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Was zählt bei der Sparkasse?

19. Mai 2023

Liebe Lesende,

im Elternchat wurden wir diese Woche daran erinnert, rechtzeitig den Teilnahmebeitrag für die Klassenfahrt zu überweisen. Alle gelobten schnelle Umsetzung. Niemand von uns wandte ein, dass doch unsere Sparkassen-Filiale gar nicht geöffnet habe und weder Geldautomat noch Überweisungsbriefkasten vorhanden seien (der Geldautomat wurde vor einigen Monaten gesprengt). Ein Ort fast ohne Zugang zu Sparkassendienstleistungen - hier in Groß Köris ist er Realität. Nur einmal pro Woche hält der Sparkassenbus: freitags von 13 bis 13.30 Uhr.

Das wird künftig auf mehrere Orte in Dahme-Spreewald zutreffen. Denn die Mittelbrandenburgische Sparkasse (MBS) will zahlreiche Filialen "mit größeren Einheiten zusammenlegen", wie es im Pressedeutsch der MBS heißt. In Dahme-Spreewald sind die Filialen in Golßen, Groß Leuthen, Königs Wusterhausen (Fontane-Center), Lübben (Schillerstraße), Mittenwalde, Zernsdorf und Zeuthen betroffen. Insgesamt fallen im Gebiet der MBS 31 der bislang 141 Geschäftsstellen weg und wandern an andere Standorte. In einigen Gemeinden verbleiben Geldautomaten, andere werden künftig vom Sparkassenbus (Öffnet in neuem Fenster) angefahren, wie aus dieser Übersicht (Öffnet in neuem Fenster) hervorgeht.

Der Protest in der Region ist nicht zu überhören. Für Amtsdirektor Marco Kehling im Amt Unterspreewald ist es beispielsweise besonders bitter, dass mit Golßen ausgerechnet die Filiale wegfällt, die für die Einzahlung der Amtskasse (also Bargeld aus Gebührenzahlungen vor Ort) angesteuert wird. Einen "schwarzen Freitag" nannte Golßens Bürgermeisterin Daniela Maurer i der Stadtverordnetenversammlung April den Tag, an dem sie diese Nachricht erreicht hatte. In Groß Leuthen könnte sogar der Status als Grundzentrum an der Entscheidung der MBS hängen, befürchtet Dieter Freihoff, Bürgermeister der Gemeinde Märkische Heide: Um ein Grundzentrum zu werden, werde der Sparkassenstandort gebraucht. Außerdem fügt er als Argument an: "Wir haben hier einen Campingplatz mit rund 70.000 Übernachtungen im Jahr, der zahlt rund 100.000 Euro pro Jahr in bar ein." Beide Rathaus-Chefs kritisieren die mangelnde Kommunikation durch die MBS. Vor Ort gemeinsame Lösungen zu finden, sei nicht möglich gewesen. Dieter Freihoff sei lediglich dazu befragt worden, inwiefern der geplante Geldautomat im Rathaus untergebracht werden könne. Doch die Bedingungen dafür seien zu hoch, sagte er kürzlich im Kreistag.

Die Bundestagsabgeordnete Sylvia Lehmann (SPD) sehe die Schließungen "sehr kritisch". "Die MBS hat in den letzten Jahren bereits viele Zweigstellen geschlossen. Dies und auch die nun angekündigte Schließungswelle widerspricht nach meiner Auffassung den Aufgaben und Zielsetzungen der Sparkasse. Die Sparkasse ist ein Teil der Daseinsfürsorge im ländlichen Raum", heißt es in einer Pressemitteilung. Doch wie muss Daseinsfürsorge (Öffnet in neuem Fenster) im digitalen Zeitalter aussehen? Bedeutet dies, ungeachtet der Nutzungsfrequenz ein Filialnetz aufrecht zu erhalten, dessen Finanzierung auf Kosten aller geht?

75 Prozent aller Zahlungsverkehrstransaktionen im Jahr 2022 wurden online abgewickelt. Vor fünf Jahren seien es 63 Prozent gewesen, teilt die Pressestelle der MBS mit - eine Zunahme um ein Fünftel. Knapp 20 Prozent der 520.000 Girokunden der MBS haben bislang keinen Zugang zum Online-Banking eingerichtet. Mit den aktuellen Vorhaben reagiere die MBS deshalb "einerseits auf die immer weiter nachlassenden Filialbesuche, andererseits auf den auch für sie geltenden Fachkräftemangel". Vor diesem Hintergrund haben auch Landrat Stephan Loge und der CDU-Kreistagsabgeordnete Björn Lakenmacher als Mitglieder des Verwaltungsrates der MBS dem aktuellen Konzept zugestimmt.

"Ich habe jedoch stark gegen die Schließung in Groß Leuthen opponiert", sagte der Landrat im Kreistag. "Ich habe mich für einen Automaten stark gemacht. Im Ergebnis soll der Sparkassenbus nun zweimal die Woche kommen." Beim künftigen Verbrauchermarkt in Groß Leuthen bestehe die Möglichkeit, Geld abzuheben. Mit anderen Landräten habe er darauf gedrungen, dass sich die MBS mit den jeweiligen Bürgermeistern auseinandersetzen und persönlich Lösungen und Kapazitätseinschränkungen besprechen solle. Das sei jedoch nicht ausreichend passiert, wie ihm zurückgemeldet wurde, so der Landrat. Vor diesem Hintergrund fordert Sylvia Lehmann, "jeden Einzelfall noch einmal sorgfältig zu prüfen und geplante Schließungen abzuwenden". Derweil teilt die Sparkasse mit: "Wir haben uns die Entscheidungen nicht leichtgemacht und sorgfältig geprüft; wir werden sie dementsprechend umsetzen."

Gespräche mit der MBS hat es offenbar in Königs Wusterhausen gegeben. Erreicht wurde, dass der Sparkassenbus künftig einmal pro Woche den Ortsteil Senzig anfährt. Dort war die Filiale bereits vor Jahren ersatzlos weggefallen. Ein genauer Routenplan werde derzeit erarbeitet, teilt die Pressestelle der Stadt mit. Die Schließung zweier Standorte in Zernsdorf und im Fontane-Center werde zwar "mit großem Bedauern" zur Kenntnis genommen, erfreulich sei hingegen, dass dort Selbstbedienungsstandorte erhalten bleiben.

Was den angestrebten Status als Grundzentrum für Groß Leuthen betrifft, so will sich der Landrat gemeinsam mit der zuständigen Dezernentin Heike Zettwitz bei der gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg dafür stark machen, dass das Kriterium "Filialen von Sparinstitutionen" herausgenommen werde. Das kündigte er im Kreistag an. Wenn sich die Institution aus der Fläche zurückziehe, dann könne dies kein Kriterium für ein Grundzentrum sein, so Stephan Loge.

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