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Auszug aus „Metamorphose- Wie ich durch Krebs zum Schmetterling wurde“

Krebs zu haben ist eine schockierende Nachricht. Wie ich damit umgegangen bin, schreibe ich in meinem derzeitigen Projekt nieder.
Für Hoffnung und für den Austausch von Angst durch Respekt gegenüber dieser Erkrankung.

Prolog

Müde schickte ich mich an das Buch welches vor mir auf dem Anmeldetresen lag zu zuschlagen und stoppte doch noch Mal in meiner Bewegung. Mit einem leichten Klacken landete der Einband abermals auf dem Holz. Nachdenklich schweifte mein Blick über die farbigen Abbildungen, während ich in Gedanken die Überschriften las. Larynxkarzinom, Reinke-Ödem, akute Laryngitis... Es gab so viele Krankheiten. Das Buch vor meiner Nase war so schwer, dass es sich mit seinem Inhalt auf meinen Fuß, würde es darauf fallen, sicherlich mit einem blauen Fleck bemerkbar machen würde. 

Eben noch, kurz vor Feierabend, hatte ich ein paar der Bilder einem Kollegen geschickt. Als Tipp für seine Prüfungen, die im nächsten Jahr anstehen würden.

Ich überlegte, ob ich das Buch in sein Fach legen sollte, doch unter Berücksichtigung der Schwere der Literatur entschied ich mich, ihm in einfachen Worten nahezulegen, sich das Buch selber aus dem Sprechzimmer zu nehmen.

Ich war müde. So unendlich müde. Mein Kopf fühlte sich schwer an, obwohl der Herbst im Oktober nicht annähernd so einen deprimierenden Eindruck machte wie es der November machen würde. 

Ich schob, mit einem Blick auf die Uhr, meine Müdigkeit auf die ständigen Gedankenkreise; auf meine neue Position; auf den Herbst.

In einer gewohnten Bewegung neigte ich meinen Kopf nach links und nach rechts, ließ die Schulter kreisen und fuhr mit dem Finger über das Tape auf meinem Rücken. Es wurde Zeit, dass meine Physiotherapie endlich losging. 

Die Rückenschmerzen äußerten sich neuerdings in einer neuen Form. Wo ich sonst ein Stechen verspürte, kamen sie mit einem diffusen Brennen daher. 

Ich packte meine Sachen zusammen. Zeit wurde es für den Feierabend und einer ordentlichen Portion Schlaf. Sicherlich würde genau das morgen Besserung bringen. 

Während ich die Treppe im Flur hinunterlief als Schlusslicht an diesem Abend, stellte ich fest, dass wir Neumond hatten. Na, vermutlich war das auch der Grund meiner Müdigkeit. 

Ich war überzeugt davon, dass wir mal mehr oder weniger tief transformierende Prozesse in den Mondphasen durchmachten. Eine Chance alte Wunden zu heilen, wenn sie hochkamen. 

Manchmal konnte man dann einfach nur Atmen und aushalten. Atmen und aushalten war auch dann eine Taktik, wenn die Dinge begannen aus dem Ruder zu laufen. 

Im Grunde war atmen und aushalten der Weg, den man immer dann gehen konnte, sobald man merkte, die eingebildete Kontrolle über das Leben zu verlieren.

Ich ahnte da noch nicht wie gut ich wirklich im Atmen und Aushalten war.

Was wir alle nicht ahnten, dass wir es mit einer Veränderung zu tun haben würden, deren Ausmaß niemand begreifen konnte und, dass diese Transformation über jeden in meinem Umkreis hinwegrollen würde, ob er nun wollte oder nicht.

Und es lag schlussendlich an jedem Selbst wie er genau damit umgehen würde.

Alles begann damit, dass ich eines nachts wach wurde und mein ganzer Körper begann zu jucken. Kratzend lag ich unter meiner Decke, schob den Gedanken an eine Ausschwemmung des gelben Stoffes Bilirubin ganz weit in die Ecke und philosophierte eher darüber, welche Pollen sich, das Naheliegenste für mich als Allergiker, im November noch auf den Weg machten ... oder rächte es sich grad, dass ich meine Haut nach dem Bad nicht eingecremt hatte?

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