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Vorfreude Zeiten des Klimawandels

Der Winter rückt näher und ein Gefühl in den Fokus: Vorfreude. Die erfasst mich nämlich trotz aller Zweifel am Skisport, wenn der Winter in Sicht ist.

Schneelandschaft

Heute soll es um Vorfreude gehen, aber davor nochmal ein kurzer Blick auf den ersten Beitrag. Mir ist beim Schreiben natürlich stets bewusst, dass ich eine sehr besondere Rolle einnehme und sicher nicht den Durchschnitt der Gesellschaft repräsentiere, weil eben Skisport bei mir ganz anders verwurzelt ist. Tatsächlich wurde mir dies vor wenigen Tagen nochmals vor Augen geführt. Aus Interesse habe ich einen Rechner zum persönlichen Ressourcenverbrauch genutzt — nicht zu verwechseln mit den allseits bekannten CO2-Rechnern. Auf jeden Fall wurde dort unter anderem im Bereich Freizeit die Frage gestellt: Fahren Sie Ski oder Snowboard? Die Anschlussfrage lautete: Wie viele Tage fahren Sie im Jahr Ski? Ich musste kurz grübeln und entschied mich daraufhin nicht, wie mein erster Impuls gewesen wäre, 100 zu schreiben, sondern den Wert 60, der für das letzte Jahr wohl zulässig, in einem Fünfjahres-Schnitt aber zu niedrig angesetzt wäre. Was war die Reaktion der Website, nachdem ich auf den “Weiter”-Button geklickt hatte? Eine Pop-up-Frage. Und zwar: Sind Sie sicher, dass dieser Wert stimmt, oder haben Sie sich vertippt? Der Rechner konnte meine Realität nicht glauben. Es hat mich zu einem Lächeln gebracht.

Soviel Nachtrag also noch zum Einstieg, und jetzt zurück in die Gegenwart und zum Start des Winters. Der Start des Winters für jene Menschen, die es mit dem alpinen Rennsport halten. An diesem Wochenende geht der Blick der Sportwelt — also zumindest durch die österreichische Brille — nach Sölden, wo mit dem ersten Riesentorlauf der Damen und Herren die Weltcupsaison startet. Mittendrin dann vielleicht auch die Niederlande und Brasilien durch die spektakulären Rückkehren von Marcel Hirscher und Lucas Pinheiro Braathen unter neuer Flagge. Die beiden Comebacker bestimmen also die Schlagzeilen. Das war im vergangenen Oktober noch ganz anders, als Greenpeace durch die Veröffentlichung von Bildmaterial über Arbeiten am Gletscher mit schwerem Gerät auf der Weltcupstrecke für ein gewaltiges Medienecho sorgte. Der Skiweltcup startete mit einer massiven Umweltdebatte in die Saison. Dieses Jahr ist davon zumindest auf der ganz großen Bühne kaum etwas zu hören, obwohl wir weiterhin im Oktober in die Saison starten. Das sei wichtig für den Tourismus in Österreich, wird gerne ins Feld geführt. Dann ist das ja vielleicht sogar in meinem Interesse als Skilehrer. Naja. Geht so.

Ehrlicherweise bin ich mir doch recht unsicher, wie wichtig Skirennen auf einem Gletscher im Oktober sind, um Menschen für den Winterurlaub in Österreich zu überzeugen. Und zumindest in den letzten Jahren lieferten die Veranstaltungen — das gilt übrigens auch für das grandios gescheiterte Projekt eines Abfahrtsrennens am Matterhorn — eher wenig Argumente für Vorfreude auf den Winter. Aber über dieses Gefühl der Vorfreude möchte ich gerne ein paar Gedanken teilen. Ich werde die Rennen am Wochenende nicht sehen, weil ich keine Zeit habe. Vorfreude spüre ich trotzdem, denn so langsam sind wir in der Zeit des Jahres angekommen, in der ich anfange die Monate, die Wochen und die Tage bis ich wieder auf den Skiern stehe zu zählen. Vorfreude ist das vielleicht schönste Gefühl, das ein Mensch spüren kann, weil es einem ein Ziel gibt, das eng mit positiven Emotionen und Glück verknüpft ist. Gleichzeitig ist Vorfreude ein zweischneidiges Schwert, denn sie kann am Tag X enttäuscht werden. Dann, wenn es eben doch keine wunderschönen Powder-Hänge sind, die einen erwarten, sondern weiße Bänder in grüner Landschaft in strömenden Regen. Ja, ich gebe zu, das war ein Gegenüberstellen zweier Extremzustände. Aber ersteres ist eben, was mir die Videos in den sozialen Medien seit einiger Zeit zuspielen, zumeist unterlegt von epischer Musik. Dieses Jahr liefern die diversen Kanäle sogar schon echte Tiefschneeabfahrten im September — das ist übrigens klimatisch eher ein Zeichen für Unberechenbarkeit und sicher kein Beweis dafür, dass es keinen Klimawandel gibt. Die Bilder von Traumtagen im Hochwinter wirken auch bei mir. Ich will Schnee, ich will Endorphine, jetzt sofort. Vorfreude und Ungeduld sind eng verknüpft, Vorfreude und Enttäuschung im Übrigen auch. Denn einerseits gibt es emotional genug Gründe für die Vorfreude, rational gibt es genügend Gründe die Vorfreude zu trüben. Powder-Schnee an Weihnachten? Mit Blick auf die letzten Jahre erscheint es absurd und der Mensch kann froh sein, wenn er einigermaßen gute Pistenbedingungen vorfindet. Also die Vorfreude direkt wieder dem Hirn absagen? Könnte wahrscheinlich Sinn machen, wäre aber fatal. Denn Vorfreude ist meiner Meinung nach vor allem auch eines: Ein Gefühl von Hoffnung. So lange ich Vorfreude verspüre, glaube ich, dass der Winter, der Skisport und die Menschheit Hoffnung auf eine gute Zukunft haben. Vorfreude kann enttäuscht werden, sie muss es aber nicht. Vorfreude kann Kräfte freisetzen und die Welt verbessern. Denn Vorfreude habe ich vor allem auf einen Winter mit Klimaschutz und Umweltschutzschutz… …und Pulverschnee. 

 

Vielen Dank, dass Ihr diese kurzen Zeilen gelesen habt. Wenn Ihr möchtet, könnt ihr gerne weiterhin diesem Mail-Blog folgen. Ich werde versuchen “regelmäßig” meine Gedanken zu teilen. Was als Nächstes da auf Euch und auf mich zukommt? Das weiß ich ehrlicherweise jetzt immer noch nicht so genau, aber ich bin gespannt darauf.