Gesellschafterversammlung hop oder top?
6. September 2024
Liebe Lesende,
“Was geht denn im Landratsamt ab?” - Das hat mich in dieser Woche ein Kollege gefragt, der nicht in Dahme-Spreewald arbeitet. “Das wüsste ich auch gern”, habe ich geantwortet. Und dass ich nicht nur auf eine Quelle setze, um mir ein Bild zu machen. Deshalb gibt es trotz Sondersitzung des Kreistages nicht viel Neues in Sachen Abberufung (Öffnet in neuem Fenster) des Geschäftsführers der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) zu berichten. Der Sonderkreistag musste ohne die Anwesenheit der Ersten Beigeordneten und mithin ohne ihre Sicht auf die Dinge auskommen, denn sie wurde wenige Tage zuvor suspendiert: aufgrund neuer Vorwürfe. Und auch der Landrat konnte in der Sondersitzung mit Verweis auf laufende Verfahren nicht viel sagen. Dafür gibt es Neues in einer Neben-Debatte: der Frage, welche Rolle (Öffnet in neuem Fenster) die Gesellschafterversammlung der WfG im Besonderen und welche Rolle solche Gremien künftig im Landkreis überhaupt spielen. Diese Rolle hat sich nämlich - anders als Landrat Sven Herzberger im Kreistag erläuterte - nicht geändert. Doch der Reihe nach.
Die AfD hatte die Sondersitzung beantragt, um einen Ausschuss (Öffnet in neuem Fenster) zur Untersuchung der Vorgänge bei der WfG auf den Weg zu bringen. In den Räumen der WfG soll es Gespräche mit Unternehmen über Spenden für den Landratswahlkampf der SPD-Kandidatin und Ersten Beigeordneten Susanne Rieckhof gegeben haben. Aufgrund dessen hatte die Gesellschafterversammlung in Person des Landrates (s.u.) Mitte August den Geschäftsführer Gerhard Janßen abberufen. Der Antrag der AfD für einen Ausschuss wurde in namentlicher Abstimmung mehrheitlich abgelehnt. Denn ein Untersuchungsausschuss sei auf kommunaler Ebene nicht möglich, führten Landrat Sven Herzberger und Fraktionschef Björn Lakenmacher (CDU) aus. “Ich habe nichts gegen kluge Fragen”, sagte Björn Lakenmacher an die AfD gewandt, “aber sie müssen auch beantwortet werden können”. Da es dabei auch um Personalangelegenheiten gehe, könne sich ein öffentlicher Ausschuss dem nicht widmen.
Kluge Fragen gab es jede Menge im Kreistag - bis hin zur Frage, wieviel Geld denn an die WfG geflossen sei und ob bei der WfG aufgrund der Vorgänge weniger Geld für Projekte zur Verfügung stünde. “Es geht nicht um Spenden an die WfG”, antwortete der Landrat. Er könne auch nicht sagen, ob überhaupt gespendet wurde. “Es geht darum, ob öffentliche Einrichtungen parteipolitisch genutzt wurden.” Ob ein finanzieller Schaden für den Landkreis entstanden sei, war eine weitere Frage. Er nur könne so viel sagen, so Sven Herzberger: “Wenn jemand diesen Raum hier mieten möchte, dann zahlt er üblicherweise eine Miete.” Mehr Informationen gab es in Sachen WfG im öffentlichen Sitzungsteil nicht.
Vielleicht hätte Susanne Rieckhof einiges erhellen können, doch sie durfte nicht an der Sondersitzung teilnehmen, weil sie am vergangenen Sonntag vom Landrat beurlaubt worden war. Es habe, sagte Sven Herzberger im Kreistag, durch sie “eine schwerwiegende inhaltliche Fehlleistung in Bezug auf meine Person” gegeben. Es handele sich um einen “nicht zu entschuldigenden Sachverhalt”, eine “persönliche individuelle Fehlleistung”. Die Beurlaubung diene dem “Schutz der Kreisverwaltung”. Er müsse “Sorge haben”, so Sven Herzberger, dass “nicht mehr die Informationen, die ihm zustehen, zu ihm gelangen”. Alles weitere muss nun das Innenministerium erhellen, das für ein Disziplinarverfahren einer Beigeordneten zuständig ist. Selbiges wurde noch nicht eröffnet, denn der Landrat wolle, so sagte er am Mittwoch, “Ende der Woche die Unterlagen abgeben”. Die Erste Beigeordnete geht nach meinen Informationen bereits gegen die Beurlaubung vor und hat in Sachen Spendenvorwürfe eine Selbstanzeige beim Innenministerium getätigt, um die Vorgänge aufzuklären.
+++ Bislang gibt es also zur Frage “Was geht denn im Landratsamt ab?” nur Informationen und Sichtweisen des Landrates. Er hätte sein Vorgehen bei der WfG jedoch mindestens mit den in die Gesellschafterversammlung entsandten Kreistagsmitgliedern beraten müssen (nicht: an der Entscheidung beteiligen). Was jahrelange Praxis war und in Übereinstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag der WfG steht, entspreche nach Auffassung des Landrates “heute nicht mehr der aktuellen Gesetzeslage”. Das jedoch stimmt nach Auskünften des Brandenburgischen Innenministeriums nicht.
Laut Paragraf 97 (Öffnet in neuem Fenster) der Brandenburgischen Kommunalverfassung vertritt der Landrat den Landkreis in der Gesellschafterversammlung oder ein von ihm beauftragter Bediensteter der Verwaltung. Weitere Vertreter mit Stimmrecht sind nur in Ausnahmefällen (etwa bei komplexen Strukturen bei Zweckverbänden oder bei mehreren Gesellschaftern) vorgesehen. So weit, so zutreffend. “Darüber hinaus ist es zulässig, dass der Gesellschaftsvertrag die Teilnahme mehrerer - zusätzlicher - Vertreter eines Gesellschafters zulässt, die eigene Teilnahmerechte (zum Beispiel Rede- und Antragsrechte) haben, aber kein eigenes Stimmrecht”, teilt die Pressestelle des Innenministeriums mit. “Diese stimmrechtslosen Teilnehmer sind jedoch keine Mitglieder im Sinne des § 97 der Brandenburgischen Kommunalverfassung, so dass die grundsätzlich geltende Unzulässigkeit der Entsendung mehrerer Vertreter hierdurch nicht berührt wird.”
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