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Grundgesetz und Haltung

17. Mai 2024

Liebe Lesende,

das Grundgesetz wird am 23. Mai 75 Jahre alt. Berlin feiert (Öffnet in neuem Fenster) das, Bonn feiert (Öffnet in neuem Fenster) das - und in Lübben wird es auch gefeiert, und zwar am kommenden Donnerstag ab 15 Uhr unter dem Titel Fête de la Grundgesetz mit einer großen Kaffeetafel auf dem Marktplatz und mit kleinen Redebeiträgen zu einzelnen Artikeln. Ich darf einen Input zur Pressefreiheit geben. Und ich werde darauf eingehen, wie es ist, wenn man als Journalist bereits beim Schreiben mögliche Leserreaktionen aus dem großen politischen Spektrum gleich mitdenkt. So wie jetzt gerade.

Was werden Sie, liebe Lesende, sagen, wenn ich - der Neutralität verpflichtet - mich zum Grundgesetz bekenne und mich mit den Inhalten dieser Veranstaltung gemein mache? Statt nun eine Abhandlung dazu zu starten, die manch einem eh’ nicht genügen wird, blicke ich auf ein ähnliches Thema zurück, zu dem ich kürzlich recherchiert habe. Es ging um die Frage, ob Kommunen ihre Neutralitätspflicht verletzen, wenn sie der Initiative “Brandenburg zeigt Haltung” beitreten. Nun habe ich Antwort auf eine Anfrage an die Kommunalaufsicht erhalten: Nein, die Kommunen verletzen diese Neutralitätspflicht nicht, denn mit so einem Beitritt bekennen sie sich zu den Grundlagen unseres Zusammenlebens.

Die Initiative (Öffnet in neuem Fenster) “Brandenburg zeigt Haltung“ wurde am 23. Januar 2024 von 110 Organisationen und 190 Erstunterzeichnenden gestartet. Seitdem haben sich auf der Plattform Change.org über 5.000 weitere Personen und Organisationen angeschlossen, darunter bereits zahlreiche Kommunen aus dem Land. Die Initiative setzt sich für ein demokratisches, tolerantes und weltoffenes Brandenburg ein. Sie ruft die Menschen im Land auf, Nein zu Hass und Hetze zu sagen: “Suchen Sie das Gespräch, wo es möglich ist. Bauen Sie Brücken, wo Gräben entstehen. Egal, wo Sie sich politisch verorten: Sorgen Sie mit dafür, dass unser Land demokratisch bleibt!“, heißt es auf der Website (Öffnet in neuem Fenster)

Mehrere Kommunen im Landkreis haben vor einigen Wochen über die Frage entschieden, ob sie der Initiative beitreten. In Bestensee votierten 14 von 18 anwesenden Gemeindevertretern mit Nein, Bürgermeister Roland Holm wurde aufgefordert, sich zu enthalten, was er auch tat. Der Grund für die Enthaltung sei “das Neutralitätsgebot für Amtsträger“, teilt die Gemeindeverwaltung mit. Er sei derweil als Privatperson beigetreten. Die Gemeinde Schulzendorf ist der Initiative durch Entscheidung von Bürgermeister Markus Mücke beigetreten. “Im Rahmen meines Amtes als Bürgermeister der Gemeinde Schulzendorf habe ich die Gemeinde Schulzendorf nach außen zu vertreten. Das mache ich, in dem ich mich für ein demokratisches, tolerantes und weltoffenes Brandenburg einsetze“, teilt er dazu mit. “Im Grunde erkläre ich, dass das Grundgesetz auch in Schulzendorf gilt. Dafür bedarf es keines Beschlusses der Gemeindevertretung.“ Die Gemeindevertretung habe sich positiv dazu geäußert. Nur ein Mitglied der Gemeindevertretung, Klaus Schmidt (AfD), habe ihm die Verletzung des Neutralitätsgebots vorgeworfen und seinen Rücktritt gefordert. 

“Im Grunde erkläre ich, dass das Grundgesetz auch in Schulzendorf gilt.”

(Schulzendorfs Bürgermeister Markus Mücke)

In Schönefeld ist bislang kein Beitritt zur Initiative erfolgt. In jedem Fall wäre es „ratsam, ein Votum der Gemeindevertretung einzuholen und gemeinsam mit den politischen Vertreter*innen eine Haltung zu entwickeln, hinter der dann auch alle stehen und die bestenfalls mit weiteren Aktionen hinterlegt ist“, teilt Pressesprecherin Solveig Schuster mit. In Zeuthen haben die Fraktionen SPD/ChW, Bündnis90/Die Grünen & Die Linke einen Antrag zum Beitritt der Initiative gestellt. Nach einem kurzen Austausch und Konkretisierung des Antrags wurde dieser einstimmig beschlossen. Für Wildau teilt Pressesprecherin Katja Lützelberger mit, dass Bürgermeister Frank Nerlich die Initiative persönlich begrüße und dass auch einzelne Abgeordnete dafür seien. Pläne eine Entscheidung zum Beitritt herbeizuführen, gebe es aber nicht.  

In Königs Wusterhausen gab es bisher seitens der Stadtverordneten keine Initiative, einen Beitritt herbeizuführen, teilt Pressesprecherin Katrin Kunipatz mit. “Ihre Position und die der Stadt hat Bürgermeisterin Michaela Wiezorek aber an anderer Stelle mehrfach benannt”, informiert sie weiter, so etwa mit dem Beitritt (Öffnet in neuem Fenster) zur Trierer Erklärung für Demokratie und Menschenwürde gegen Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit, mit der Mitgliedschaft der Stadt in der internationalen Organisation “Mayors for Peace“ (seit 2017) und der Kooperation mit der Aktion “Tolerantes Brandenburg“. Die Stadt Lübben (Spreewald)/Lubin (Błota) teilt mit, dass sie den Aufruf der Initiative „Brandenburg zeigt Haltung“ intern thematisiert und entschieden habe, der Initiative nicht beizutreten. Diese Entscheidung hätten die Fraktionsvorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung zur Kenntnis genommen. Bürgermeister Jens Richter verweist auf die im Juni 2023 gestartete Stadtinitiative “#wirinlübben - Gemeinsam für ein Miteinander”.

Die Stadtverordneten von Mittenwalde haben sich gegen einen Beitritt ausgesprochen, teilt Bürgermeisterin Maja Buße mit. Es habe dazu keine inhaltliche Diskussion der Stadtverordneten gegeben. Nach der Entscheidung haben sich Mitglieder und Freunde der Mittenwalder SPD und der Mittenwalder Grünen in ihren Versammlungen für eine Beteiligung an der Initiative ausgesprochen, wie die jeweiligen Kreisverbände mitteilen. Als Reaktion auf die Beschlussvorlage gab es eine Anfrage bei der Kommunalaufsicht, „ob ich hier meine Pflichten verletzt habe (Neutralitätsgebot), indem ich dies zur Beschlussfassung der SVV vorgelegt habe“, so Maja Buße.

Bei der Kommunalaufsicht sind zwei Anfragen dazu eingegangen, und zwar aus Mittenwalde und Schulzendorf. “Beanstandungen hat es in diesem Zusammenhang durch die Kommunalaufsicht nicht gegeben”, teilt Kathrin Veh, Pressesprecherin des Landkreises, mit. Das heißt, sowohl die Entscheidung von Markus Mücke, ohne Beschluss der Gemeindevertretung dieser Initiative beizutreten, als auch die von Maja Buße, einen entsprechenden Beschlussvorschlag vorzulegen, fanden keinen Grund zur Beanstandung.

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