Dein wöchentlicher She Drives Mobility Letter - 18. September 2021
Ahoi ihr Flauschis!
Ich habe gestern meine fast dreiwöchige Twitterpause beendet. Danke an alle, die mir zum Geburtstag gratuliert haben. Es war wirklich ein Fest.
Meine Rückkehr machte ich mit einem „.“.
Und mit einem Cameoauftritt bei Jan Böhmermann im ZDF Magazin Royale.
"Deutschland, ein Land gemacht für Autos, nicht für Menschen! Denn sind wir mal ehrlich: Autos sind einfach die besseren Menschen. Oder wurde euch von eurem City-SUV schon mal das Herz gebrochen? Wahrscheinlich nicht!"
Die gesamte Sendung ist hoch informativ. Ein Ritt durch mein Gehirn. Und mit einem Song, der sich ins Ohr wurmt.
Danke an alle, die in dieser erneut auf vielerlei Weisen kraftraubenden Zeit bei mir, hinter mir und vor mir waren.
Es ist nicht immer einfach, einen Lebenssinn darin gefunden zu haben, die Ungerechtigkeit der Gesellschaft zum Besseren verändern zu wollen, ja zu müssen.
Es tut gut, dabei viele (eben auch euch!) um mich zu wissen.
Die Zeit in München bei der IAA schlägt noch weiter Wellen, mehrere Journalist:innen streben Klagen an, schon jetzt berichten mir Münchner:innen, dass öffentliche Plätze enorm in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Und dann noch das hier:
Im Auftrag von Philipp Rohde von The London School of Economics and Political Science (LSE) hatte ich auf dem Messegelände in Halle A1 für Sonntag einen Auftrag für eine Moderation übernommen.
Titel "Cities and Transport: How global Emergencies change the Way we move."
Virtuell dazu geschaltet wurden den Chief Resilience Officer von Mailand Piero Pelizzaro (Öffnet in neuem Fenster) und Angelika Winkler (Öffnet in neuem Fenster), Leiterin des Referats für Mobilitätsstrategien und Abteilungsleiterstellvertreterin in der MA 18 – Stadtentwicklung Wien. Neben Philipp Rohde gab auch Marc Schelewsky (Öffnet in neuem Fenster) von infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH (Öffnet in neuem Fenster) einen Impuls.
Vor Beginn der Veranstaltung allmählich Aufregung: Der fünfte Gast, Michael Glotz-Richter (Öffnet in neuem Fenster) von der Stadt Bremen tauchte nicht auf und war auch telefonisch nicht erreichbar. Bis zum Schluss warteten wir auf sein Erscheinen und vermuteten dann, dass er nicht erscheinen würde - und begannen das Panel mit einem Stuhl weniger als geplant.
Nun lese ich:
"Michael Glotz-Richter steckte auf der Internationalen Automobilausstellung IAA Mobility in München fest. Mehrere Polizisten kamen hinzu. Sie umringten ihn, stellten mögliche Fluchtwege zu. Eigentlich hätte er längst bei einer Podiumsdiskussion der London School of Economics in Halle A1 sein müssen. Das schaffte er aber nicht mehr, weil ein Papier des Verkehrsressorts für Verstörung sorgte.
„Das war alles jenseits meiner Vorstellung. Ich dachte, was ist denn das für ein absurdes Theater, das ist doch versteckte Kamera.“ Er hatte in einem Konferenzzentrum an der Sitzung der Plattform urbane Mobilität (PUM) teilgenommen und wollte von dort aus auf das Ausstellungsgelände gehen.
Die Plattform ist ein Austauschgremium zwischen VDA, neun Herstellern und neun Städten. Dafür hatte Glotz-Richter das offizielle Papier verfasst. Der Titel: „Straßenraum ist kostbar, immer größere Autos sind der falsche Weg!“
Auf dem Weg in das Ausstellungsgelände habe er Kopien des Standortpapiers dabei gehabt. Bei der Sicherheitskontrolle sei der Security-Mann stutzig geworden und habe die Polizei gerufen, die das Hausrecht durchsetzen sollte. „Die standen um mich herum, als würde ich weglaufen“, sagt Glotz-Richter. Das Zeigen seines Dienstausweises und seines Personalausweises brachte keinen Erfolg. Auch der Hinweis auf die Plattform urbane Mobilität konnte die Sicherheitskräfte nicht überzeugen. „Ich hätte die Kopien auch am Eingang gelassen“, sagt Glotz-Richter. Bis die Situation geklärt und die Kontrolle der Polizei beendet war, war die Podiumsdiskussion aber gelaufen."
Lug.
Betrug.
Buddybutzen.
Mangelndes Leadership durch mangelnde Diversität und Hybris.
Fassungslos schaute das Ausland 2015 auf unsere so genannte Vorzeigenranche und die Tatsache, dass ein unermesslich großes Maß von Ingenieurskunst lieber in das Betrügen von Kund:innen und Gesellschaft gesteckt wurde denn in echte Innvovation.
Sechs Jahre nach dem Aufdecken des Dieselskandals bei Volkswagen kommt es endlich zum Prozessauftakt in der Stadthalle Braunschweig: Ab dem 16. September wird hier der womöglich größte Betrug der deutschen Industriegeschichte verhandelt. Ex-VW-Chef Martin Winterkorn und vier weitere ehemalige VW-Manager sind die ersten vor Gericht, Ermittlungen gegen rund 90 weitere Beschuldigte laufen.
Chapeau an die Redakteur:innen der ARD, die komprimiert aufzeigen, was wie ein Blick in die 50er Jahre, miefige Großraumbüros aber vor allem auch Hinterzimmer erinnert.
„Wer wusste wann was über die Manipulation des Dieselmotors? Und wer trägt Verantwortung? Die Dokumentation zeigt, wie sich Deutschlands wichtigster Industriekonzern über fast zehn Jahre hinweg in ein Geflecht von Lügen und Täuschungen verstrickte. Wie Ingenieure nach eigenem Bekunden gegen die Manipulation ankämpften, sie letztlich aber auch vorantrieben oder deckten. Wie Manager bis heute beteuern, von nichts gewusst zu haben.“
Ob sich seitdem WIRKLICH etwas verändert hat?
Ich bin grad mal einen Tag zurück auf Twitter und schon geht wieder die Verkürzung meiner Arbeit auf 280 Zeichen los. Nicht von mir (haha :)), sondern von Menschen, die es augenscheinlich sehr bequem finden, mich dermaßen zurechtzustutzen. Ich werde übrigens rigider blocken, weil ich nicht mehr mit Menschen mich "austauschen" möchte, die nur auf Krawall aus sind. Eine Zeitlang habe ich gedacht, es ginge auch mit dem Stummschalten, aber da bekommt mensch immer noch zu viel mit. Ich habe vor meiner Rückkehr auch rigide Blockchains genutzt, das sind halbautomatisch funktionierende "Reinigungsmaschinen", die hoffentlich Springerpresse und rechte Accounts noch etwas mehr von mir fernhalten werden.
Hier ein gutes Beispiel für ein solches Hilfsmittel:
http://untrollmytimeline.batcave.net/ (Öffnet in neuem Fenster)Wonach beurteilen wir Menschen, die in der so genannten Öffentlichkeit kommunizieren?
Welches Bild haben wir von ihnen?
Machen wir uns die Mühe, hinter den ersten Eindruck, den wir von ihnen gewonnen haben, zu schauen - oder ist es manchmal auch ein wenig angenehm, sie als "auf dem falschen Weg", inkompetent und als "zu" in einer Schublade ablegen zu können?
Was sind die "zu´s", die dir so begegnen?
Bei mir ist es:
"Frau Diehl ist zu laut,
Katja ist zu polarisierend/radikal,
She Drives Mobility, das ist doch die, die zu sehr fordert."
Danke an all die Menschen, die mich in den letzten und nächsten Tagen gebucht haben, weil sie auf meine Sicht auf die Dinge in Sachen Verkehrswende wert legen, weil sie mehr darüber erfahren wollen, was mich so bewegt und welche Menschen ich zum Teil stellvertrete, weil sie in der Öffentlichkeit keine Lobby haben - da mit ihnen kein Geld verdient werden kann und ihre berechtigten Ansprüche an Mobilität als "zu" empfunden und deswegen nicht befriedigt werden.
Danke an alle, die mir Umarmungen, Zeit und *räusper* ein Glas Wein in schwereren Zeiten spendieren.
Danke für das nette Feedback WZB zum Fazit der IAA aus eurer Sicht.
"Beim Münchner Mobilitätskongress anlässlich der Automesse IAA Mobility zeigte sich eines besonders deutlich: Die Rhetorik der Mobilitätswende ist im Mainstream angekommen. Alle sind irgendwie dafür, dass sich etwas ändern muss. In wohltemperierten Statements werden die kleinen und größeren Ziele präsentiert, Konsens ist hergestellt. Alle sind sich einig und fühlen sich gut.
Ausnahmen bestätigen dabei die Regel, die gab es natürlich auch. Katja Diehl (Öffnet in neuem Fenster) (Bloggerin “She drives Mobility”) sei hier genannt, die zum Beispiel eine soziale oder genderspezifische Sicht auf die alltäglichen Probleme mit Mobilität eröffnet. Man kann tatsächlich etwas lernen. Ansonsten ist kein wirklicher Elan zu spüren in den Foren."
Und auch für euch nochmal der kleine Servicehinweis, dass ich eine Webseite, einen Blog und einen Podcast habe. Da ist hoffentlich für alle etwas dabei. Und vor allem ist da die Möglichkeit, sich ein wenig mehr mit meiner Arbeit vertraut zu machen :)
https://katja-diehl.de/ (Öffnet in neuem Fenster)Morgen gehts an vielen Orten aufs Rad - ich bin diesmal leider nicht dabei.
https://kinderaufsrad.org/ (Öffnet in neuem Fenster)An alle, die morgen auf einer Kidical Mass mitfahren:
Dreht bitte diesen Song für mich ganz laut auf:
https://www.youtube.com/watch?v=nqF9chK05YM (Öffnet in neuem Fenster)Bleibt mir gewogen, fröhlich und gesund!
Lieber Gruß aus dem Emsland - Eure Katja