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Carola Stern wird 1925 als Erika Assmus im Seebad Ahlbeck auf Usedom geboren. Ihr Vater stirbt bereits vor der Geburt, sie wächst bei der Mutter auf,

einer überzeugten Nationalsozialistin. Im Dritten Reich wird sie Jungmädel-Gruppenführerin in ihrer Heimatstadt. 1944 legt sie das Abitur ab. Nach dem Kriegsende arbeitet sie zunächst als Bibliothekarin in einem Raketeninstitut der Russen im Harz, anschließend lässt sie sich in der sowjetischen Besatzungszone zur Lehrerin ausbilden.

In Westberlin wird sie 1947 von Amerikanern aufgesucht, die großes Interesse am Raketeninstitut zeigen. Sie soll in die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) eintreten und für den Nachrichtendienst der U.S. Army CIC arbeiten. Im Gegenzug bietet man ihr an, Medikamente für ihre an Krebs erkrankte Mutter zu beschaffen.

Sie willigt ein und besucht ab 1949 die SED-Parteihochschule in Kleinmachnow bei Berlin. Bei einer Überprüfung wird sie der Spionage für die Amerikaner verdächtigt. Kurz nach dem Verhör flüchtet Erika Assmus Ende Juni 1951 nach West-Berlin. Noch im gleichen Jahr ist die Zusammenarbeit mit den Amerikanern beendet. Bis 1959 studiert sie Politikwissenschaft an der Freien Universität und entgeht während dieser Zeit nur knapp zwei Entführungsversuchen durch die DDR-Staatssicherheit. Zu ihrem eigenen Schutz erfindet sie das Pseudonym Carola Stern.

Nach der »schwersten Krise« ihres Lebens aufgrund eines psychischen Zusammenbruchs beginnen ihre »glücklichsten Jahre« 1960 in Köln. Sie übernimmt das politische Lektorat beim Verlag Kiepenheuer & Witsch, ab 1970 ist sie als Radioredakteurin und Kommentatorin für den WDR tätig.

Sie gilt als Expertin für DDR-Interna, Menschenrechte und Innenpolitik. Unüberhörbar ist ihr Einsatz für eine Entspannungspolitik zwischen Ost und West sowie für die Frauen- und Gleichstellungspolitik. 1961 gründet sie gemeinsam mit Gerd Ruge und Felix Rexhausen die bun- desdeutsche Sektion von Amnesty International, deren Vorsitz sie auch übernimmt. Für Aufsehen und Protest sorgt ihre Unterschrift unter das von Alice Schwarzer initiierte Bekenntnis von 374 Frauen »Wir haben abgetrieben!«.

Für ihre Verdienste um die politische Kultur erhält Carola Stern zahlreiche Auszeichnungen – darunter die Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte. Zusammen mit Heinrich Böll und Günter Grass gibt sie ab 1976 die Zeitschrift »L '76« (ab 1980 »L '80«) heraus, welche beispielsweise den Verfolgten des Prager Frühlings eine Plattform bietet. 1977 gründet sie mit Erhard Eppler, Johannes Rau u. a. die Gustav Heinemann-Initiative für Menschenrechte und Frieden.

Nach ihrer Pensionierung 1985 wird Carola Stern erfolgreiche Autorin von Frauenbiographien. Ihre eigene erscheint 2001 unter dem Titel »Doppelleben«, in der sie sich als eine selbstkritische und scharf beobachtende Zeugin des letzten Jahrhunderts erweist.

Sie wird Vizepräsidentin des deutschen PEN-Zentrums, später dessen Ehrenpräsidentin. Im Jahr 2000 unterzeichnet sie zusammen mit Hartmut von Hentig und Günter Grass einen Aufruf, die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter*innen nicht weiter zu verschleppen.

Carola Stern stirbt 2006 in Berlin. Sie wird in Benz auf Usedom beigesetzt.

Quelle: Frauen, die Mecklenburg-Vorpommern bewegen - Eine Ausstellung der Heinrich-Böll-Stiftung MV (Öffnet in neuem Fenster)

Bildquelle: Rowohlt Verlag (Öffnet in neuem Fenster) (c) Brigitte Friedrich

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