Über Schmutz und Freude
Freude kann ziemlich schmutzig sein.
Und ohne Kinder hätten wir keinen Nachtspaziergang in die Sommerdämmerung gemacht.
Es riecht nach Heu und Feuer und nach allem anderen, was der August ausatmet.
Die Grillen versuchen lauter zu sein als die Traktoren, die überall herumfahren und nach dem Unwetter aufräumen, und das kleinste Mädchen schreit lauter als alles zusammen, spitze kleine Schreie aus Glück, als es auf kurzen, bunten Beinen vorneweg stürmt.
Das Unwetter hat viel zerstört, hat Bäume umgeschubst, die jetzt Wege versperren, und es hat eine glatte Mondlandschaft aus glänzender Erde hinterlassen, dort am großen Acker, der jetzt nicht mehr wie ein Acker aussieht sondern wie eine Einladung auf einen fremden Stern. Muster aus gelockten Rissen und Fußspürchen von winzigen Krallentieren verlaufen dort, und wir rätseln, ob es Mäuse sind oder Marder oder unsichtbare Drachenbabys.
Aber wir rätseln nicht lang, weil die Kinder schon barfuß sind und selber Spuren machen.
Ich zögere kurz. Die Fee wird später erzählen: Die beiden Ältesten im Rudel haben ein bisschen länger gebraucht. Ja, ich zögere kurz, aber diese Erde ist wirklich eine Einladung, auch für diejenigen mit grauen Haaren.
Die Berührung ist kühl und schwer und weich, und unsere Füße sinken ein, manchmal bis zu den Knien, und beim Herausziehen ertönen lustige Geräusche, und man kann dort, wo es wieder Acker ist, Anlauf nehmen und in die Mondlandschaft hineinspringen, und vielleicht hatten alle vor kurzem noch saubere Kleider an, aber jetzt nicht mehr, und die glatte Erde hat sich längst in ein wildes Gewimmel aus menschlichen Fußabdrücken verwandelt.
Einer der Traktoren hält inne und sieht uns kurz zu und denkt vermutlich, wir sind alle verrückt geworden, und der Fast-Vollmond nickt wissend, und das letzte Licht zerreißt die Wolkenbänder und auf einmal ist die Zeit irgendwo anders, und die Dunkelheit ist da, und als wir nach Hause gehen, müssen wir mit unseren dick verkrusteten Füßen durch den ganzen Garten bis zur Hintertür und treten im Dunkeln auf Nacktschnecken und spritzen uns gegenseitig mit dem Gartenschlauch sauber, und drinnen sagt das größte Mädchen: Eigentlich hätte ich heute noch eine Folge auf dem Tablet sehen dürfen. Aber der Nachtspaziergang war viel besser!
Und alle bekommen eine heiße Schokolade und Cornflakes und bleiben noch ein bisschen wach und das mittlere Mädchen unterhält sich mit Opa und Onkel über Aktien und Schmetterlinge, und die anderen lesen Comics oder unterhalten sich auch, und der Hefeteig, der sich in der Küche auf seine Verwandlung in einen Zwetschenkuchen vorbereitet, ruft, er würde gerne in Ruhe gehen, danke, und alle Türen und Fenster sind offen, und draußen hört man keine Traktoren mehr, nur noch Grillen.
Und ich denke, dass Freude ziemlich schmutzig sein kann, und dass Großfamilien im besten Fall großes Glück bedeuten, und dass man manchmal auf Kinder hören muss.
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