Wie viele Steine isst du am Tag?
Montagmorgen. Du liest die Blaupause, den Newsletter, mit dem du Communitys besser verstehst und erfolgreich Mitgliedschaften anbietest. Diese Woche: Das Silicon Valley versucht uns Inhalte-Produzierende durch Computer-Systeme zu ersetzen. Bisher läuft das noch nicht so gut.
Hallo!
Vor einer Woche habe ich aufgeschrieben (Öffnet in neuem Fenster), dass Search und Social als Distributions-Kanäle für unabhängige Medien in Zukunft mehr und mehr ausfallen. Sprich: Deine Community wird kaum noch mithilfe von Suchmaschinen und sozialen Netzwerken wachsen. Google, Openai und Meta haben offenbar schulterzuckend entschieden, das offene Internet zurückzulassen in ihrem Wettrennen um die Vorherrschaft in der digitalen Wirtschaft. ¯\_(ツ)_/¯
Das Echo war für Blaupause-Verhältnisse enorm. Danke für die vielen Nachrichten und Kommentaren und hallo an alle neuen Leser:innen. Es stand zwar nichts völlig Neues drin, aber vielen von euch Leser:innen dämmern – wie mir – jetzt erst die Auswirkungen dieser Entscheidungen auf die digitale Inhalte-Wirtschaft und unsere Öffentlichkeit, auf unabhängige und traditionelle Medien, auf das Geschäftsmodell von Creators und Journalist:innen.
Ganz zu Ende gedacht hat das alles wohl noch niemand – noch nicht mal Google selbst. Ziemlich unterhaltsam waren jedenfalls die vielen Screenshot von „Zero-Klick-Suchen“ – also von Google AI beantworteter Suchanfragen – die diese Woche unter dem Hashtag #GoogEnough (Öffnet in neuem Fenster) gesammelt wurden.
Kleb den Käse auf die Pizza
Da empfiehlt Google zum Beispiel ein Bad, um Stress abzubauen … ein Bad mit einem Toaster. Klar, das könne tödlich ausgehen, warnt die Suchmaschine, und außerdem verbrauche eine volle Badewanne eine Menge Energie!
(Öffnet in neuem Fenster)Wie viele Steine sollte man am Tag so essen? Mindestens einen kleinen Stein pro Tag. Wegen der Mineralstoffe und Vitamine. Pro-Tipp aus dem Silicon-Valley: Zur Not in Eis oder Erdnussbutter verstecken!
(Öffnet in neuem Fenster)Toll auch Googles Liste von Früchten, die auf „um“ enden: Apelum, Bananum, Erdberum, Tomatum – und Kokosnuss!
(Öffnet in neuem Fenster)Es gibt noch viele Beispiele wahnsinnig lustigen Unsinn. Weitere Beispiele:
Google empfiehlt, Käse mit „1/8 Tasse nicht-giftigem Kleber“ (Öffnet in neuem Fenster) auf der Pizza zu befestigen.
Google sagt: „Rauchen hat gesundheitliche Vorteile!“ (Öffnet in neuem Fenster)
Googles Rat, um Nierensteine loszuwerden: Alle 24 Stunden zwei Liter Urin trinken (Öffnet in neuem Fenster).
Google Antwort auf die Frage, wie viele Insekten man essen sollte: 15 bis 18 jeden Abend (Öffnet in neuem Fenster).
Googles Pro-Tipp zur Stärkung des Immun-Systems: „Eating Ass“ (Öffnet in neuem Fenster). (33 Prozent niedrigere Erkältungsrate!)
Auf einmal ist Google inhaltlich verantwortlich
Halten wir das Offensichtliche trotzdem nochmal fest: Was Google da verbreitet, ist totaler Quatsch.
Sobald Google nicht mehr den Weg weist zu einer Quelle, sondern die Quelle selbst ist, verantwortet die Firma auch die Inhalte, die sie verbreitet. Google wird selbst zum Inhalte-Automaten.
Ich persönlich hafte dafür, was ich in der Blaupause veröffentliche – ich bin V.i.S.d.P. – verantwortlich im Sinne des Presserechts. Steht hier etwas Illegales, bin ich geliefert.
Ich mag mich täuschen (Google kennt mehr Anwälte), aber meiner Meinung nach ist Google-CEO Sundar Pichai V.i.S.d.P. seiner Webseite und verantwortet zum Beispiel die Information, die Kerntemperatur, aber der man ein Huhn ohne Bedenken essen könne, sei 38,8° Celsius (Öffnet in neuem Fenster). Warum sollte man ihn nicht verklagen nach einem Toaster-Bad, einem Schotter-Frühstück oder einer Uhu-Pizza? Was wäre los, stünde so etwas in der New York Times, in der Süddeutschen Zeitung oder der Passauer Neuen Presse?
Gelogen, geklaut, kaputt
Das ist alles neu und verwirrend.
Kein Mensch bei Google hat den genialen Wirrsinn veröffentlicht, sondern eine Maschine, die pi-mal-Daumen vermutet, was man auf eine solche Frage antworten könnte. Eine KI kennt die Wahrheit nicht. Eine KI lügt immer.
Irgendwo im Netz hat diese Maschine diese Informationen wohl auch mal gefunden – einige der Suchergebnisse ließen sich jedenfalls auf die satirische Webseite The Onion zurückführen. Fazit: Die angezeigten Informationen waren geklaut.
Wenn man nicht mehr sicher sein kann, ob eine Antwort bei Google stimmt, was soll man dann mit diesem kaputten Produkt? Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.
Sie wollen dich und mich ersetzen
Ganz ehrlich: mir ist nicht ganz klar, wie das alles enden wird. Ich staune einfach darüber, welche enormen Risiken für das Kerngeschäft Google angesichts der Bedrohung durch Openai (mit Microsoft im Hintergrund) einzugehen bereit ist. Die Glaubwürdigkeit von Google, das Anzeigen-Geschäftsmodell von Google und der Ruf von Google sind im Moment Wetteinsätze. Das ist faszinierend zu beobachten.
Ob bewusst oder nicht: Das Silicon Valley versucht nichts anderes, als uns Inhalte-Produzierende durch Computer-Systeme zu ersetzen. Bisher läuft das noch nicht so gut. Die Wahrheit, mit der Google bisher gute Geschäfte gemacht hat, kam bisher zu großen Teilen von dir und mir, den Medien. Aber wenn wir nicht mehr verdienen, weil wir keine Leser:innen mehr erreichen, dann fehlt der Rohstoff.
Apropos Rohstoff: Ich empfehle dieses Rezept für Benzin-Spaghetti (Öffnet in neuem Fenster), das bei Google zu finden ist.
Bis nächsten Montag!
👋 Sebastian
PS:
👍 Diese Ausgabe fand ich hilfreich. (Öffnet in neuem Fenster)
😐 Di (Öffnet in neuem Fenster)ese Ausgabe war ganz okay. (Öffnet in neuem Fenster)
👎Die (Öffnet in neuem Fenster)se Ausgabe war für mi (Öffnet in neuem Fenster)ch uninteressant. (Öffnet in neuem Fenster)
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