der Geschichte der Menschheit folgen, immer im Zusammenhang mit der Entwicklung der Zahlungsmittel: Es geht unter anderem in die Steinzeit, in das antike Mesopotamien - das Zweistromland zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris - ins antike Griechenland, ins Römischen Reich, ins antike China und ins arabisch-muslimische Reich.
Die Graphic Novel zeigt zum Beispiel die Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus, die anderen europäischen Eroberer, die das Gold der indigenen Völker nach Europa brachten. Die Entstehung der Staatsbanken. Die Expansion der Vereinigten Staaten. Und die Geschichte des vergangenen Jahrhunderts bis zum Erscheinen des Werks in Paris 2023.
Hauptteil: Hinter diesem Comic im Buchformat steht ein dreiköpfiges Team: Benoist Simmat ist Wirtschaftsjournalist, Essayist und Autor und hat nach Verlagsangaben in Frankreich über 30 Werke veröffentlicht. Für den Illustrator Tristan Garnier war es die erste Graphic Novel, und Marie Galopin hat das Werk koloriert.
Dieses Sachbuch in Form einer Graphic Novel bringt der Leserschaft die Geschichte des Geldes in ebenso verständlicher wie unterhaltsamer Weise mit tollen Zeichnungen näher. Dabei geht es nicht nur um die Entwicklung des Geldes, sondern auch um seine Rolle in der Gesellschaft.
Als Erzähler tritt Satoshi Nakamoto auf - hinter diesem Pseudonym verbirgt sich der Erfinder der Kryptowährung Bitcoin. Er begleitet die Lesenden durch das Buch, schildert die Ereignisse und ordnet sie zwischendurch immer wieder ein.
Die Graphic Novel besteht aus acht Kapiteln und einer Einleitung. Ein Vorwort hat Olivier Bossard verfasst, Professor der Finanzwissenschaft an der HEC Paris. Dazu kommt ein Literaturverzeichnis am Ende des Buches.
Fazit: Ich war neugierig auf dieses Buch, weil das Thema Geld komplex ist. Kann man es fundiert in Comicform darstellen? Man kann, und wie! Mir hat diese Graphic Novel sehr gut gefallen.
Lesung im Literaturhaus Hamburg und im Livestream
Robert Habeck wird am Freitag, den 31. Januar 2025, sein neues Buch „Den Bach rauf - eine Kursbestimmung“ im Literaturhaus Hamburg vorstellen - im Gespräch mit Rainer Moritz. Uhrzeit: 19:30 Uhr. Die Veranstaltung ist vor Ort ausgebucht.
Streamingtickets sind weiterhin verfügbar. Ihr könnt das Livestream-Ticket bis zum Beginn der Veranstaltung kaufen - es kostet 7 Euro (zuzüglich 2 Euro Servicegebühr und Versandkosten). Nach der Veranstaltung bleibt der Stream 72 Stunden lang verfügbar.
Dialogische Lesung im Literaturhaus München und im Stream
Daniel Glattauer (der Autor des Bestsellers „Gut gegen Nordwind“) liest am Mittwoch, den 22. Januar 2025, zusammen mit der Schauspielerin Julia Koschitz im Literaturhaus München aus seinem neuen Roman „In einem Zug“. Uhrzeit: 19:00 Uhr. Die Saaltickets sind ausverkauft. Restkarten sind gegebenenfalls an der Abendkasse erhältlich.
Ihr könnt die Lesung per Stream verfolgen. Das Ticket kostet 8 Euro (zuzüglich 2 Euro Servicegebühr und Versandkosten pro Bestellung). Den Stream könnt Ihr bis fünf Minuten vor Beginn der Veranstaltung buchen und 72 Stunden lang nutzen.
Kunst im Bahnhof
Im U-Bahnhof Lohmühlenstraße im Hamburger Stadtteil St. Georg (…eine Station entfernt vom Hauptbahnhof) befindet sich ein großartiges Glasmosaik des Künstlers Eduard Bargheer (1901 – 1979). Es heißt „Die Lohmühle“ und ist entstanden 1959/60. Ihr findet das Werk beim Ausgang Stiftstraße, zwischen den beiden nach außen führenden Treppen.
Eduard Bargheer wurde auf der damaligen Elbinsel Finkenwerder geboren und begann 1924, als freischaffender Künstler zu arbeiten. Seit 1929 war er Mitglied der Künstler-Vereinigung Hamburgische Sezession – bis diese sich im Jahr 1933 selbst auflöste, um der Forderung nach Ausschluss der jüdischen Mitglieder nicht folgen zu müssen. Bargheer emigrierte 1939 nach Italien und kehrte 1954 in sein Haus im Hamburger Stadtteil Blankenese zurück. Dort verbrachte er den Winter und auf Ischia die Frühjahrs-, Sommer- sowie Herbstmonate.
Nachgefragt im Bargheer Museum
Eine Nachfrage bei Dirk Justus, Leiter des Bargheer Museums im Hamburger Jenischpark und Nachlassverwalter der Bargheer-Sammlung, ergibt: Bargheer bekam am 10. Juni 1959 vom Ersten Baudirektor der Hansestadt Hamburg, Paul Seitz, den Auftrag, ein Mosaik für die im Bau befindliche U-Bahn-Station Lohmühle zu gestalten. Der Etat betrug 15.000 D-Mark, und das Mosaik sollte die ehemals im Stadtteil gelegene, 1854 abgerissene Lohmühle darstellen.
„In dieser Windmühle nahe der Alster wurde Baumrinde gemahlen, aus der man die sogenannte Lohe kochte. Diese wurde eingesetzt, um Taue und Segel haltbar zu machen“ erklärt Museumsleiter Justus. Bargheer, der viel Kunst im öffentlichen Raum geschaffen hat, fertigte einen Entwurf an. Als Vorlage diente ihm ein alter Stich der Lohmühle, also ein mit einem Stichel gravierter Druck. Justus sagt: „Bargheer stilisierte die Vorlage, indem er sie in seinen Aquarellskizzen reduzierte und verdichtete.“
Den offiziellen Auftrag für das Glasmosaik „Die Lohmühle“ erhielt Eduard Bargheer am 29. Januar 1960, und die Arbeit führte Justus zufolge die Berliner Firma August Wagner aus, eine Werkstatt für Mosaik und Glasmalerei. Das 2,25 Meter mal 4,80 Meter große Glasmosaik zeigt im Mittelpunkt die Lohmühle und seitlich davon das historische St. Georg mit Bäumen, Häusern und Booten auf der Außenalster. „Die Darstellung ist gegenständlich, aber nicht naturalistisch, und entspricht dem Stil des Künstlers Ende der fünfziger Jahre“, beschreibt Justus. Er selbst beobachtet immer wieder, dass Menschen vor dem Mosaik innehalten.
Auch ich betrachte das Mosaik gerne, wenn ich in der Nähe bin.
Surftipp: Kunst von zuhause aus entdecken
Das Museum Ludwig in Köln besitzt eine der bedeutendsten Sammlungen von Kunst aus dem 20. und 21. Jahrhundert weltweit. Auf der Internetseite des Museums könnt Ihr stundenlang in der Sammlung stöbern und die Inhalte filtern nach Künstlerin oder Künstler, Titel/Motiv/Schlagwort, Objekt-Datierung, dargestellter Person, Standort/dargestelltem Ort, Gattung sowie Material/Technik. Wenn Ihr auf das jeweilige Werk klickt, erfahrt Ihr mehr darüber.
Mitten auf der Eingangsseite findet Ihr außerdem drei Rubriken: „Gesamtbestand“, „Sammlungen“ und „Ausstellungen“. Unter „Gesamtbestand“ stehen die Unterrubriken Highlights, Malerei, Skulptur, Kunst seit 1960, Video, Fotografie und Grafik. „Sammlungen“ umfasst die Unterrubriken Picasso, Pop Art, Sammlung Haubrich (mit Klassischer Moderne und Expressionismus) und Russische Avantgarde. „Ausstellungen“ gibt Einblick in die - bis zum Jahr 2007 gezeigten - Ausstellungen.
Achtung: Es sind nicht alle Bilder sichtbar. Teilweise sind sie noch nicht verfügbar, teilweise aus rechtlichen Gründen ausgeblendet. Ihr könnt oben angeben, ob Ihr Euch alle Treffer anzeigen lassen möchtet oder nur diejenigen mit Abbildungen.
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